Der Jahrestag des Kölner „Beschneidungsurteils“ wird am 7. Mai erneut als „Weltweiter Tag der Genitalen Selbstbestimmung“ (WWDOGA) gefeiert. Den Aufruf dieses internationalen Bündnisses unterstützen fast 80 Kinder-, Menschen- und Frauenrechtsorganisationen aus 15 Ländern und fünf Kontinenten.

In diesem Jahr widmet sich der 7. Mai schwerpunktmäßig dem zehnten Jahrestag des „Kölner Urteils“. Dieses hatte 2012 auch Jungen das Recht auf genitale Selbstbestimmung zugesprochen, indem es eine medizinisch nicht-indizierte Vorhautentfernung („Beschneidung“) eines Jungen als eine strafbare Körperverletzung bewertete. Inzwischen ist der 7. Mai längst weltweit zu einem Symbol für die Selbstbestimmungsrechte des Kindes unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion und Tradition geworden.

Am 7. Mai ist ab 09:00 Uhr ein Live-Stream mit zahlreichen Beiträgen geschaltet nach einem Sendeplan, u.a. mit

  • Dr. Volker Ullrich (CSU, MdB)
  • Max Lucks (Bündnis 90/Die Grünen, MdB)
  • Angela Schütze-Buchholz (Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, Vizepräsidentin)
  • Sarah Lahrkamp (SPD, Erste Vorsitzende der Kinderkommission des Deutschen Bundestages)
  • Prof. Dr. Godula Kosack (TERRE DES FEMMES e. V.)
  • Seyran Ateş (Ibn Rush-Goethe Moschee)
  • Prof. Dr. Reinhard Merkel, Dr. Michael Schmidt-Salomon

und Vertretungen von Organisationen aus der Schweiz, Österreich, Dänemark, Australien, den USA, Frankreich, Finnland und Großbritannien.
Auch die zentrale Kundgebung in Köln am 7. Mai um 12:00 Uhr auf dem Alter Markt wird live auf diesem Stream übertragen. Die Forderungen des WWDOGA lauten:

  • Einhaltung und Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention Art. 2 (Schutz vor Diskriminierung), Art. 3 (Vorrang des Kindeswohls) und Art. 24, Absatz 3 (Abschaffung schädlicher Bräuche)
  • Gesetzesinitiativen weltweit, die den Schutz aller Kinder unabhängig vom Geschlecht vor nicht-therapeutischen Genitaloperationen vorsehen
  • Schutz von Kindern mit atypischen körperlichen Geschlechtsmerkmalen vor medizinisch nicht notwendigen Genitaloperationen und weiteren Eingriffen
  • Sofortiger Stopp der Massenbeschneidungen von Jungen im Rahmen angeblicher HIV-Prävention in afrikanischen Ländern
  • Öffentliche Forschung und Aufklärung zu den Folgen von nicht-therapeutischen Genitaloperationen an Kindern in ihren unterschiedlichen Formen und sozialen Kontexten 

Angela Schütze-Buchholz, Vizepräsidentin des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) erläutert: „Eine medizinisch nicht notwendige Beschneidung ist mit Risiken verbunden, verursacht körperliche und seelische Schmerzen und kann Langzeitfolgen nach sich ziehen. Deshalb empfehlen die pädiatrischen Verbände in Deutschland, eine Beschneidung, die medizinisch nicht erforderlich ist, nur noch in einem Alter vorzunehmen, in dem die betroffene Person einwilligungsfähig ist. Schließlich steht jedem Kind das Recht auf körperliche Unversehrtheit und körperliche Selbstbestimmung zu. Diese Rechte gilt es zu wahren.“

Victor Schiering, Vorsitzender von MOGiS e.V. – Eine Stimme für Betroffene, stellt fest: „Das Kölner Urteil hat uns leidvoll Betroffenen eine Stimme gegeben und Mut gemacht, uns öffentlich zu äußern. Seit 10 Jahren entzieht sich der Gesetzgeber seiner Verantwortung dafür, dass Jungen jeden Tag in Deutschland mit voller politischer Billigung in ihrem Intimbereich verletzt und irreversibel verändert werden. Das muss sofort aufhören! Jedes Kind gehört gleich geschützt, und die Genitalien gehören nur dem Menschen selbst, und niemandem sonst.“

Ephraim Seidenberg, MOGiS e. V. – Eine Stimme für Betroffene, betont: „Wir Menschen jüdischer Herkunft brauchen besonderen Schutz, keine besonderen Rechte! Was mir im Namen der Tradition angetan wurde, war Unrecht und wie viele andere leide ich darunter. Nehmen wir es also nicht weiter hin! Über den Körper unserer Kinder eine solche Entscheidung zu treffen, schadet zuerst dem Kind und letztlich uns allen, da es für alle gültige Grundrechte verhandelbar macht. Wir geraten an den Rand der Gesellschaft, wenn wir die Verantwortung dafür ablehnen und diese von uns auch nicht eingefordert wird. Wir dürfen uns nicht der notwendigen Debatte um das Menschenrecht auf genitale Selbstbestimmung entziehen. Um Teil einer von gegenseitigem Respekt geprägten Vielfalt zu sein, sind unsere Handlungen im Guten wie im Schlechten ernst zu nehmen. Kinderschutz geht immer alle an!“

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