Arbeitgeber verzeichnen in den letzten Jahren einen kontinuierlichen Anstieg krankheitsbedingter Ausfälle. Galten bis vor wenigen Jahren Muskel-, Skelett und Atemwegserkrankungen als Hauptursachen für Krankschreibungen, liegen inzwischen psychisch bedingte Erkrankungen weit vorne.

Beispiele für Belastungen, die zu psychischen Erkrankungen führen sind: (1) Arbeitsüberlastung mit steigenden Anforderungen bei knapper Zeit; (2) soziale Überlastung durch Konflikte mit Vorgesetzten und Kollegen sowie Unzufriedenheit bei ungerechter Bezahlung trotz hoher Verantwortung; (3) Mangel an Anerkennung und Wertschätzung trotz großer Anstrengung; hinzu kommen (4) Ängste und Sorgen um die Zukunft und die Gesundheit bis hin zur puren Existenzangst.

Eine wissenschaftliche Studie war aus mehreren Gründen dringend notwendig. Schon beim Begriff Resilienz herrscht eine Babylonische Sprachverwirrung. Noch größer ist die Zahl der Tipps und Ratschläge. Von den meisten Empfehlungen zur Stärkung der Resilienz ist gar nicht klar, ob sie sinnvoll, seriös oder schädlich sind. Dieses Chaos ist – so der Professor – ist ein Eldorado für Scharlatane und Esoterik.

Ein wichtiges Ziel der Studie war es, einen Test zu entwickeln, mit dem man die Resilienz zuverlässig messen kann. Resilienz ist eine menschliche Fähigkeit, die uns einerseits vor belastendem Stress und Depression schützt und andererseits Energie, Tatkraft und Lebensfreude liefert. Erst wenn man die Stärke der Resilienz messen kann, ist es möglich festzustellen, ob zum Beispiel ein Training wirksam und nützlich ist.

In der Medizin ist es selbstverständlich, dass eine Therapie auf eine valide Diagnose folgt, und anschließend die Wirksamkeit überprüft wird. Leider findet man das in der üblichen Berater-Literatur so gut wie gar nicht. Selbst ein Bestseller nennt als „Therapie“ nur triviale Binsenweisheiten wie zum Beispiel „Krisen genauer wahrnehmen“, „Licht am Ende des Tunnels sehen“, „die eigene Gefühlsvielfalt besser wahrnehmen“, „sich frühere Stärken bewusst machen“ etc.

Die Studie konnte nachweisen, dass es in der Praxis acht Resilienzfaktoren gibt. Dieser Nachweis war wichtig, weil in der bisherigen Diskussion unklar war, ob und welche Faktoren es überhaupt gibt, ob sie frei erfunden wurden, oder was damit gemeint ist. Beispiele sind Bezeichnungen wie „Schutzfaktoren“, „Säulen der Resilienz“, „Wirkfaktoren“, „Charaktereigenschaften“ etc.

In dem Forschungsprojekt wurden die acht Resilienzfaktoren durch jeweils sieben Verhaltensbeschreibungen definiert, die das tatsächliche Verhalten im Alltag präzise beschreiben. Insgesamt waren es 56 solcher Verhaltensbeschreibungen (von 3.350 Personen), die zu acht Gruppen (Fachbegriff Faktoren) zusammengefasst wurden. Diese Resilienzfaktoren haben eines gemeinsam: sie stärken nachweislich die Resilienz.

Vier dieser Resilienzfaktoren sind Persönlichkeitsmerkmale und vier sind Fähigkeiten (Kompetenzen). Die Unterscheidung zwischen Persönlichkeit und Kompetenzen ist besonders wichtig, weil die Persönlichkeitsmerkmale eines Menschen weitgehend genetisch geprägt und somit kaum änderbar sind. Dagegen lassen sich Kompetenzen relativ einfach erlernen. Das bedeutet, dass es weitgehend sinnlos ist, ein Resilienz-Training durchzuführen, wenn es um die Veränderung von Charaktereigenschaften geht.

Das hat für die Praxis erhebliche Konsequenzen: Menschen mit niedrig ausgeprägten Resilienzfaktoren, die in der Persönlichkeit begründet sind, sollten keine Berufe und Aufgaben übernehmen, bei denen eine besonders hohe Stressbelastung gegeben ist (zum Beispiel in Pflegeberufen oder im Top Management).

Hier kommt die Verantwortung des Managements ins Spiel. Die Geschäftsführung gestaltet die Prozesse, die Organisation, die Führung und die Stellen. Sie trägt die Verantwortung für die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter und sollte deren Resilienz bei der Stellenbesetzung beachten. Auf keinen Fall sollten sich Manager oder Personaler als Hobbypsychiater betätigen.

Beispiele für Resilienzfaktoren, die zur Persönlichkeit gehören sind Innere Stärke, Optimismus und Praktische Intelligenz. Beispiele für Kompetenzen sind Zielorientierung, Selbstwirksamkeit und Stimmungsmanagement. Welches Verhalten ist typisch für diese Faktoren?

Dies sind Aussagen von Menschen mit besonders großer innerer Stärke:

  • „Ich bin fest davon überzeugt, dass die Zukunft mehr Chancen als Risiken bringt.“
  • „Meistens fühle ich mich voller Tatkraft und Energie.“
  • „Ich finde auch in scheinbar ausweglosen Situationen kreative Lösungen.“
  • „Andere Menschen können sich voll auf mich verlassen.“

Zur Zielorientierung (Kompetenz) folgende Verhaltensprinzipien:

  • Ich engagiere mich sehr stark für gemeinsame Ziele und Werte.
  • Ich weiß in jeder Situation, was ich will (und was nicht).
  • Ich habe sowohl im Beruf als auch im Privatleben klare Ziele.
  • Bei meinen Entscheidungen weiß ich, worauf es ankommt.

Jeder Mensch hat bei derartigen Verhaltensweisen seine besonderen Stärken und Schwächen, die der Resilienztest sichtbar macht. Auf die Diagnose folgt ein Coaching, das gezielt auf die Stress-Ursachen ausgerichtet ist. Nach einigen Wochen zeigt ein erneuter Test (am besten Selbst- und Fremdbild), ob das Coaching eine Stärkung der Resilienz bewirkt hat.

Ausführliche Informationen zum Thema Resilienz und zum Resilienztrainig bietet die Website des Institut für Management-Innovation unter www.managementkompetenzen.de/resilienz/

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