„Menschen Zeit schenken“ – das ist es, was Kristina O’Donoghue so befriedigend und erfüllend an ihrer Arbeit findet. Die Ärztin leitet das Ambulante Palliativteam am Klinikum Darmstadt. Gemeinsam mit Kolleg*innen aus dem ärztlichen und pflegerischen Bereich fährt sie zu schwerstkranken Patient*innen, um sie in der letzten Phase ihres Lebens Zuhause, im Pflegeheim oder Hospiz zu betreuen.

Zeit schenken ­- das kann sie auf zweierlei Weise. Sie und ihr Team schenken einerseits lebenswerte Lebenszeit, weil sie mit der richtigen Therapie Beschwerden erleichtern können, selbst wenn sich eine Krankheit nicht mehr zurückdrängen lässt. Aber sie haben auch Zeit für Gespräche und Zuwendung. „In der ambulanten Versorgung sind wir abgekoppelt vom Klinikalltag und wenn wir während eines Hausbesuches merken, dass ein großer Gesprächsbedarf besteht, dann können wir uns Zeit nehmen und bleiben.“

Dennoch: Zu ihrem Alltag gehört auch der Tod. Es geht eben nicht mehr ums Heilen. Eine Tatsache, die insbesondere junge Kolleg*innen vor diesem Fachbereich Abstand nehmen lässt. Noch während ihrer Studienzeit gab es das Fach Palliativmedizin nicht.  „Das hat sich glücklicherweise geändert.“ Kristina O’Donoghue selbst wollte eigentlich nach dem Studium Kardiologin werden, landete anfangs mehr durch Zufall in der Onkologie und Palliativmedizin. „Der Umgang mit den Patienten hier hat mich sehr geprägt. Mit einer Krebsdiagnose ändert sich der Blick auf das eigene Leben, die eigene Verletzlichkeit, damit geht jeder unterschiedlich um. Mir ist es wichtig, dass Menschen verstehen was mit ihnen passiert, damit sie ihr Leben gut gestalten können.“

Palliativmedizin vermittelt einen umfassenden Blickwinkel. Die Behandlung einer Krankheit steht nicht mehr im Vordergrund – sondern das Lindern von Leiden: Medizinisch durch Gabe von Medikamenten oder speziellen Behandlungen um Schmerzen oder Luftnot zu nehmen; palliativpflegerisch durch Anleitungen wie beispielsweise eine entlastende Lagerung oder gute Mundpflege. Auch soziale oder spirituelle Bedürfnisse sollen erfasst werden: Was braucht es an Hilfsmitteln, um zu Hause eine gute Versorgung zu ermöglichen? Welchen Ängsten und Nöten sind Angehörige und Patienten ausgesetzt? Welche Netzwerke kann man zur Unterstützung der Versorgung knüpfen?

„In unserer Arbeit bekommen wir sehr schnell positives Feedback. Der Tod ist in der Gesellschaft nicht mehr sehr verankert und viele sind dadurch sehr hilflos. Wir befähigen Angehörige selbstständig Dinge zu tun und zu helfen. Das ist sehr sinnstiftend“, sagt Kristina O’Donoghue.

Die „geschenkte Zeit“ als solche anzunehmen, sei für viele Patient*innen auch ein Prozess, bei dem das Team begleitet. „Insbesondere Krebspatient*innen sind es gewohnt, sehr durchgetaktet zu sein und viele Termine zu haben. Chemotherapie, Bestrahlung, ständige Blutkontrollen und vieles mehr. Wenn man aber merkt, dass eine Chance auf Heilung schwindet, jeder zusätzliche Weg Kräfte raubt und man die verbleibende Zeit besser nicht in Wartezimmern sitzt, sondern für sich nutzt, da fällt es vielen Menschen erst einmal schwer loszulassen und dies zu akzeptieren.“

Ein anderes Aufgabenfeld in der Palliativmedizin ist auch die Beratung in der letzten Lebensphase. Wenn Menschen z.B. auf Grund einer Demenzerkrankung nicht mehr in der Lage sind zu schlucken, stellt sich irgendwann die Frage nach künstlicher Ernährung. Oftmals ist es dann nicht mehr möglich den Willen der Betroffenen zu ermitteln. Kristina O’Donoghue ist als ambulante Ethikberaterin geschult, mit diesen schwierigen Fragestellungen umzugehen. „Wir beraten die Angehörigen und gehen auch den Weg mit ihnen, wenn man gemeinsam entscheidet, dass eine Weiterführung der Maßnahmen nicht dem Wunsch der oder des Betroffenen entsprochen hätte.“

Wichtig bei der Arbeit ist ein gutes Team: „Unsere Arbeit geht nicht ohne ein funktionierendes Team. Denn egal wie schwer ein Hausbesuch oder ein Gespräch war, man kann sich danach austauschen, Kraft schöpfen für den nächsten Besuch – und das ist unglaublich wichtig.“

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