Deshalb haben die beschwerdeführenden Unternehmen sich nun mit einem ergänzenden Schriftsatz an das Bundesverfassungsgericht gewandt und werden dabei weiterhin von ihren Verbänden Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e.V. (VDAB), Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) und bpa Arbeitgeberverband unterstützt. Diese zweite Stellungnahme an das höchste deutsche Gericht beschreibt den realitätsfernen und chaotischen Umsetzungsprozess und vor allem die unzumutbaren Auswirkungen auf Pflegeunternehmen.
Dazu Stephan Baumann, Bundesvorsitzender des VDAB: „Die anzuwendenden gesetzlichen Regelungen und Richtlinien versetzen bisher nicht tarifgebundene Pflegeunternehmen in die Zwangslage, Tarifstrukturen verbindlich anzuwenden, die sie nicht kennen. Darüber hinaus sollen sie das sog. `regional übliche Entgeltniveau` auf Landesebene als verbindliche Lohnuntergrenze gegen sich gelten zu lassen, obwohl deren Datengrundlagen völlig intransparent und nicht valide ist. Das ist unzumutbar und entspricht keinem verantwortungsvollem Umgang mit Pflegeunternehmen.“
Der Gesetzgeber selbst weist in einem ergänzenden Gesetzentwurf darauf hin, dass „entgegen der gesetzlichen Verpflichtung“ ein Teil der an Tarifverträge oder an kirchliche Arbeitsrechtsregelungen „nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig alle angeforderten maßgeblichen Informationen gemeldet hat.“ Weiter heißt es in der Begründung zu dem Gesetzentwurf, dass „für die nicht tarif- oder kirchenarbeitsrechtlich gebundenen Pflegeinrichtungen der Zugang zu den Regelungen und Entgelttabellen von regional anwendbaren Tarifwerken und kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen zum Teil nur sehr eingeschränkt möglich ist.“
Die noch andauernden Bemühungen der Bundesregierung um Änderungen und Anpassungen des Gesetzes zeigen, dass sie sich der Notwendigkeit von Konsequenzen aus dem Daten- und Informationschaos bewusst ist. Bisher bleibt sie jedoch eine Lösung, wie beispielsweise eine Aussetzung oder Verschiebung der Tariftreueregelung, schuldig. Gleichzeitig wird die Front derer, die sich gegen das Gesetz in seiner derzeitigen Form wenden, immer größer. Leidtragende sind zwei Drittel der Pflegeeinrichtungen, die gezwungen werden sollen, auf Basis falscher Datengrundlagen und fehlender Informationen, weitreichende betriebswirtschaftliche Entscheidungen für betriebliche Strukturanpassungen zu treffen und darüber dann auch noch mit den Kassen im Schweinsgalopp Vergütungen zu verhandeln. Weigern sie sich, droht ihnen die Kündigung des Versorgungsvertrages und damit der Wegfall der Marktzulassung.
Dazu erklärt der Präsident des bpa Arbeitgeberverbandes Rainer Brüderle: „Offenkundig fehlt der Bundesregierung und der sie tragenden Koalitionsfraktionen die Kraft, eine sachlich begründete Entscheidung zu treffen. Das ist angesichts eines aus unserer Sicht ohnehin verfassungswidrigen Gesetzes nicht mehr hinnehmbar. Daher haben wir dem Bundesverfassungsgericht nicht nur die aktuellen Entwicklungen geschildert, sondern werden es auch bitten müssen, sich schneller mit der Verfassungsbeschwerde zu befassen.“
„Allein die Tatsache, dass sich der Bundestag erneut mit der längst beschlossenen Regelung zu Pflegegehältern in Tarifhöhe befasst hat, zeigt deutlich, wie groß das Chaos ist und wie dringend Nachbesserungen notwendig sind. Elementare Entscheidungsgrundlagen für die Pflegeeinrichtungen liegen schlicht nicht vor, und der Gesetzgeber selbst bemängelt die fehlenden, unvollständigen oder falschen Daten. Er verlangt aber, dass die Pflegeeinrichtungen bereits jetzt eine wirtschaftlich enorm wichtige Entscheidung praktisch im Blindflug treffen. Das geht nicht“, so bpa-Präsident Bernd Meurer.
Der VDAB ist einer der größten privaten Trägerverbände Deutschlands und vertritt bundesweit konsequent die Interessen der Unternehmen in der Privaten Professionellen Pflege.
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