„Dank ihrer räumlichen Nähe und einer hervorragend ausgebauten Infrastruktur weisen die drei untersuchten Städte München, Augsburg und Ingolstadt enge Verflechtungen auf, die die gesamtwirtschaftliche Situation wie auch den Arbeitsmarkt umfassen und u.a. auch die Immobilienmärkte deutlich beeinflussen“, so Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts.
Die Preisdynamik auf dem Kaufimmobilienmarkt entwickelte sich in den vergangenen Jahren in München und Augsburg sehr ähnlich und war durch starke Wertsteigerungen geprägt. Ingolstadt nahm dagegen sowohl im Großstadtvergleich als auch in der gesamtbayerischen Betrachtung aufgrund seiner standortspezifischen Rahmenbedingungen eine Sonderrolle ein. Aufgrund der Dieselkrise um den Audi-Konzern und dem darauffolgenden Strukturwandel in der Automobilbranche sowie auch aufgrund der Pandemie ging der Zuzug von Fachkräften und somit auch die Nachfrage nach Wohnimmobilien spürbar zurück. Die Probleme rund um den von den Auswirkungen der Pandemie stark getroffenen Flughafen München verstärkten diese Entwicklung, da dieser speziell auch für die Region Ingolstadt ein wichtiger Job-Motor ist. Das Kaufpreisniveau in Ingolstadt war in den vergangenen Jahren in einzelnen Marktsegmenten teilweise leicht rückläufig. Seit Frühjahr 2021 veränderte sich die Lage etwas; die meisten Segmenten des Kaufmarktes verzeichnen leichte Preisanstiege.
Die untersuchten Großstädte München, Augsburg und Ingolstadt sind gefragte Wohnstandorte. Ungeachtet der hohen Preise bleibt die Nachfrage in allen drei Städten nach wie vor sehr hoch; diese trifft wiederum auf ein immer weiter rückläufiges Angebot. Die Gründe für den spürbaren Nachfrageüberhang sind vielseitig: zum einen befinden sich die Hypothekenkredite nach wie vor auf einem sehr niedrigen Niveau. Zum anderen werden kaum Objekte zum Kauf angeboten, da für viele Eigentümer ein Verkauf aufgrund der fehlenden Kapitalanlagealternativen nicht in Frage kommt. Außerdem steigt die Inflation aktuell deutlich an und die Banken fordern Strafzinsen auf Einlagen. Das Neubausegment kann trotz einer vielerorts regen Bautätigkeit die entstandene Lücke auf der Angebotsseite nicht ausreichend bedienen.
Zwar hat die Covid 19-Pandemie weder die Nachfrage noch die Preisanstiege vor allem in München und Augsburg dämpfen können, die Anforderungen an Wohnimmobilien hat sie jedoch tiefgreifend und dauerhaft beeinflusst. Mit der Verlagerung des Arbeitsplatzes in die eigenen vier Wände stieg die Nachfrage nach größeren Wohneinheiten, speziell auch um Platz für ein Home-Office zu haben, sowie nach Wohnungen mit Garten oder Balkon sowie einem ruhigeren Umfeld deutlich an. Da der Wunsch nach mehr Wohnfläche aufgrund der hohen Preise und wenig Angebot im Stadtgebiet nicht immer realisierbar ist, wird bei der Suche nach einem Objekt eine größere räumliche Entfernung zur regulären Arbeitsstätte immer öfter in Kauf genommen.
Diese Entwicklung hat die Nachfrage nach Wohnimmobilien in den Stadtrandlagen und Umlandgemeinden der untersuchten Städte spürbar verstärkt. Deutliche Ausweicheffekte konnten in den vergangenen zwei Jahren nicht nur von den drei Städten in die jeweiligen Einzugsgebiete, sondern auch zwischen den untersuchten Städten, hier insbesondere von München nach Augsburg, beobachtet werden. Die Gesamtzahl der Auspendler* 2021 gegenüber 2019 stieg in Augsburg um +6% und in Ingolstadt um +5% an. Gleichzeitig nahm die Zahl der Einpendler in München in diesem Zeitraum um +8 % zu. Insgesamt pendelten 2021 10.225 Augsburger und 2.920 Ingolstädter in die Landeshauptstadt; dem stehen nur 1.800 Auspendler aus München nach Augsburg und 1.775 Münchner, die ihren Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz in Ingolstadt haben, gegenüber.
„Aufgrund eines deutlich niedrigeren Preisniveaus und einer hervorragenden Anbindung bietet Augsburg denjenigen eine gute Alternative, die sich in der Landeshauptstadt kein Eigentum leisten können“, so der stellv. Vorsitzende des IVD Süd Florian Schreck. Dies hat, wie Florian Schreck weiter feststellt, die ohnehin hohe Nachfrage nach Wohnimmobilien in Augsburg noch zusätzlich verstärkt.
Preisentwicklung Herbst 2020 – Herbst 2021
Die Preisspirale bewegt sich in allen drei untersuchten Städten weiter nach oben, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Während München und Augsburg im Jahresvergleich teilweise Wertsteigerungen im zweistelligen Bereich aufwiesen, fielen die Anstiege des Kaufpreisniveaus in Ingolstadt relativ verhalten aus.
Augsburg verzeichnete im Jahresvergleich (Herbst 2020-Herbst 2021) in den meisten Objektsegmenten sogar höhere Preiszuwächse als die Landeshauptstadt, allerdings von einem deutlich niedrigeren Basiswert ausgehend. Dabei verteuerten sich Baugrundstücke für Geschossbau mit rund +26% und freistehende Einfamilienhäuser mit +22 % am stärksten, gefolgt von Reihenmittelhäusern aus dem Bestand mit +19 %.
In München wurden vor allem bei den neuerrichteten Objekten die stärksten Veränderungen festgestellt. So legten die Kaufpreise für Reihenmittelhäuser um +18 %, für Doppelhaushälften und Eigentumswohnungen um jeweils +14 % zu.
„Ingolstadt verzeichnete dagegen vergleichsweise geringe Preisanstiege. Im Vergleich Herbst 2020-Herbst 2021 wiesen Doppelhaushälften mit +7 % sowie neuerrichtete Reihenmittelhäuser und Eigentumswohnungen mit jeweils +6 % die höchsten Preiszuwächse auf“, wie Elmar Zieglmeier vom IVD-Mitgliedsunternehmen Immobilien Zieglmeier aus Ingolstadt feststellte.
Preisentwicklung Herbst 2011- Herbst 2021 (10-Jahresvergleich)
Die preisliche Entwicklung am Kaufmarkt befindet sich seit 2010 bei fast allen Objekttypen in allen drei untersuchten Großstädten im steilen Aufwärtstrend. Allen voran ist eine sehr beachtliche Preissteigerung beim Baugrund für freistehende Einfamilienhäuser festzustellen: Im 10-Jahresvergleich liegt diese in München bei +330 %, in Augsburg bei +191 % und in Ingolstadt bei +114 %. Der Abstand zwischen der Landeshauptstadt München und den beiden anderen Großstädten ist hierbei immens.
In allen anderen Marktsegmenten bewegen sich die Teuerungsraten in Augsburg fast auf dem Niveau der bayerischen Landeshauptstadt, so wie etwa beim Baugrund für Mehrfamilienhäuser. Die Steigerungen liegen hier im 10-Jahresvergleich in München bei +185 % und in Augsburg bei +181 %. Ingolstadt verzeichnet in diesem Segment einen Anstieg von +77 %.
Das markante Preiswachstum des Baugrunds ist der Haupttreiber der Kaufpreissteigerungen bei Wohnimmobilien. Münchner Eigentumswohnungen aus dem Bestand verteuerten sich seit Herbst 2011 um +165 %; Augsburger Kaufpreise lagen mit 133 % im Plus. Mit deutlichem Abstand folgt Ingolstadt mit +80 %.
Bei den Kaufpreisanstiegen für neugebaute Eigentumswohnungen liegen die Landeshauptstadt mit +152 % und die Fuggerstadt mit +145 % auf einem ähnlichen Niveau. Ingolstadt weist im 3-Städte-Vergleich mit +68 % eine deutlich geringere Steigerung auf.
Der Preisboom bei Häusern zum Kauf erreicht ein nahezu ähnlich hohes Niveau wie bei Eigentumswohnungen. Die stärksten Anstiege verzeichneten hier im 10-Jahresvergleich neuerrichtete Reihenmittelhäuser. In München wuchs das Kaufpreisniveau um +150 %, in Augsburg um +139 % und in Ingolstadt um +67 %. Die Preise für freistehende Einfamilienhäuser aus dem Bestand verteuerten sich in München um +147 % und in Augsburg um +118 %. In Ingolstadt lag die Steigerungsrate bei + 59 %.
Im Einzelnen berichtet Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts, von folgenden marktrelevanten Entwicklungen:
– Steigende Einwohnerzahlen (2011-2021): Alle untersuchten Städte verzeichneten in den vergangenen 10 Jahren steigende Einwohnerzahlen: München und Augsburg um jeweils
+10,2 %, Ingolstadt +9,8 %. (Quelle: Bay. Landesamt für Statistik)
– Bevölkerungsvorausberechnung (2020-2040): Nach Angaben des bayerischen Landesamtes für Statistik soll die Einwohnerzahl bis 2040 in München um weitere +8 %, in
Augsburg um +7 %, in Ingolstadt um +5 % steigen.
– Kaufkraft: Gemessen an der Kaufkraft lagen 2021 sowohl München (32.413 €) als auch Ingolstadt (27.660 €) über dem Bayern-Wert von 26.599 € und deutlich über dem
Deutschland-Durchschnitt von 24.455 €. In Augsburg lag die Kaufkraft 2021 bei 23.355 €/Einwohner (Quelle: Michael Baur Research).
– Arbeitslosenquote: Die Arbeitslosenquote lag im Januar 2022 in allen drei untersuchten Städten noch etwas höher als vor dem Ausbruch der Pandemie: München 4,4% (Januar
2020 3,8 %); Augsburg 5,5 % (5,4%); Ingolstadt 3,3 % (3,2 %) (Quelle: Bundesagentur für Arbeit).
– Immobilienumsätze in Bayern: Die Immobilienumsätze stiegen im Bayern 2021 im Vergleich zum Vorjahr um beachtliche +11,9 %. Das gesamte Transaktionsvolumen lag bei rund
72 Mrd. €. (IVD-Berechnungen auf Basis des vom Bundesministerium für Finanzen erhobenen Grunderwerbsteueraufkommens.
* Als Auspendler gelten Personen, die von der Wohnsitzgemeinde in eine andere Gemeinde zur Arbeit bzw. Ausbildung fahren. Betrachtet man dieselben Pendler dagegen von den Zielgemeinden her, in denen die Arbeits- bzw. Ausbildungsstätten liegen, so spricht man von Einpendlern. Quelle: Bundesagentur für Arbeit
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