Dass Handwerk in allen Bereichen des Lebens eine entscheidende Rolle spielt, ist unbestritten. Jeder braucht sein täglich Brot vom Bäcker, das Dach über dem Kopf vom Zimmermann und die Kfz-Werkstätte, damit das Auto läuft. Doch selbst fernab der täglichen Selbstverständlichkeiten ist das Handwerk unersetzbar. Denn Deutschland steht vor großen Herausforderungen: beim Klimaschutz, bei der Digitalisierung, bei der Modernisierung der Infrastruktur, im Wohnungsbau, bei ressourcenschonendem Leben und Arbeiten generell.
Die Ziele sind von der Bundesregierung hoch gesteckt. Erreicht werden können sie nur mit Handwerkerinnen und Handwerkern, die die Vorhaben praktisch umsetzen. „Fachkräftesicherung ist daher nicht weniger als eine Frage von Zukunfts- und Wohlstandssicherung in unserem Land“, kommentiert Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. Sorge bereitet ihm, dass bereits heute in vielen Handwerksberufen mehr Fachkräfte gebraucht werden. Ein Grund, warum Kundinnen und Kunden zunehmend Wartezeiten in Kauf nehmen müssen.
Rund 250.000 Fachkräfte fehlen im Handwerk – Tendenz steigend. Jährlich bleiben rund 20.000 Ausbildungsplätze unbesetzt, was den zukünftigen Fachkräftemangel verstärkt. „Dabei bietet das Handwerk jungen Menschen beste Zukunftsaussichten“, sagt auch der Präsident der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald, Klaus Hofmann. Die Nachfrage nach Handwerksleistungen sei ungebrochen hoch, man verzeichne eine deutlich niedrigere Arbeitslosenquote als in den meisten akademischen Berufen, habe hervorragende Möglichkeiten sich selbständig zu machen oder einen etablierten Betrieb zu übernehmen und zudem gute Verdienstmöglichkeiten, die denen von Hochschulabsolventen nicht nachstehen. Dennoch finden immer weniger junge Menschen den Weg ins Handwerk. Im Gebiet der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald zählte man 2021 rund 4.300 Lehrlinge. Es könnten sicherlich mehr sein.
Ein Zwiespalt, den auch die Zahlen einer Forsa-Studie aus dem vergangenen Herbst untermauern. So geben 93 Prozent der befragten Deutschen an, dass Handwerk für sie persönlich sehr wichtig ist. Über 80 Prozent schreiben dem Handwerk sichere Arbeitsplätze und gute Zukunftschancen zu. Gleichzeitig schätzen aber nur 36 Prozent der Befragten das Ansehen des Handwerks als hoch ein.
„Hier stimmt was nicht“, macht das Handwerk daher mit einer bundesweiten Kommunikationsoffensive deutlich und will eine Gesellschaft zum Umdenken aufrufen, die jahrzehntelang Wissen über Können gestellt hat. „Es muss endlich in den Köpfen ankommen, dass eine berufliche Ausbildung genauso viel wert ist wie eine akademische“, sagt Klaus Hofmann. „Damit die berufliche Ausbildung attraktiv bleibt, müssen die Berufe Wertschätzung erfahren. Die Menschen, die sie ausüben, müssen spüren, wie wichtig sie für die Zukunft des Landes sind.“
Damit sich wieder mehr junge Menschen für das Handwerk entscheiden, braucht es dem Präsidenten der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald zufolge ein Umdenken auf breiter Ebene: Die Politik müsse die berufliche Bildung gleichwertig zur akademischen Bildung anerkennen und fördern. In den Schulen gelte es, auch wieder praktische Fertigkeiten zu fördern und im Rahmen der Berufsorientierung die Karrieremöglichkeiten im dualen Bildungssystem als echte Alternative zum Studium aufzuzeigen. Nicht zuletzt sollten Eltern ihren Kindern die Möglichkeit geben, ihre Interessen und Stärken frei zu entfalten und geistige wie manuelle Fähigkeiten gleichermaßen fördern. Wie die neue Kampagne es sagt: „Handwerk liegt in der Natur des Menschen.“ Nun müsse es nur noch gelingen, dass es auch wieder mehr Menschen zum Beruf machen.
Anmerkung:
Die aktuelle bundesweite Imagekampagne des Handwerks ruft angesichts des Fachkräftebedarfs mit einer provokanten Frage zu gesellschaftlichem Umdenken auf: „Handwerk liegt in der Natur des Menschen. Was hindert so viele daran, es zum Beruf zu machen?“ Ab dem 7. Februar 2022 ist die Kampagne auf Großplakaten in den Großstädten und für mehrere Wochen in TV-Sports sowie auf Motiven im Internet zu sehen. Weitere Informationen, Pressematerial, Kampagnenmotive und Szenen aus dem TV-Spot im Presseportal unter: www.handwerk.de
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