Mit seinen Projekten leistet der Münchner Verein einen wertvollen Beitrag für eine nachhaltige und weitsichtige Afrikahilfe in Benin.
Weihnachtszeit ist Spendenzeit. Was schon in normalen Zeiten gilt, ist in der pandemischen Vorweihnachtszeit 2021 von besonderer Bedeutung. Denn wohltätige Weihnachtsmärkte, Benefizveranstaltungen und Weihnachts-Spenden-Galas können coronabedingt nicht stattfinden, was sich in den Spendenkassen vieler Hilfsorganisationen niederschlägt.
Die Hilfsorganisation Wema-Home e.V. ist eine der kleineren Organisationen in München, die eigene Projekte zur Entwicklungshilfe in Benin, Westafrika, initiiert und vorantreibt. CIM, das Softwareunternehmen aus Fürstenfeldbruck, gehört seit einigen Jahren zu den regelmäßigen Spendern für den Wohltätigkeitsverein.
Vorstand Alice Sücker ist für dieses Engagement des familiengeführten Unternehmens sehr dankbar. „Wir sind auf regelmäßige Spenden angewiesen“, sagt sie. „Online herrscht auch unter den Hilfsorganisationen ein großer Wettbewerb und die Bindung an die Spendenden ist sehr kurzlebig.“
Freunde, Bekannte und Unternehmen aus der Region seien die wichtigsten Geber, fügt Sücker an. Für Unternehmen wie CIM ist dieses Engagement in regionale Organisationen ein bedeutender Beitrag. „Ich finde es gehört zu den Pflichten eines erfolgreichen Unternehmens etwas zurückzugeben“, sagt CIM-Personalreferentin Friederike Kammann. „Da gehören regionale Projekte wie beispielsweise Spenden für Sportvereine genauso dazu wie Entwicklungshilfe in Afrika.“
Spenden und Hilfen sind sinnvoll und nachhaltig eingesetzt
Gerade bei Spenden an Organisationen, die Entwicklungshilfe leisten, tun sich Unternehmen hierzulande schwer, die ‚richtige‘ Wahl zu treffen. Sorgt eine Hilfsorganisation mit viel Werbung für eine hohe Aufmerksamkeit, entsteht schnell der Verdacht, dass zu viel Geld für Marketingzwecke und dergleichen eingesetzt wird. Dadurch wird es nicht leichter, eine passende Organisation für die eigenen Spendengelder zu finden. Denn es geht letztlich nicht nur darum, etwas Gutes zu tun, sondern dass die Spenden sinnvoll und nachhaltig eingesetzt werden. Für Wema-Home Gründerin Marianne Dötzer ist genau das der springende Punkt in der Entwicklungshilfe. „Wir kommen da nicht hin und sagen den Menschen in Benin, dass sie dies oder jenes machen müssen“, erklärt sie. „Die Menschen kommen auf uns zu. Und wir können dann die Startbedingungen verbessern.“
Gemeinsam mit ihrem Team der Hilfsorganisation fährt die gelernte Kamerafrau Dötzer jedes Jahr für drei Monate nach Benin und besucht die Projekte und Standorte, spricht mit den Menschen dort, pflegt bestehende und knüpft neue Kontakte. Bis heute, sagt sie, profitiere sie von der Zeit, als sie mit dem Entwicklungsdienst in den Siebzigerjahren in Benin als Entwicklungshelferin tätig war. Als solche gründete sie in dem Dorf, in dem sie lebte, mit den Einheimischen eine Volleyballmannschaft. „Ich hatte einfach die Idee, dass es den Jungen, die dort lebten, Spaß machen würde,“ sagt sie. Weil die Resonanz der Leute so überwältigend war, gründete sie schließlich sogar eine Volleyball-Liga und bereiste so das ganze Land. „Wir waren immer wieder an Gymnasien und haben Lehrern und Schülern Volleyball beigebracht“, führt sie aus. Die Schüler, die sie unterrichtete, hat sie seitdem wieder getroffen – mal als Bürgermeister, mal als ranghoher Militär, sogar schon als Minister. Bis heute bestehen Verbindungen zu damaligen Schülern, die ihr häufig bei ihren späteren Projekten den Rücken gestärkt haben.
Dass Dötzer überhaupt mit der Entwicklungshilfe in Benin angefangen hat, war keine Selbstverständlichkeit. „Ich wollte früher nie nach Afrika“, sagt sie heute. „Aber als ich einmal dort war, hat mich Benin nicht mehr losgelassen. Im Herzen bin ich dortgeblieben.“
Benin ist eines der ärmsten und zugleich unbekanntesten Länder in Westafrika. Das Land an der Küste liegt in einer Region, die trotz großen Rohstoffreichtums von Wasserknappheit und Armut geplagt ist. Neben seinen unmittelbaren Nachbarn Nigeria, Togo, Burkina Faso und Niger ist Benin mit dem prozentual geringsten Pro-Kopf-Einkommen das traurige Schlusslicht der Länder dieser Gruppe. Trotz der in der Bevölkerung weit verbreiteten Armut gelten die politischen Verhältnisse seit 1990 als stabil, was eine nachhaltige Entwicklungsarbeit ermöglicht.
„Nachdem wir den Verein gegründet hatten, war unser erstes Projekt der Bau einer Schule“, sagt Vereinsvorstand und Kassenwart Alice Sücker. Auch wenn der Verein 1994 erst gegründet wurde, hatte man das Projekt schon deutlich früher begonnen. „Anfangs habe ich das privat und mit Spenden von Freunden finanziert“, erinnert sich Marianne Dötzer. Mit dem Verein wurde dann die Infrastruktur für größer angelegte Spendenaktionen geschaffen und steuerliche Vergünstigungen waren ebenfalls möglich. Die Schule baute man in einzelnen Modulen. „Insgesamt vier Stück“, fügt Dötzer an. „Wir haben alles mit Sand, Kies Zement und Wasser gebaut.“ Aufgrund der tropischen Regengüsse und Überschwemmungen, denen Benin alljährlich ausgesetzt ist, sind Lehmbauten wegen der Einsturzgefahr auf lange Sicht zu gefährlich.
Den Betrieb der Schule übernahmen schließlich einheimische Lehrer und der Staat. „Anders geht es nicht“, unterstreicht Dötzer. Denn nur wenn die langfristige Nutzung gewährleistet und organisiert ist, ist nachhaltige Entwicklungshilfe möglich. Für Wema-Home e.V. war diese Arbeitsweise schon immer die Voraussetzung für die Unterstützung verschiedener Projekte. Bekommt das Team von Wema-Home bei ihren Besuchen in Benin neue Vorschläge für Projekte, die man umsetzen könnte, prüft der Verein vorab alles auf Herz und Nieren. „Wenn jemand eine Projektidee hatte, dann sagen wir immer als Erstes: Macht einen Kostenvoranschlag und überlegt euch, wie es weitergehen soll“, erklärt Dötzer und fügt an, dass viele Projekte sich von vornherein schon als nicht umsetzbar herausstellen. Aber häufig sind die Vorschläge fundiert und gut überlegt. „Dann lässt sich was machen.“
„Jardin Sacré“ als Vorzeigeprojekt gesellschaftlicher Entwicklungshilfe
Seit der Vereinsgründung sind zahlreiche Projekte von den Einheimischen angestoßen und von Wema-Home e.V. vorangetrieben worden. Neben der Grundschule, die mittlerweile über 800 Schüler hat und ganz unabhängig von dem Verein weiterläuft, betreut man Umweltschutz-, Agrar- und Bildungsprojekte. „In den letzten Jahren ist das richtig groß geworden“, sagt Alice Sücker beinahe erstaunt über die Projektvielfalt. Für die Schulkinder hatte der Verein schon in den neunziger Jahren ein Patenprogramm aufgesetzt. Denn auch wenn der Neubau der Schule eine neue Bildungsmöglichkeit für Grundschüler eröffnet hat, konnten sich noch lange nicht alle Familien den Schulalltag leisten. „Wir haben immer noch 37 Patenkinder, die von Spendern aus Deutschland unterstützt werden.“ Auf persönliche Anregung der als ‚Schimpansenforscherin‘ bekannt gewordenen Verhaltensforscherin Jane Goodall überlegten die Vereinsmitglieder im Jahr 2000, wie man die Bevölkerung zu umweltorientiertem Handeln bringen könnte. „Goodall hatte die Idee, Grundschüler Umweltprojekte machen zu lassen“, erklärt Sücker. Die Umsetzung des Vereins ist ebenso kreativ wie ungewöhnlich: Ein Jardin Sacré, französisch für „heiliger Garten“, sollte an jeder Grundschule im ganzen Land ausgewiesen werden – als Ort, der von sämtlichen menschlichen Einflüssen unangetastet bleibt. „Schutz vor Buschbränden und kein Abholzen“, bestärkt Marianne Dötzer. „Natürlich haben am Anfang viele den Kopf über diese Idee geschüttelt. Was sollte das bringen, haben die gesagt.“
Das Wema-Home Team blieb hartnäckig. Dötzer aktivierte ihre Kontakte in die Gemeinden und Ministerien und brachte zahlreiche Bürgermeister dazu, den örtlichen Grundschulen ein Hektar Land zu überschreiben. „Alles offiziell und notariell beglaubigt“, wirft die Wema-Home ‚Finanzministerin‘ Sücker ein. Das kleine Stück Land, das die Kinder der Schulen schützen, hat einen erstaunlichen Effekt auf die Umgebung, finden die beiden Frauen. Nicht nur entsteht ein vielfältiger Pflanzenbewuchs auf diesen Flächen, sondern die Kinder spüren im wahrsten Sinn des Wortes, was es bedeutet, die Umwelt zu schützen. „Zu Beginn gab es richtige Widerstände an manchen Orten“, sagt Dötzer. Immer wieder erreichte sie Berichte über Zwischenfälle, wenn ein Bauer seine Rinderherde durch den Jardin getrieben hatte und alles niedergetrampelt und aufgefressen war, oder jemand Feuer gelegt hatte. „Am traurigsten waren dann die Kinder. Ich sehe immer noch einen kleinen Jungen weinen, als wir den zerstörten Jardin seiner Schule besuchten.“
Vor über zwanzig Jahren wurde das Projekt erstmals initiiert. Inzwischen, so finden Sücker und Dötzer, hat sich die Idee des wortwörtlichen Umweltschutzes in Gobada, Benin, etabliert. 107 der ‚Heiligen Gärten‘ sind über das Land verteilt errichtet worden und immer mehr Schulen möchten Teil des Projektes werden. „Die Schüler, die damals bei den ersten Jardin Sacrés mit dabei waren, das sind heute unsere besten Naturschützer“, findet Marianne Dötzer und erzählt, wie sich einstige Grundschüler gegen Raubbau und Umweltzerstörung einsetzen.
Große Projektvielfalt in Benin – mit Förderung der Bundesrepublik
Auch abseits der direkten Schülerbildung ist Wema-Home in Bildungsprojekten für Ackerbau involviert. Das wohl spendenintensivste Projekt, das Ende 2022 ausläuft, ist ein Agrarprojekt zur Förderung und zum Ausbau ökologischer und nachhaltiger Landwirtschaft. Das Projektvolumen, sagt Alice Sücker, betrage etwa 500.000 € – wobei 75% davon von der Bundesregierung finanziert werden. „Die restlichen 25% müssen wir selbst aufbringen“, fügt sie an. Die Corona-Pandemie hat jedoch die Spendenbereitschaft in Deutschland merklich reduziert. „Es steht noch aus, ob wir 2021 unser Spendenziel erreichen“, gesteht sie ein. 2016 begann das Projekt mit 600 Bauern und Bäuerinnen, die von ausgebildeten Bauernführern und Agraringenieuren geschult wurden. Im Jahr 2020, wuchs die Gruppe auf 2250 Teilnehmer*innen in Benin an. „Wir haben mittlerweile 12 studierte Agraringenieure aus Benin, die durch das Land fahren und Bauern die Prinzipien und Techniken ökologischen Ackerbaus in der Region beibringen“, erklärt Sücker. Qualitätsmanagement und ein hohes Maß an Dokumentation sind dabei Leistungen, die der Verein dabei zusätzlich erbringen muss. Ein wesentlicher Bestandteil auch dieses Projekts ist, dass die Bauern später in der Lage sind, ihr Wissen weiterzugeben. Wie es nach 2022 weitergeht, ist noch ungeklärt, aber der Verein hofft auf genug Spenden, um selbstständig weiterzumachen. „Wenn wir es finanziell schaffen, dann würden wir uns wünschen, das Projekt weiterzuführen und auf andere Gebiete zu erweitern“, bestärkt Alice Sücker. Die Bauern, die von der Initiative bereits profitieren durften, können aber auch ohne die Förderung weitermachen.
„Hilfe zur Selbsthilfe“, sagt Marianne Dötzer, „ist der Grundgedanke unserer Arbeit. Was bringt es denn, wenn wir weg sind und niemand macht weiter?“
Nichts, finden Sücker und Dötzer beide. Würden sie jetzt aufhören mit ihrer Arbeit, sagen sie, dann würde in Benin alles so weitergehen wie bisher. Die Frauengruppen, die sie ins Leben gerufen haben, sind selbstorganisiert, die Schulen und Jardin Sacrés sind ebenfalls in die lokalen und staatlichen Strukturen Benins eingebettet und auch die Agrarprojekte laufen ohne jede Unterstützung aus Deutschland weiter. Die Arbeit von Wema-Home e.V. ist gerade deswegen so wertvoll, weil sie die Einheimischen nicht in Abhängigkeiten treibt, sondern ihnen Werkzeuge für eine gesunde und eigenständige wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in die Hand gibt. Es ist ein gängiges Missverständnis, dass es bei Entwicklungshilfe darum geht, etwas für die Bevölkerung armer Länder aufzubauen. Man verändert lediglich die Bedingungen, unter denen das dortige Leben verbessert werden kann. Das Softwareunternehmen CIM aus Fürstenfeldbruck sieht genau darin die große Stärke der Hilfsorganisation und unterstützt weiterhin die Arbeit von Wema-Home e.V., um neue Projekte in Benin zu ermöglichen.
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