Diese Preisverleihung habe „einen traurigen, einen wütend machenden Anlass“, sagt ZdK-Präsidentin Dr. Irme Stetter-Karp. Gerade deshalb aber sei sie „ein wichtiges Zeichen“ dafür, dass die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der Kirche weitergehen müsse. Am Sonntag werden acht Personen in Luzern den Herbert Haag Preis 2022 für Freiheit in der Kirche erhalten. Alle acht sind Betroffene von Machtmissbrauch und sexueller Gewalt in der Kirche. Zwei von ihnen gehören dem ZdK an.

„Ich habe festgestellt, dass Sprechen über die Missbrauchserfahrungen ansteckend sein kann. Dass auf eine sprechende betroffene Person in der Regel weitere folgen. Und je mehr Menschen über ihre eigene Geschichte reden, desto besser kann man das Schweigen und die Isolation der Betroffenen besiegen“, sagt Johanna Beck in einem Interview auf feinschwarz.net. Sie ist eine der Preisträgerinnen, die die Herbert Haag Stiftung für Freiheit in der Kirche am Sonntag, 13. März, ehren will. Mit Johanna Beck wird auch Johannes Norpoth für sein Engagement zur Aufklärung des Missbrauchsskandals geehrt. Beide Mitglieder des ZdK gehören dem Betroffenenbeirat bei der Deutschen Bischofskonferenz an und sprechen für ihn.

„Ich freue mich sehr für die Preisträger*innen“, sagt Stetter-Karp. „Sie erhalten die Wertschätzung und Achtung, die ihnen gebührt – vor allem für ihr jahrelanges Engagement im Bereich der Aufklärung und Prävention“. Es sei wichtig, „gegen die Erfahrung von sexueller Gewalt und Machtmissbrauch anzuschreiben, die eigene Stimme zu erheben.“

Der Missbrauchsskandal in der Kirche wurde in Deutschland 2010 erstmals zum großen Thema. Seither sind 12 Jahre vergangenen. Irme Stetter-Karp blickt auf diese langen Jahre und bilanziert: „Noch immer sind nicht alle Opfer bekannt, noch immer sind Täter in der Anonymität verschwunden. Und noch immer hat die Kirche es nicht geschafft, mit ihren Unabhängigen Kommissionen in den Diözesen für völlige Aufklärung zu sorgen.“ Die Preisverleihung sei deshalb Mahnung: „Betroffene zählen – nicht die Kirche.“ Noch immer machten sich zu viele vor allem Sorgen um das Image der Institution. „Dabei geht es um Menschen und ihre Schicksale. Die Perspektive zu wechseln ist Voraussetzung dafür, dass sich Grundlegendes verändert.“

Gemeinsam mit Johanna Beck und Johannes Norpoth erhalten den Preis Kai Christian Moritz, ein weiterer Sprecher des Betroffenenbeirats, Matthias Katsch von der Initiative „Eckiger Tisch“, Jacques Nuoffer für die westschweizerische Opfervereinigung Sapec, Albin Reichmuth für die Deutschschweizerische Interessengemeinschaft für Missbrauchsbetroffene, die Theologin und Philosophin Dr. Doris Reisinger aus Frankfurt am Main und der Wiener Theologe Prof. Wolfgang Treitler.  Der Herbert Haag Preis, benannt nach dem 2001 verstorbenen Theologen Haag, gilt als einer der wichtigsten Preise für freie Meinungsäußerung und mutiges Handeln in der Kirche.

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