„Ob mein Unternehmen fortgeführt wird? Was soll das heißen? Ja was denn sonst?!“. Das ist eine typische Reaktion vieler Geschäftsführer, wenn sie auf die Problematik angesprochen werden, ob bei einer Bewertung des Unternehmens von einer Fortführung auszugehen ist. Der Anlass für diese Frage kann eine Überschuldung oder Zahlungsprobleme sein. In diesem Fall besteht durch die Bestimmungen des Insolvenzrechts die Vermutung, dass die Gesellschaft (GmbH, AG, GmbH & Co. KG) nicht mehr fortgeführt werden kann. Darum sollte sich die Geschäftsführung, die für die Aufstellung des Jahresabschlusses verantwortlich ist, in dieser Situation nicht darauf verlassen, dass weiterhin zu Fortführungswerten bilanziert werden kann. Es muss erst sichergestellt werden, dass die Going-Concern-Prämisse erfüllt wird, sprich, bei der Bewertung der Unternehmenstätigkeit davon auszugehen ist, dass sie fortgeführt werden kann.

Negatives Eigenkapital oder Zahlungsschwierigkeiten – die Unternehmensfortführung im Jahresabschluss

Das Handelsgesetzbuch bestimmt, dass bei der Bewertung von Vermögen und Schulden von der Fortführung des Unternehmens auszugehen ist, sofern nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB). Dieser Grundsatz wird so lange angewandt, bis Umstände sichtbar werden, die eine Fortführung innerhalb eines Zeitraums bis zum Ende des folgenden Geschäftsjahres unwahrscheinlich werden lassen. Die Bedeutung dieser Vorschrift zeigt sich darin, dass auch der Steuerberater eines Unternehmens, der mit der Erstellung des Jahresabschlusses beauftragt ist, nicht von der Bilanzierung zu Fortführungswerten ausgehen kann, wenn negative Anzeichen bestehen. Der BGH hat eine Hinweis- und Warnpflicht des Steuerberaters festgestellt, die bei Nichtbeachtung zur Haftung des Steuerberaters führt. Diese werden ihre Mandanten nunmehr sehr viel intensiver mit dem Thema konfrontieren. Die Fortführung des Unternehmens kann gefährdet sein, wenn das Unternehmen ein negatives Eigenkapital ausweist oder in Zahlungsschwierigkeiten ist. Dann müssen Gegenmaßnahmen getroffen werden – auch für die Bilanzierung!

Auf die Prognose kommt es an – was bringt die Zukunft?

Die Konsequenz, dass das Unternehmen nicht fortgeführt werden kann, ist nicht zwingend und es kommt auf eine genaue Beurteilung der Situation an. Wegen der weitreichenden nachteiligen Folgen des Wegfalls der Going-Concern-Prämisse müssen die Gegebenheiten schwerwiegend sein. Eine genaue Beurteilung erfolgt beispielsweise durch die Ermittlung der stillen Reserven des Unternehmens oder durch eine professionelle und situationsbezogene Fortführungsprognose, die die Entwicklung der Erträge und Zahlungsströme planerisch vorwegnimmt. Ist die Prognose positiv, kann die Bilanzierung zu Fortführungswerten erfolgen.

Der Zeitfaktor ist nicht zu unterschätzen

Für die Aufstellung der handelsrechtlichen Jahresabschlüsse bestehen klare Fristen. Kommt es zu zusätzlichen Aufgaben bei der Aufstellung, kann die Zeit knapp werden. Um von diesem Problem nicht bei der Erstellung des Jahresabschlusses überrascht zu werden, ist ein permanenter Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung Pflicht. Hierzu gehört eine laufende Buchhaltung, die idealerweise bilanznah erfolgt. Die laufende Berücksichtigung von Abschreibungen und Bewertungen im Umlaufvermögen (z.B. Einzelwertberichtigung) und die anlassbezogene Bildung von Rückstellungen (z.B. bei Gerichtsprozessen) sorgen für ein klares Bild auf die Ergebnisentwicklung. Fällt dies in die Kategorie Jahresabschlussarbeiten, sind Überraschungen vorprogrammiert. Der Jahresabschluss sollte darum rechtzeitig angegangen werden, um – im Sinne einer guten Unternehmensführung – frühzeitig auf Entwicklungen reagieren zu können.

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