Die Allergie gegen Selleriewurzel (Apium graveolens) ist mit einer Prävalenz von bis zu 0,45 % in der erwachsenen Bevölkerung eine der häufigsten Nahrungsmittelallergien in Nordeuropa. Sie führt meist zu lokalen oralen Symptomen wie beispielsweise Juckreiz und Schwellungen im Mund- und Rachenraum, aber auch schwere Reaktionen (z.B. der lebensbedrohliche anaphylaktische Schock) sind möglich. Sieben Prozent der Betroffenen in Europa, von denen anaphylaktische Reaktionen bekannt sind, reagieren auf die Selleriewurzel mit Anaphylaxie.
Bisher sind sechs Sellerieallergene (Api g 1 bis Api g 6) bekannt. Bei ihnen handelt es sich um ganz unterschiedliche Proteine wie z.B. Abwehrproteine oder Profilin, ein kleines Protein mit regulatorischen Eigenschaften.
Eine Knollensellerie-Allergie geht häufig mit einer Allergie der Atemwege gegen Beifußpollen (Artemisia vulgaris) einher, was sich bisher nicht durch eine sogenannte Kreuzallergie auf bekannte homologe Allergene in den Pollen in der Sellerieknolle erklären ließ. Eine Kreuzallergie – auch als IgE-Kreuzreaktivität bezeichnet – liegt vor, wenn sogenannte Immunglobulin-E-Antikörper (IgE), die auf ein bestimmtes Allergen aus einer Quelle reagieren, auch Allergene aus einer anderen Quelle erkennen und zu allergischen Reaktionen führen.
Forscherinnen und Forscher des Paul-Ehrlich-Instituts unter Federführung von Dr. Andrea Wangorsch und unter Leitung des Vizepräsidenten des Paul-Ehrlich-Instituts, Prof. Stefan Vieths, haben gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Österreich, der Schweiz und Schweden das mögliche Vorhandensein und die Rolle eines mit Defensin verwandten Allergens bei der Allergie gegen Knollensellerie untersucht. Defensine sind kleine Polypeptide, die in allen tierischen Organismen und höheren Pflanzen zur Abwehr von mikrobiellen Erregern vorkommen. Hierzu wurde eine cDNA des Defensins von Knollensellerie kloniert und ein rekombinantes Api g-Defensin hergestellt. Parallel dazu zeigte die massenspektrometrische Analyse das Vorhandensein eines entsprechenden Defensin-ähnlichen Proteins im Knollensellerieextrakt und bestätigte seine Aminosäuresequenz.
Die Forschenden untersuchten die Bindungsfähigkeit und Allergenität von Knollensellerie-Defensin, das als Api g 7 bezeichnet wird, mithilfe von Serumproben von acht Knollensellerie-Allergikerinnen und -Allergikern und entsprechenden Kontrollpersonen. Sechs der Personen mit Knollensellerie-Allergie unterzogen sich einer doppelblinden, Placebo-kontrollierten Provokation (double-blind, placebo-controlled, food challenge, DBPCFC). Sie entwickelten Symptome, die von leichten subjektiven Reaktionen bis zu starken objektivierbaren Symptomen wie starkem Blutdruckabfall mit Bewusstseinsverlust reichten. Alle Knollensellerie-Allergikerinnen und -Allergiker waren gegen rApi g 7 sensibilisiert.
In weiteren Untersuchungen, in denen das Forschungsteam unter anderem die allergene Aktivität des rekombinant hergestellten Api g 7 analysierte, fand es heraus, dass Knollensellerie mit Api g 7 ein IgE-reaktives Defensin enthält, das Kreuzreaktivität mit dem Hauptallergen aus Beifußpollen zeigt und wahrscheinlich die bereits bekannte Assoziation zwischen Knollensellerie-Allergie und Beifußpollen-Sensibilisierung erklären könnte.
Prof. Vieths stellt heraus: "Die Entdeckung des molekularen Zusammenhangs zwischen der Sellerie- und der Beifußpollenallergie wird auch diagnostisch von Bedeutung sein: So kann das neu identifizierte Allergen Api g 7 zur Verbesserung der Empfindlichkeit von diagnostischen In-vitro-Tests beitragen."
Weitere Studien an größeren Patientinnen- und Patientenkohorten werden zeigen, ob ein Zusammenhang zwischen Api g 7 und schwereren Reaktionen auf Knollensellerie besteht.
Originalpublikation
Wangorsch A, Lidholm J, Mattsson LA, Larsson H, Reuter A, Gubesch M, Gadermaier G, Bures P, Scheurer S, Ballmer-Weber B, Vieths S (2021): Identification of a defensin as novel allergen in celery root: Api g 7 as a missing link in the diagnosis of celery allergy?.
Allergy Dec 15 [Epub ahead of print].
Online-Abstract
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