Der Umstieg auf moderne Kochbrennstoffe wie Gas oder auf Elektrizität kann die Lebenssituation von Frauen im globalen Süden verbessern und letztlich dazu führen, dass die Geburtenrate sinkt, zeigt eine neue Studie von Forschenden des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Damit wird zum ersten Mal ein Zusammenhang zwischen der weltweiten Energiewende und dem demografischen Wandel in ärmeren Ländern deutlich.

 "Wir haben festgestellt, dass die Umstellung auf moderne Brennstoffe wie Gas oder auch Elektrizität fürs Kochen nicht nur die Gesundheit verbessert, sondern die Frauen auch von der Notwendigkeit befreit, viele Kinder zu haben, um zeitraubende Hausarbeiten wie das Holz Holen oder das Kochen auf offenen Feuerstellen zu erledigen. Moderne, sauberere Brennstoffe verschaffen ihnen mehr Zeit, sich zu informieren und sich zu bilden – und das hilft den Frauen letztendlich, ihre reproduktiven Rechte wahrzunehmen. Das ist eine direkte Verbindung zwischen der Umstellung auf moderne Energien und dem demografischen Wandel", erklärt Camille Belmin, Hauptautorin und Wissenschaftlerin am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

"Unsere Studienergebnisse sind von großer Bedeutung, da mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung keinen Zugang zu modernen Kochbrennstoffen hat. Das ist ein geschlechtsspezifisches Problem, denn die Folgen treffen vor allem Frauen und Mädchen: Ihre zeitaufwändige Hausarbeit und der Mangel an Elektrizität halten sie teils nicht nur vom Schulbesuch ab, sondern auch von modernen Medien wie dem Fernsehen oder dem Internet und damit von wichtigen Informationsquellen. Und nicht zuletzt birgt das Verbrennen von Holz oder Holzkohle erhebliche Gesundheitsrisiken für alle im Haus", sagt Belmin.

Auf der Grundlage von Daten, die mehr als 25 Jahre und 44 Länder des globalen Südens abbilden, fanden die Forschenden mit Hilfe statistischer Methoden einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Zugang zu moderner Energie und einer geringeren Zahl an Geburten pro Frau. Die stärksten Auswirkungen wurden in Ländern mit anfänglich hohen Geburtenraten festgestellt. Helga Weisz, Mitautorin vom Potsdam-Institut, sagt: "Bildung ist zweifellos auch ein Schlüssel. Der Zugang zu modernen Kochbrennstoffen und Elektrizität, die wir als moderne Energie zusammenfassen, funktioniert ergänzend zur Bildung. Sowohl moderne Energie als auch Bildung sind Wege zu mehr Entscheidungsfreiheit für Frauen, was die Anzahl ihrer Kinder angeht. Das bedeutet, dass eine Ausweitung des Zugangs zu moderner Energie wahrscheinlich auch den demografischen Übergang beschleunigen wird – bei insgesamt geringeren Kohlenstoffemissionen", sagt Weisz.

Die Ergebnisse haben auch Auswirkungen auf die Politik: "Wenn man anerkennt, wie vorteilhaft moderne Energie für das Leben von Frauen ist, eröffnen sich neue Wege für die Entwicklungspolitik. Neue Programme könnten auf die Verbesserung der Lebenssituation, die Selbstbestimmung und die reproduktiven Möglichkeiten von Frauen abzielen – der Rückgang der Geburtenrate wäre schlicht eine Folge davon", schließt Belmin.

Artikel: Belmin, C., Hoffmann, R., Pichler, P.-P., Weisz, H. (2021): Fertility transition powered by women’s access to electricity and modern cooking fuels. Nature Sustainability [DOI: 10.1038/s41893-021-00830-3]

Weblink zum Artikel: https://www.nature.com/articles/s41893-021-00830-3

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