Muss es immer schwarz sein bei einer Trauerfreier, das Make-up dezent, die Krawatte grau? Die Kleiderordnung beim letzten Geleit eines Menschen ist so eine Sache für sich. Stellen Sie sich diese Situation vor: Da ist eine junge Frau mit einem schwarzen, bauchfreien T-Shirt unter der kurzen Jacke. Dazu trägt sie eine trendy zerrissene Jeans und Turnschuhe. Als sie sich zum Erdwurf niederbeugt, blitzt ihr nackter Rücken und ihr roséfarbener Tanga vor den Augen der Trauernden auf …

Dresscode auf dem Friedhof 

Die Trauergäste sind in einem solchen Fall zumeist vollkommen irritiert. Bei Beisetzungen ist in unserer Kultur die Garderobe eher unauffällig. Nicht zu schrill, nicht zu auffallend, auf keinen Fall sexy – so will es die Tradition. Meist folgen wir ihr. Es sei denn, der Verstorbene hat es ausdrücklich anders gewünscht. Und das ist gar nicht so selten. Denn Traditionen brechen auch bei Beisetzungen auf. Nicht nur in Bezug auf die Art der Grabstelle, die Musik oder die anschließende Trauerfeier. Sondern eben auch hinsichtlich des Outfits der Trauergäste.

Zwischen Toleranz und Taktlosigkeit

Drückt sich Trauer in der Farbe der Kleidung aus? Ein treffliches Thema für eine Diskussion. Die einen meinen: "Wie sich jemand kleidet, spielt doch überhaupt keine Rolle. Das sind Äußerlichkeiten. Sie sagen nichts darüber aus, wie tief jemand trauert, wie betroffen jemand ist. Althergebrachte Regeln in Sachen Kleidung gehören der Vergangenheit an." Toleranz bitte!

Andere stimmen dem absolut nicht zu. Sie fühlen sich unangenehm berührt, wenn bei diesem traurigen Anlass die Kleiderordnung komplett ignoriert wird. Empfinden es als Tabubruch, Taktlosigkeit, ja Provokation. Und genau das sei in einem solchen Moment völlig fehl am Platze. Traditionen, sagen sie, geben in der Trauer Halt. Und zu diesen Bräuchen gehöre eben auch eine unauffällige Kleidung, um den Abschied von dem Verstorbenen würdig zu gestalten und ihm – und den Zugehörigen –Wertschätzung entgegenzubringen. Alles andere sei respekt- und pietätlos. Und für Trauerfeiern nicht geeignet. Toleranz bitte gegenüber den Gefühlen der Trauernden!

Wie viel Raum bleibt für Individualität?

"Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt", sagte der Philosoph Immanuel Kant. Wo hört die Toleranz in einer solchen schwierigen Situation auf? Wo fängt der Respekt vor der Würde des Verstorbenen und der Zugehörigen an? Darf nicht jeder selbst entscheiden dürfen, was er an einem solchen Tag trägt? So, wie er oder sie sich am Wohlsten fühlt und es seiner Persönlichkeit am meisten entspricht? 

Tipp: So vermeiden Sie Irritationen

Um Irritationen zu vermeiden, ist es also ratsam, die Kleidungsfrage vor der Beisetzung zu klären. Schließlich ist eines sicher: Wenn Menschen wegen der Kleidung anderer verstimmt sind oder sich vielleicht sogar verletzt fühlen, dann ändert sich ihr Fokus der Aufmerksamkeit. Plötzlich steht nicht mehr der Verstorbene im Mittelpunkt, sondern die Aufmachung eines Trauergastes. Sie ruft einen Konflikt hervor. Einen Konflikt, den man in einer solchen sensiblen Situation vermeiden könnte. 

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