Es war eine Idee, wie geschaffen für die Ziele der Klaus Tschira Stiftung: ein Projekt, das Forschung und Bildung miteinander verbindet und Wissenschaft in die Öffentlichkeit trägt. Auf diesen Weg begab sich vor zehn Jahren das am Heidelberger Centre for Organismal Studies (COS) angesiedelte Bertalanffy Programm mit Förderung der Klaus Tschira Stiftung. Die Forschenden wollten selbst Einblick geben in ihre weitgespannte Forschung zur Biologie der Organismen – von den molekularen Grundlagen über die Zellbiologie, Entwicklungsbiologie und Physiologie bis hin zu Evolution und Biodiversität sowie Systembiologie und Biotechnologie in pflanzlichen und tierischen Systemen.

Angeführt von Frederike Seibold und Linda Manhart organisiert das COS-Team Veranstaltungen, die aus der spannenden Welt der Wissenschaft berichten, Projekte und deren Herausforderungen beleuchten und so das Publikum am Fortschritt selbst teilhaben lassen. All das geschieht nicht im Elfenbeinturm, sondern im direkten Kontakt. „Klaus Tschira wünschte sich Projekte, die Lust machen auf Wissenschaft“, erinnert sich Professor Joachim Wittbrodt an Gespräche, die die beiden vor zehn Jahren zu diesem Programm führten. Aus dieser Idee ist mittlerweile ein ganzes Spektrum verschiedener Formate entstanden.

Die ungewöhnliche Namensgebung ist dabei kein Zufall. Gilt doch der 1901 geborene und 1972 gestorbene Karl Ludwig von Bertalanffy als Gründervater der Allgemeinen Systemtheorie. Er war ein Universalgelehrter, der die Natur und wissenschaftlichen Disziplinen ganzheitlich betrachtete. Und so steht der Name eines der verschiedenen Formate auch stellvertretend für das Motto des gesamten Programms: „wissenschaft.leben“.

Angefangen hat alles vor einem Jahrzehnt mit Vorlesungen, bei denen Schülerinnen und Schüler der Oberstufe mit Wissenschaft in Berührung kommen. Zwei Mal im Jahr findet seither eine Vortragsreihe statt, in der nationale und internationale Wissenschaftsgrößen Präsentationen zu aktuellen Fragestellungen ihrer biologischen Forschung halten. Die Palette der Themen reicht von der Entwicklung des Herzens bis hin zur Vielfalt der Hunderassen. Rund 450 junge Menschen nehmen jedes Mal daran teil. Doch beim Zuhören bleibt es nicht. Im Anschluss an den jeweiligen Vortrag werden sie in Kleingruppen von jungen Forschenden in Tutorien betreut und können alle offenen Fragen stellen. Auch für Lehrkräfte gibt es entsprechende Angebote. Denn auch engagierte Lehrerinnen und Lehrer freuen sich über eine fachliche Auffrischung.

Daraus entstand auch das seit 2014 stattfindende zweiwöchige Sommerpraktikum „Bertalanffy Practical“. Hier üben sich die Jugendlichen selbst in der Laborarbeit, und wenden verschiedene Methoden der aktuellen biologischen Forschung an. Am Ende wiederum steht eine Präsentation der gemachten Erfahrungen vor Publikum, also eine erste kleine Übung in der Wissenschaftskommunikation. Mittlerweile gibt es Interesse aus ganz Deutschland und Teilnehmende der Internationalen Summer Science School Heidelberg und der Fundación Catalunya La Pedrera aus Spanien sind ebenfalls mit von der Partie. Vorteil dabei: neben den biologischen Kenntnissen wird auch das Englisch trainiert.

Um auch den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Kommunikation zu schulen wurde zwei Jahre später „Science goes School“ ins Leben gerufen. Hier bringen junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Forschung unmittelbar in die Biologiekurse der gymnasialen Oberstufe. Von Calw bis Wiesbaden sind sie mittlerweile unterwegs und haben neben ihrem umfassenden Wissen auch noch zahlreiche Proben von Pflanzen, Fischembryonen und Fliegen im Gepäck. Dadurch bekommen die Schulklassen nicht nur Zugang zu aktueller Forschung, sondern erfahren auch, wie man in der Wissenschaft arbeitet.

„Das Bertalanffy Projekt hat sich ständig weiterentwickelt“, freut sich Wittbrodt. Das gelingt bis heute außerordentlich gut, wie Evaluationen des Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation (NaWik) zeigen. Diese gehören ebenso dazu wie immer wieder zusätzliche Formate und Medien, beispielsweise informative Comics und Filmbeiträge. Galt es bisher vor allem, die frühe Begeisterung für die Wissenschaft zu wecken, sollen in Zukunft auch die Menschen erreicht werden, die in ihrer Schulzeit nicht mit naturwissenschaftlicher Forschung in Berührung gekommen sind. Durch interaktive Formate soll Spitzenforschung den Dialog mit der breiten Bürgerschaft suchen. Auch hier gilt: „Wir wollen Neugierde wecken und zeigen, woran geforscht wird“. Das können beispielsweise aktuelle Themen wie gentechnische Veränderungen an Pflanzen oder Stammzellforschung sein. „Wir wollen die Relevanz von Wissenschaft in unser aller Leben zeigen“, betont Wittbrodt.

Mehr dazu: https://bertalanffy-live.de/

Über Klaus Tschira Stiftung gGmbH

Die Klaus Tschira Stiftung (KTS) fördert Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik und möchte zur Wertschätzung dieser Fächer beitragen. Sie wurde 1995 von dem Physiker und SAP-Mitgründer Klaus Tschira (1940-2015) mit privaten Mitteln ins Leben gerufen. Ihre drei Förderschwerpunkte sind: Bildung, Forschung und Wissenschaftskommunikation. Das bundesweite Engagement beginnt im Kindergarten und setzt sich in Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen fort. Die Stiftung setzt sich für den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft ein. Weitere Informationen unter: www.klaus-tschira-stiftung.de

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