Mit ihrem Energiepreis-Entlastungspaket will die Regierung mittelfristig die Unabhängigkeit von fossilen Energiequellen erhöhen. Folge ist unter anderem eine massive Elektrifizierung; auch nimmt der Sanierungsdruck im Gebäudebestand weiter zu. Was nach Ansicht der elektrohandwerklichen Organisation zu wenig berücksichtigt wurde, sind die Folgen der kurzfristigen Umsteuerungsmaßnahmen. Dazu zählt auch, dass der Fachkräftemangel dramatisch steigen wird.

Die elektrohandwerkliche Organisation begrüßt das Energiepreis-Entlastungspaket der Regierung, insbesondere aber die damit verbundenen Maßnahmen, die im Zuge des Umsteuerns auf Erneuerbare Energien eine massive Elektrifizierung zur Folge haben. So zeigt die Koalition zum Beispiel mit neuen Anforderungen an das Heizen mit Erneuerbaren Energien, dem Effizienzstandard 55 für Neubauten ab Anfang 2023 und der Wärmepumpeninitiative – wie vom Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) schon lange gefordert – dass sie die Energiewende nun konsequenter als bisher angehen will.

Umbau hat Konsequenzen

Gleichzeitig weist der ZVEH auf die Konsequenzen dieses, in letzter Zeit zur Gewohnheit gewordenen kurzfristigen Nachsteuerns hin. Der Verband fordert schon lange ein früheres und weitsichtigeres Agieren von der Politik. Dies beinhaltet nach Ansicht des Verbandes auch eine ehrliche Bestandsaufnahme der für den Klimaschutz notwendigen Maßnahmen. Die sich dadurch offenbarenden strukturellen Defizite gilt es, mit Entschlossenheit anzugehen!

Eine Herausforderung stellt dabei unter anderem die Sanierung des ohnehin veralteten Gebäudebestandes hierzulande dar. Denn durch die massiv zunehmende Nutzung von Strom in allen Sektoren werden die veralteten elektrischen Anlagen an ihre Grenzen stoßen. Der jetzt schon virulente Fachkräftemangel wird dramatisch zunehmen. Energie- und Rohstoff-Mangel, Materialengpässe und Lieferkettenprobleme, die voraussichtlich im Zuge des Ukraine-Krieges weiter zunehmen werden, sind Hürden, die sich nicht ohne weiteres durch Geld lösen lassen.

Es braucht dringend eine Fachkräfte-Studie

Um nicht noch mehr Zeit zu verlieren und Kosten zu vermeiden, die im Zuge des sich beschleunigenden Klimawandels und der Klimawandelanpassung auftreten können, fordert die elektrohandwerkliche Organisation die Regierung auf, schnellstmöglich Konzepte für wichtige Herausforderungen zu erarbeiten. Den größten Handlungsbedarf sieht die elektrohandwerkliche Organisation hier im Bereich der Fachkräfte. Dringend erforderlich wäre eine Studie, mithilfe derer der zukünftige Fachkräftebedarf konkret, auf Basis der wirklich notwendigen Klima-Maßnahmen, mit Zahlen hinterlegt und eine langfristige Strategie zum Personalaufbau entwickelt werden kann. Darüber hinaus appelliert der Verband an die Regierung, den Fachkräfteaufbau auch politisch mit Maßnahmen zu flankieren, so unter anderem – wie kürzlich bereits in einer Stellungnahme gefordert – durch eine Gleichstellung von akademischer und beruflicher Bildung sowie mit finanzieller Unterstützung der Transformationskosten in den Handwerksbranchen, die zu den Hauptleistungsträgern der Energiewende gehören.

„Die Energiewende lässt sich nur mit qualifizierten Fachkräften vollziehen. Die aber sind jetzt schon knapp. Das Problem ist längst bekannt, nun gilt es, schnell zu handeln“, fordert ZVEH-Präsident Lothar Hellmann: „Die Politik muss sich gemeinsam mit den beteiligten Verbänden und Organisationen zusammensetzen und verlässliche Zahlen definieren, auf deren Basis wir und unsere Betriebe planen können. Wir müssen gemeinsam Strategien entwickeln, wie wir dieser Herausforderung Herr werden können. Die Zeit drängt!“

Gebäudesanierung: Knackpunkt ist auch die Elektroanlage

Eine weitere Herausforderung stellt die im Energiepreis-Entlastungspaket definierte Sanierung des Gebäudebestandes dar. Schließlich herrscht hierzulande bekanntermaßen ein Sanierungsstau; die Sanierungsquote liegt seit Jahren unter dem Soll: Der Löwenanteil der Gebäude ist energetisch ineffizient.

Dabei ist es im Zuge eines nachhaltigen Gebäudeprogramms nicht nur notwendig, die Gebäudehülle zu sanieren. Der ZVEH weist schon seit vielen Jahren auf die Notwendigkeit hin, auch die Elektroanlagen im Bestand stärker ins Visier zu nehmen und in die Sanierungsprogramme aufzunehmen. Denn – obwohl als Knotenpunkt für die Sektorkopplung von enormer Bedeutung – ist die elektrische Anlage im überwiegenden Teil des Gebäudebestandes nicht energiewendefähig und auf die künftigen Herausforderungen einer vollelektrifizierten Gesellschaft ausgerichtet. „Allein, um diesen Sanierungsstau abzubauen“, warnt Alexander Neuhäuser, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des ZVEH, „bedarf es zusätzlicher Fachkräfte, die aktuell nicht bereitstehen. Wir dürfen daher keine Zeit mehr verlieren. Die Regierung muss endlich handeln!“

Produktivität steigern und Bürokratie abbauen

Um die elektrohandwerklichen Betriebe, die für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende unerlässlich sind, zu unterstützen und stärker zu entlasten, fordert die elektrohandwerkliche Organisation zudem einen deutlichen Bürokratieabbau. Zusammen mit der Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsprozessen/-verfahren kann eine Reduzierung der bürokratischen Lasten die Effizienz und Produktivität der kleinen und mittelständischen Handwerksunternehmen erhöhen und diese so weit entlasten, dass beispielsweise Kapazitäten für den Fachkräfteaufbau und zusätzliche Aufgaben frei werden.

Über Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH)

Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) vertritt die Interessen von 49.592 Unternehmen aus den drei Handwerken Elektrotechnik, Informationstechnik und Elektromaschinenbau. Mit 518.176 Beschäftigten, davon 45.284 Auszubildende, erwirtschaften die Unternehmen einen Jahresumsatz von 72,2 Milliarden Euro. Dem ZVEH als Bundesinnungsverband gehören zwölf Landesverbände mit 313 Innungen an.

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