Im eisigen Regen wurden die Frauen des KZ-Buchenwald Außenlagers Markkleeberg in der Nacht des 13. April 1945 durch die verdunkelten Straßen der Randbezirke Leipzigs getrieben: 1550 Zwangsarbeiterinnen – 1250 jüdische Ungarinnen und 250 Französinnen. Ein Teil von ihnen überlebte den Deportationsmarsch im April 1945, der sie von Leipzig nach Theresienstadt bringen sollte, nicht. Für die meisten von ihnen war es aber ein entbehrungsreicher Weg in ein neues Leben, den die Gefangenen in Holzschuhen und ohne ausreichende Kleidung und Nahrung laufen mussten.

Nachdem wir den Schneeblumen-Gedenkweg in den beiden vergangenen Jahren wegen der Corona-Pandemie nicht durchführen konnten, sind in diesem Jahr Versammlungen im Freien wieder möglich. 77 Jahre nach der Lagerräumung laden wir deshalb am 13. April wieder dazu ein, den ersten Teil ihres Weges im Gedenken an die Gefangenen gemeinsam zu gehen. Keine von ihnen soll unter uns vergessen sein. Wir tragen sie in dieser Nacht bei uns, ihre Namen und ihre Worte, ihre Musik und ihre Gebete, ihre Klage und ihre Hoffnung. Wir leihen ihnen unsere Füße, Gedanken und Herzen. Wir gehen den Weg mit Zeichen und Gesten der Anteilnahme und Erinnerung. Ihr Vermächtnis tragen wir weiter: allen Menschen mit offenem Herzen zu begegnen und der Feindseligkeit keinen Raum zu geben.

Eine Überlebende, Zahava Szasz Stessel – inzwischen 93jährig wohnt sie heute in New York – hat ihre Erinnerungen in dem berührenden Buch "Schneeblumen" zusammengetragen – herausgegeben 2021 vom Notenspur-Verein im Verlag Hentrich & Hentrich. Ihre Gedanken werden uns auch in diesem Jahr durch die Nacht begleiten.

Der Schneeblumen-Gedenkweg beginnt am Standort des ehemaligen KZ-Buchenwald Außenlagers Markkleeberg. Die Frauen mussten am 13. April 1945 stundenlang auf dem Appellplatz ausharren, bis das Signal zum Abmarsch kam. Wie die Frauen damals werden wir in der Abenddämmerung starten und in die Nacht hineinlaufen. Wir folgen dem ersten, etwa 8,5 km langen Wegabschnitt. Der Gedenkweg wird keine Demonstration im üblichen Sinne sein, sondern trägt eher den Charakter eines Pilgerweges: nachdenklich und besinnlich, friedlich und vertiefend. Wir tragen kleine Karten mit den Namen der Frauen aus der Deportationsliste bei uns. Am Wegrand werden an verschiedenen Punkten die Namen aller Frauen verlesen. Zahava Szasz Stessel erinnert sich, dass sie nach der harten Arbeit in den Rüstungsbetrieben im Lager gesungen, gedichtet, komponiert und die Lieder der jüdischen Feiertage angestimmt haben, um Kraft zur Bewältigung der schlimmen Erfahrungen zu gewinnen. Deshalb wird auch diese Musik gemeinsam mit der Musik der französischen Gefangenen am Gedenkweg erklingen. „Mit einem äußeren zugleich einen inneren Weg zu gehen und dies mit Musik zu verbinden, um den Eindruck zu vertiefen, ist unser Anliegen“, unterstreicht Notenspur-Initiator Werner Schneider.

Zum Abschluss unseres Gedenkweges in Stötteritz drücken wir mit Symbolen – Kerzen, Steinen, Blumen – unsere Anteilnahme aus und teilen mit der jüdischen Gemeinde die Hoffnung, dass ein Neubeginn möglich ist.

Aktuell werden noch ehrenamtliche Musikerinnen und Musiker, Sprecherinnen und Sprecher sowie organisatorisch-technische Helferinnen und Helfer für den Gedenkweg gesucht.

Anmeldungen und Auskunft unter E-Mail: schneeblumen@notenspur-leipzig.de 

Zusammenfassende Information:
Beginn: 19.00 Uhr am Gelände des ehem. KZ-Buchenwald Außenlagers Markkleeberg, ASG-Bildungsstätte, Equipagenweg 15
Streckenlänge ca. 8 km, Teilstrecken sind möglich.
Ende: gegen 22.30 Uhr in Stötteritz
Anfahrt und Rückfahrt mit ÖPNV möglich
Organisation: Notenspur Leipzig e.V. und Werkbühne e.V.
Informationen: www.notenspur-leipzig.de/sbgw

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