AKTUELLE LAGE
Den jetzt vorliegenden Ergebnissen zufolge schätzen fast die Hälfte der Befragten die gegenwärtige Situation als hochbrisant ein. Das gilt insbesondere bei einer militärischen Auseinandersetzung zwischen beiden Konfliktparteien. Im Falle westlicher Sanktionen sehen jeweils rund 30 Prozent in der Beschränkung von Handelswegen und dem Stopp der Ostsee-Pipeline „Nord Stream 2“ direkte Auswirkungen auf ihren Geschäftsbetrieb. „Finanzmarktbeschränkungen werden von unseren Befragten zwar aktuell als weniger gefährlich angesehen. Jedoch könnten diese Sanktionen gravierende Auswirkungen auf alle Handelsströme haben und sollten deshalb nicht unterschätzt werden“, warnte BME-Hauptgeschäftsführerin Dr. Helena Melnikov.
PREISE
Ein weiteres zentrales Umfrage-Ergebnis: Mehr als 90 Prozent der Unternehmen erwarten deutlich höhere Einkaufspreise, die den Inflationsdruck weiter erhöhen. Dabei dürften vor allem die Energie-und Rohstoffkosten kräftig anziehen. Es ist darüber hinaus auch mit einer Verteuerung der Endprodukte zu rechnen.
STRATEGIE
Einige der Befragten erwägen einen Strategiewechsel in ihren Unternehmen. So wollen fast zwei Drittel (64 Prozent) auf alternative Beschaffungs- und Absatzmärkte ausweichen. Knapp 13 Prozent spielen mit dem Gedanken, ihre ausländischen Direktinvestitionen in Russland und der Ukraine zu reduzieren. 23 Prozent überprüfen die Sicherheit ihrer Logistikwege, Beschaffungsquellen und Geldflüsse.
Der BME wollte auch wissen, ob die Einkäufer:innen, die in beiden Ländern beschafften Waren und Rohstoffe zeitnah durch Lieferungen aus anderen Regionen ersetzen könnten. Hier ergab die Umfrage, dass nur eine Minderheit der Unternehmen (15 Prozent) nicht in der Lage wäre, diese Güter woanders einzukaufen.
Zur Risikominimierung haben die Befragten bereits konkrete Maßnahmen getroffen beziehungsweise planen diese. So wurde die Suche nach alternativen Beschaffungsmöglichkeiten (Double Sourcing) intensiviert. Gleichzeitig erhöhen viele Firmen (39 Prozent) ihre Lagerbestände – soweit das bei der ohnehin angespannten Beschaffungssituation überhaupt möglich ist. Die Substitution von Rohstoffen und Materialien wird ebenfalls verstärkt geprüft, um die Abhängigkeit von Russland und der Ukraine zu verringern. „Genannt wurde auch die Umstellung der Beschaffung weg vom Spot- und hin zum Terminmarkt. Dies kann vor allem das Risiko von Preissteigerungen in einem verträglichen Rahmen halten“, erläuterte Frau Ullah.
LIEFERKETTEN
Ein vollständiges Zerreißen der Lieferketten als Folge der Auseinandersetzungen zwischen Russland und der Ukraine befürchtet ein gutes Fünftel der Befragten. Allerdings erwarten über 75 Prozent der Teilnehmenden, dass auf Ihre Unternehmen Einschränkungen zukommen beziehungsweise der Beschaffungsaufwand steigt. „Das können sowohl der monetäre Aufwand als auch personelle Ressourcen und komplizierter werdende Prozesse sein“, fügte Frau Melnikov hinzu.
Der gegenwärtige Konflikt wirft auch ein Schlaglicht auf die globalen Entwicklungen: Mehr als 70 Prozent der Teilnehmenden sehen deutliche Risiken in Bezug auf die Handelsrouten der Neuen Seidenstraße.
Steckbrief „BME Pulse Check zum Russland-Ukraine-Konflikt“:
Umfrage-Zeitraum: 10.–18.02.2022
Teilnehmende: 116 Einkäufer:innen aus den Bereichen Automotive, Maschinenbau, Chemie, Pharma und Energie.
BME-Service: Die Ergebnispräsentation steht hier zum individuellen Download bereit.
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