Einst wurde sie mit 9 Plätzen als kleinste Rehaklinik gegründet. Heute, nach 25 Jahren, bietet die Betheler Klinik jährlich mehr als 350 Menschen mit einer Epilepsie Hilfen beim Wiedereinstieg in den Beruf.

„Hinter der Klinikgründung steckt die Einsicht, dass man mehr für die Menschen tun muss als sich nur um die medizinischen Belange zu kümmern. Denn die Epilepsie wirkt sich auf das ganze Leben aus. Manche Menschen müssen sich beruflich komplett umstellen“, sagt Dr. Birgitt Müffelmann, seit November 2021 leitende Ärztin der Rehaklinik am Epilepsiezentrum Bethel. Einer der Gründer, Dr. Ulrich Specht, erinnert sich: „Dem damaligen Leiter unserer sozialtherapeutischen Dienste am Krankenhaus Mara, Rupprecht Thorbecke, fiel auf, dass viele Patienten vorzeitig berentet wurden, obwohl sie nach der epilepsiechirurgischen Behandlung anfallsfrei waren.“ Die Idee für eine speziell auf Menschen mit Anfallserkrankungen zugeschnittene medizinische Rehabilitation war geboren. Doch Ende der 1990er Jahre waren viele bestehende Rehaeinrichtungen von Sparmaßnahmen bedroht – schlechte Bedingungen für die Gründung einer neuen Klinik. „Unser Glück war, dass unser Ansprechpartner bei der Westfälischen Rentenversicherung die Chancen eines solchen Angebots für die Patienten und seine Versicherung erkannt hat“, so Dr. Specht.

Der Erfolg gibt den Initiatoren recht: Konnten 1997 neun Rehabilitanden in der damals „kleinsten Rehaklinik der Welt“ gleichzeitig behandelt werden, sind es heute, in dem 2016 bezogenen Neubau, 35. Die Betheler Einrichtung hat sich zu einer überregionalen Institution entwickelt. Ein interdisziplinäres Team bestehend aus Ärztinnen und Ärzten, Pflegenden und Mitarbeitenden der Berufsgruppen Soziale Arbeit, Neuropsychologie, Psychotherapie sowie Ergo-, Physio- und Sporttherapie behandelt jährlich über 350 Menschen im Alter von 18 bis 65 Jahren. Sie kommen aus ganz Deutschland nach Bethel. Denn die Epilepsie ist eine der häufigeren neurologischen Erkrankungen und in etwa so verbreitet wie Typ-1-Diabetes: sieben von 1.000 Menschen sind betroffen.

In den 25 Jahren seit Gründung hat sich das Behandlungskonzept weiterentwickelt. Frau Dr. Müffelmann: „Wir nehmen heute die Begleiterkrankungen der Epilepsie wie Depressionen, Angststörungen und kognitive Beeinträchtigungen noch stärker in den Blick.“ Die Neurologin und ihr Team betonen, wie wichtig ein möglichst früher Beginn der Reha ist, um psychische Probleme oder Arbeitslosigkeit zu verhindern: „Die Rehabilitandinnen und Rehabilitanden profitieren schon nach dem ersten Anfall von einem Aufenthalt bei uns.“

Herzstück und Grundgedanke des Betheler Konzepts ist die Belastungserprobung. In einem Büro-Trainingsbereich mit Computerarbeitsplätzen bekommen die Teilnehmenden Aufgaben aus kaufmännischen Arbeitsbereichen. „Dadurch wollen wir feststellen, wie leistungsfähig die Patienten sind, ob sie sich zum Beispiel länger auf eine Aufgabe konzentrieren können“, erklärt Ingrid Coban, Leiterin der sozialtherapeutischen Dienste. Einzigartig am Betheler Konzept sind jedoch die betrieblichen Belastungserprobungen bei Unternehmen der Region. Frank Rademacher, Pflegerischer Leiter der Klinik, kümmert sich um den Kontakt zu den Firmen: „Unser Angebot ist eine Belastungserprobung unter realen Bedingungen, das hilft bei der beruflichen Neuorientierung.“

Ziel dieses und aller anderen Bausteine der Rehabilitation für Menschen mit Epilepsie ist, den Betroffenen Wege zu mehr sozialer Teilhabe aufzuzeigen. Frau Dr. Müffelmann: „Am Ende sollen die Rehabilitandinnen und Rehabilitanden sagen: Ich weiß jetzt, wie ich mit dieser Erkrankung ein erfülltes Leben führen kann.“

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