Minecraft, Fortnite, Call of Duty – vor allem während des Corona-Lockdowns haben die Spielzeiten von Computerspielen bei Kindern und Jugendlichen im Vergleich zum Vorjahr um bis zu 75 Prozent zugenommen. Für 700.000 von ihnen ist das Gaming riskant oder krankhaft. Woran man Spielsucht bei seinem Kind erkennt und welche Möglichkeiten es gibt, frühzeitig einzugreifen, erläutern die ARAG Experten.

Spielverhalten in Zahlen

Zu den beliebtesten Spielen gehören Call of Duty, Fifa, Fortnite, GTA – Grand Theft Auto – und Minecraft. Die durchschnittliche tägliche Nutzungsdauer von digitalen Spielen ist laut Jim-Studie 2020 (Jugend, Information, Medien) des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest letztes Jahr um 40 Minuten auf 121 Minuten gestiegen. Vor allem die männlichen Gamer sind besonders affin: Sie spielen mit 159 Minuten fast doppelt so lange wie Mädchen, die es täglich auf immerhin 81 Spielminuten bringen. Bei Mädchen ist das Smartphone mit Abstand das liebste Gerät zum digitalen Spielen (61 Prozent, Jungen 72 Prozent), Jungs zocken lieber an Computer oder Laptop (35 Prozent, Mädchen 13 Prozent).

Auch der Bildungsgrad spielt nach Auskunft der ARAG Experten eine Rolle: Kinder und Jugendliche, die einen mittleren Bildungsabschluss anstreben oder erreicht haben, spielen mehr digitale Spiele (161 Minuten täglich) als Gymnasiasten, die rund zwei Stunden gamen. Interessant ist auch die Sicht auf die Eltern: Je höher ihr Bildungsabschluss, desto weniger Zeit verbringen ihre Kinder mit digitalen Spielen.

Die Bedeutung digitaler Medien

Digitale Medien sind wichtig, keine Frage. Gerade in der Pandemie ist ihnen eine enorme Bedeutung zugekommen, denn ohne digitale Medien wären beispielsweise Distanzunterricht oder Home-Office nicht möglich gewesen. Zudem waren digitale Medien in Lockdown-Zeiten die einzige Möglichkeit, soziale Kontakte aufrechtzuerhalten oder auch Einsamkeit zu bekämpfen. Auch Langeweile war auszuhalten – unter anderem dank zahlreicher Computerspiele.

Gestörtes Nutzerverhalten

Viele Kinder und Jugendliche haben allerdings während der Corona-Zeit ein riskantes oder sogar krankhaftes Nutzerverhalten entwickelt. Anzeichen dafür sind nach Auskunft der ARAG Experten ein unkontrolliertes Spieleverhalten, Vernachlässigen von Schule, Freunden und Hobbys und das Weiterspielen, obwohl negative Konsequenzen drohen. Dauert das Verhalten länger als zwölf Monate, sprechen Fachleute von einer Computerspielstörung (Gaming Disorder). Im schlimmsten Fall beeinträchtigt diese Störung den persönlichen, sozialen und schulischen bzw. beruflichen Lebensbereich und geht z. B. einher mit psychischen Störungen, wie Depressionen und sozialen Ängsten und mit Schule schwänzen.

Wer sich unsicher ist und testen möchte, ob er zu viel im Netz unterwegs ist, kann einen Selbsttest zur Videospielsucht und exzessiven Internetnutzung machen, den die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) über ihr Infoportal „Ins-Netz-gehen“ online anbietet.

Darüber hinaus kann übermäßiges Spielen von brutalen und teilweise nicht altersentsprechenden oder nicht zugelassenen Computerspielen zu Abstumpfung, Verrohung und Realitätsverlust führen. Zudem kann das intensive Spielen von Gewalt verherrlichenden Spielen die Aufnahmefähigkeit und das Erinnerungsvermögen für andere Lerninhalte einschränken.

Viele Spiele bergen auch ein erhebliches Suchtpotenzial und sogenannte In-Game-Käufe führen dazu, dass die jungen Gamer ihr Taschengeld bei eigentlich kostenlosen Spielen verprassen, um Extras zu kaufen und damit ihre Chancen im Spiel zu verbessern. Gerade jüngere Kinder sind hier besonders gefährdet, wenn Werbung so spielerisch gestaltet ist, dass nicht gleich ersichtlich ist, dass es sich um kommerzielle Angebote handelt.

Das können Eltern tun

Um Kinder und Jugendliche besser zu schützen, müssen Eltern nach Ansicht der ARAG Experten digital fitter werden, um Spiele besser einschätzen zu können. Eine Alterskennzeichnung kann einen ersten Hinweis geben, ob das jeweilige Spiel überhaupt für die Altersklasse freigegeben ist. Auch pädagogische Portale wie z. B. der Spieleratgeber NRW können bei der Auswahl geeigneter Games helfen. Des Weiteren sollten Eltern verbindliche Regeln und feste Spielzeiten mit ihren Kindern verabreden. Hier helfen unter Umständen Erfahrungen anderer Eltern.

Ist Werbung im Spiel, sollten Eltern darauf achten, dass sie eindeutig als solche gekennzeichnet ist und die Kinder darauf hinweisen. Zudem sollte Werbung keine ungeeigneten Inhalte oder gar direkte Kaufaufforderungen enthält.

Sollte es erforderlich sein, dass sich die Spieler registrieren, raten die ARAG Experten, darauf zu achten, welche Daten dafür nötig sind. Fragt der Hersteller zu viele persönliche Daten ab, ist Vorsicht angebracht und man sollte sich nach einem anderen Spiel umschauen. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfahren Eltern, wofür die Daten genutzt werden. Ist eine Mail-Adresse zur Registrierung nötig, ist es auch möglich, ein Pseudonym zu verwenden. Klarnamen sind bei Online-Spielen ohnehin nicht empfehlenswert. Hier dürfen Eltern und Kinder ihre Fantasie spielen lassen und sich einen Namen ausdenken. Er sollte allerdings keine Rückschlüsse auf Geschlecht oder Alter der jungen Gamer zulassen.

Digital Detox

Gerade die besinnliche Adventszeit und die anstehenden Feiertage mit der Familie bieten einen geeigneten Rahmen, um es mal ‚ohne‘ zu versuchen. Denn nach Auskunft der ARAG Experten kann medienfreie Zeit Stressgefühle reduzieren und die Konzentration verbessern. Gemeinsame Momente mit der Familie – natürlich offline – können zudem für schöne Erinnerungen sorgen. Also raus mit den Gesellschaftsspielen und ran ans 1.000-Teile-Puzzle. Auch ein gemeinsamer Kochabend mit der ganzen Familie kann zu herrlichen Offline-Momenten führen. Wer es aktiver mag, kann outdoor eine Menge unternehmen, um Videospiele zu vergessen: Am Lagerfeuer Marshmallows grillen, mit Fackeln durch den dunklen Winterabend spazieren oder ein Besuch im winterlichen Zoo lassen garantiert keine Langeweile aufkommen.

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