Die Bayerische Staatsregierung hat den Juli 2022 zum "Monat des Flächensparens" ausgerufen. Zum Monatsende zieht der bayerische Naturschutzverband LBV eine negative Bilanz der Aktion und sieht noch großen Nachholbedarf angesichts des weiter zunehmenden Flächenfraßes im Freistaat. "Die Sonntagsreden aus München zerschellen seit Jahren an den Realitäten kommunaler Planungshoheit", kritisiert der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer. Aktuelles Negativbeispiel ist die geplante Rodung von vier Hektar Klimaschutzwald für ein neues Wohnbaugebiet in Nittenau im Landkreis Schwandorf. Der LBV fordert deshalb endlich konkrete Maßnahmen gegen den Flächenfraß, wie zum Beispiel einen Stopp von Staatswaldverkäufen.

Der Flächenfraß ist eines des drängendsten Naturschutzprobleme in Bayern. Täglich werden knapp zwölf Hektar Land "verbraucht". "Nach wie vor scheut sich die Landespolitik verbindliche gesetzliche Maßnahmen zum Flächensparen zu ergreifen. Statt einer Obergrenze von fünf Hektar täglich hat die Politik nur einen unverbindlichen Richtwert verabschiedet. Wenn es aber um die konkrete Umsetzung vor Ort geht, überlässt es die Landespolitik lieber der kommunalen Selbstverwaltung, wie ernst man es mit dem Flächensparen tatsächlich nimmt", sagt Norbert Schäffer.

So auch ganz aktuell in der oberpfälzischen Stadt Nittenau, in der bereits in der Vergangenheit große Waldflächen für Gewerbe- und Industriegebiete gerodet wurden. Ausgerechnet in dem Klimaschutzwald "Annahaid" soll nun ein vier Hektar großes Wohngebiet ausgewiesen werden. Dabei verfügt die Kommune bereits über 36 Hektar baureife Flächen in vorhandenen Siedlungen. Über fünf Hektar davon wären laut Begründung zum Bebauungsplan kurz- und mittelfristig verfügbar.

Der Aufstellungsbeschluss für das Neubaugebiet, das im Eigentum der Stadt Nittenau steht, wurde im November 2020 gefasst. Eine Erfassung baureifer Grundstücke im Stadtgebiet wurde jedoch erst 2021 durchgeführt, also nach der politischen Willenserklärung, in der Annahaid zu bauen. "Es kann nicht sein, dass ein gesunder Wald mit einem klimastabilen Eichennachwuchs gerodet wird, wenn offenkundig geeignetere Alternativen vorhanden sind. Es drängt sich hier die Frage auf, ob mit der nachträglichen Erhebung baureifer Flächen nicht eine Pseudo-Alternativenprüfung legitimiert werden soll", so Forstwissenschaftler Christoph Bauer, Leiter der LBV-Bezirksgeschäftsstelle Oberpfalz.

Die Planung widerspricht aus Sicht des LBV sämtlichen, politischen Willensbekundungen auf höchster Ebene. Vor genau einem Jahr hat Ministerpräsident Markus Söder in einer Regierungserklärung die enorme Bedeutung von Wäldern beim Kampf gegen den Klimawandel hervorgehoben. Der LBV fordert die Staatsregierung auf, endlich zu handeln und konkrete Schritte zum Flächensparen zu ergreifen, damit der Monat des Flächensparens nicht nur ein Werbegag bleibt. "Als Zeichen, dass es die Staatsregierung ernst mit dem Flächensparen meint, muss sie umgehend den Verkauf von Staatswäldern für Gewerbegebiete und Infrastrukturvorhaben stoppen. Es kann nicht sein, dass der Wald der Bürgerinnen und Bürger für noch mehr Flächenfraß verramscht wird," appelliert Norbert Schäffer. Der LBV fordert außerdem, die tägliche Neu-Inanspruchnahme von Flächen bis 2030 auf null zu reduzieren.

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1909 gegründet ist der LBV der älteste Naturschutzverband in Bayern und zählt aktuell über 110.000 Unterstützerinnen und Unterstützer. Der LBV setzt sich durch fachlich fundierte Natur- und Artenschutzprojekte sowie Umweltbildungsmaßnahmen für den Erhalt einer vielfältigen Natur und Vogelwelt im Freistaat ein. Mehr Infos: www.lbv.de/ueber-uns.

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