Der Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) in Leipzig traut sich etwas: einen Radstreifen auf einem Teilstück des Leipziger Stadtringes markieren zu lassen. Gegen diese Maßnahme wird jetzt Sturm gelaufen: Nicht nur der ADAC, die CDU, die AfD und der IHK sind erwartungsgemäß dagegen, auch der Pfarrer der Thomaskirche meldet sich zu Wort und bezeichnet das Vorhaben als einen "Irrweg". Aus Sicht von Changing Cities wird die Debatte zunehmend ideologisch geführt, denn es kann ja nicht wahr sein, dass Radfahrende in einer jungen, dynamischen Stadt wie Leipzig ein größeres Problem als der überbordende Autoverkehr darstellen.

Endlich nimmt jemand die Verkehrswende ernst. Statt wie in vielen anderen Städten nur viel zu versprechen, wird nun in Leipzig wirklich gehandelt. Der Promenadenring war ursprünglich eine autofreie Grünanlage, die vor 50 Jahren mehrspurig ausgebaut wurde. Bis April letztes Jahr war Radfahren auf dem Westteil sogar verboten. Auch in Leipzig steigt die Zahl der Radfahrenden, aber die Infrastruktur ist nach wie vor durch den Vorrang des Autos geprägt.

Das hat Folgen: In dem von der Verkehrsunfallkommission gestern vorgelegten Bericht wird eindeutig dargelegt, dass Radfahren in Leipzig zu gefährlich ist. Die Anzahl der Unfälle befindet sich seit 2013 auf konstant hohem Niveau, die Zahl der getöteten Radfahrenden ist sogar gestiegen. Es ist absolut an der Zeit, dass der Radverkehr in Leipzig mehr Aufmerksamkeit erhält, so der Bericht.

Angeschoben von den Grünen, LINKEN, Partei und Freibeutern (FDP und Piraten) sowie manchmal der eigenen SPD wagt Oberbürgermeister Jung nun die Verkehrswende. "An Leipzig sieht man deutlich, wie stereotyp der Widerstand auch gegen nur minimale Veränderungen der autogerechten Stadt verläuft: Es geht mehr um Aufrechterhaltung von Privilegien als um eine lebenswerte Stadt. Aber eine junge, wachsende Stadt wie Leipzig muss natürlich Privilegien anders verteilen, um weiterhin attraktiv zu bleiben. Das hat der Oberbürgermeister offensichtlich verstanden: Mit neuen Problemen konfrontiert taugen die alten Lösungen nicht mehr", sagt Ragnhild Sørensen von Changing Cities.

Um die Verkehrssicherheit für Radfahrende zu erhöhen, wäre allerdings ein geschützter Radweg auf den Hauptverkehrsstraßen von entscheidender Bedeutung. Erst die bauliche Trennung der Verkehre, so der Stand der Radinfrastrukturplanung, ermöglicht sicheres und komfortables Radfahren für alle. Ebenso wichtig sind Optimierungen der Kreuzungen, z. B. nach niederländischem Vorbild, denn auf Kreuzungen geschehen die meisten Unfälle.

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