Mit der Fertigstellung der Rheintalbahn zwischen Karlsruhe und Basel ist erst im Zeitraum 2040-2045 zu rechnen. Bis dahin müssen funktionstüchtige Alternativ-Lösungen realisiert werden.

Der vertraglich vereinbarte Ausbau der Rheintalbahn als Element des NEAT-Konzepts schreitet langsam voran. Mit dem Upgrade auf Vierspurverkehr, auf 740 Meter Zuglänge und auf 2000 Tonnen Zuggewicht soll die Kapazität und die Leistungsfähigkeit der Strecke massgeblich erhöht werden.

Die Schweizer Bahnbranche begrüsst die Infrastrukturausbauten ausdrücklich und erwartet eine zügige Umsetzung, denn sie tragen entscheidend zur Erreichung der Verlagerungs- und Klimaziele bei.

Die gegenwärtigen Kapazitätsengpässe hingegen verschärfen sich zusehends und stellen eine besorgniserregende Konstante dar. Baustellen, technische Störungen und unzureichende Umleiterstrecken belasten den Betrieb in einem derartigen Ausmass, dass ein regulärer Güterverkehrsbetrieb kaum mehr möglich ist, wie auch kürzlich anlässlich der Veranstaltung „Fünf Jahre Rastatt-Havarie: Weiter nichts gelernt?“ (NEE, Link) hervorgehoben wurde. Dies hat gravierende Folgen für die Versorgung und für die Verkehrsverlagerung. Bereits heute zeigt sich bei Verladern die Tendenz zur Rückverlagerung auf die Strasse, insbesondere bei zeitsensiblen Gütern.

Die Schweizer Bahnbranche fordert daher gezielte Massnahmen zur Absicherung der Kapazität und zur Stabilisierung des Betriebs. Im Fokus steht insbesondere die linksrheinische Bahnlinie via Frankreich. Dank der Streckenführung im Flachland und guten Voraussetzungen hinsichtlich des Streckenprofils stellt sie eine ideale Ergänzung und Alternative zur rechtsrheinischen Rheintalbahn via Deutschland dar. So zeigte sich bereits während der Rastattsperre in 2017, dass die Elsassstrecke durch die Schnell-Kodifizierung des nördlichen Streckenastes Lauterbourg-Strasbourg und die technische Prüfung des Südastes Strasbourg-Basel für das Lichtraumprofil P400 nutzbar ist. Auch die Ertüchtigung der Gäubahn zwischen Stuttgart und Singen bietet Entlastung.

Massnahme Nr. 1 – Rasche Ertüchtigung der Strecke Wörth-Lauterbourg-Strasbourg
Der Ausbau der linksrheinischen Nord-Süd-Achse ist gegenwärtig eine der wichtigsten Voraussetzungen für die stabile Nutzung der NEAT und für die weitere Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs in Erwartung des Vollausbaus der rechtsrheinischen Strecke.
Das Schweizer Parlament hat mit der Motion 20.3003 zum Abschluss eines Staatsvertrags zum Ausbau der linksrheinischen Strecke und mit der Motion 22.3000 zur Finanzierung der Elektrifizierung des Streckenabschnitts Wörth-Strasbourg den Weg für die aktive Beteiligung der Schweiz am Ausbau des Nord-Süd-Korridors auch auf französischer Seite geebnet. So soll eine Parallelführung entstehen, die dem Baustellenchaos ein Ende bereitet und sowohl den Transit-, als auch den für die Schweizer Wirtschaft wichtigen Import- und Exportverkehr sicherstellt.

Die Schweizer Behörden sollten nun die Verhandlungen mit den Nachbarstaaten vorantreiben, um eine möglichst baldige Elektrifizierung und Ertüchtigung der Strecke Wörth-Strasbourg als Alternativroute zu erreichen. Mit relativ geringen Mitteln lässt sich innerhalb weniger Jahre eine zusätzliche Kapazität von 60 Güterverkehrstrassen pro Tag realisieren.

Massnahme Nr. 2 – Zugang zu Umleiterstrecken via Frankreich erleichtern
Auf der Rheintalbahn sind weitere umfangreiche Bauarbeiten geplant, beispielsweise im Sommer 2024 mit einer vierwöchigen Totalsperre. Die linksrheinische Umleitungsstrecke via Frankreich ist zwar befahrbar, jedoch nur mit unverhältnismässig hohem betrieblichem Aufwand und nur für eine geringe Anzahl an Zügen pro Tag. Um eine erneute Kapazitätskrise abzuwenden, muss der Zugang zu den Umleiterstrecken erleichtert werden. So sollten temporäre Lösungen gefunden werden, damit deutschsprachige Lokführer via Frankreich fahren können, beispielsweise durch die Einrichtung einer deutsch-französischen Kommunikation mit Sprach-Apps oder durch zweisprachiges Personal in den Leitstellen. Auch die Verfahren zur Erlangung der erforderlichen Streckenkenntnis sollten temporär vereinfacht werden.

Von zentraler Bedeutung ist zudem ein international koordiniertes Trassenmanagement auf der linksrheinischen Strecke. Die beteiligten Infrastrukturbetreiber in Deutschland, Frankreich und der Schweiz sollten einen gemeinsamen durchgehenden Trassenkatalog erstellen, um eine möglichst hohe Anzahl von Güterzügen stabil und flüssig durch dieses Nadelöhr zu leiten. Bereits durch die einfache Aufhebung der nächtlichen Fahrbeschränkung kann die Kapazität spürbar erhöht werden.

Massnahme Nr. 3 – Korridorsanierung Deutschland: erst Umleiter sichern, dann bauen
Der Schienengüterverkehr muss kontinuierlich auf den grossen internationalen Achsen rollen können. Daher müssen Infrastrukturbetreiber vor Sperrungen für Baufreiheit, störungsfreie Anlagen und für die notwendige Ausstattung (Oberleitung, Zuglänge, Abstellflächen, etc.) für die volle Menge von Zügen auf den für die Umleitung vorgesehenen Strecken sorgen. Es ist im Interesse der Schweiz, dass die in Deutschland angekündigte Generalsanierung von hochbelasteten Schienenkorridoren von Anfang an die Erstellung von leistungsfähigen Umleitungskonzepten vorsieht. Erst müssen Umleitungsstrecken betrieblich und infrastrukturell ertüchtigt werden, dann kann mit einer umfassenden Streckensanierung begonnen werden.

Massnahme Nr. 4 – Infrastrukturbetreiber des Korridors Rhein-Alpen an einen Tisch
Die Herausforderungen im Güterverkehr auf dem Korridor Rhein-Alpen meistern wir nur durch internationale Zusammenarbeit. Die kommenden Jahre intensiver Bautätigkeit sind entscheidend, um die bisherigen Erfolge der Verkehrsverlagerung nicht zu gefährden. Wir schlagen die Einrichtung eines internationalen Arbeitsgremiums der Infrastrukturbetreiber des Korridors unter Einbezug der Verkehrsministerien vor. Ziel ist eine aktive Koordination der Anforderungen des Infrastrukturausbaus einerseits und eines marktfähigen Verkehrsangebots andererseits. Die Schweiz als zentrales Transitland im Korridor Rhein-Alpen ist prädestiniert für eine treibende Rolle bei der Umsetzung der genannten Massnahmen. So stellen wir gemeinsam sicher, dass die NEAT die Erwartungen erfüllt und die Verlagerungen von der Strasse auf die Schiene kontinuierlich fortschreiten kann. 

Profil VAP

Der VAP fördert seit 1912 den Schienengüterverkehr. Mit einer aktiven Verkehrspolitik setzt er sich dafür ein, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, die Schieneninfrastruktur und die Logistikstandorte so zu optimieren, dass die Schiene als Teil der multimodalen Logistikwelt auch in Zukunft eine lohnende Verbindung bleibt. Im Interesse der Umwelt sowie des Lebens- und Wirtschaftsraums Schweiz.

Der VAP vertritt rund 300 Unternehmen der verladenden Wirtschaft und Logistik aus der Schweiz und dem angrenzenden Ausland. Diese betreiben 850 Anschlussgleise und Terminals, Umschlagseinrichtungen, Traktionsmittel und 45.000 private Güterwagen. Mit seiner praxisorientierten Verbands- und Beratungstätigkeit hilft der VAP den Verladern und der Logistikbranche zudem, den Aufwand für den Gütertransport auf der Schiene zu minimieren.

Profil BLS Cargo

BLS Cargo ist als Korridoranbieterin für Schienentransportleistungen auf der Nord-Süd-Achse von der Nordsee bis zum Mittelmeer tätig. Die Kernangebote sind Transitzüge im unbegleiteten kombinierten Verkehr, Wagenladungsverkehr und der rollenden Autobahn. Zudem bieten wir in der Schweiz Ganzzugsleistungen im Binnen-, Import- und Exportverkehr an und bedienen ab Belgien weitere Korridore. Die BLS Cargo Gruppe beschäftigt rund 400 Mitarbeitende in den Ländern Schweiz, Italien, Deutschland, Belgien.

Profil SBB Cargo International

SBB Cargo International fährt wöchentlich über 700 Güterzüge von den europäischen Nordseehäfen zu den wichtigsten Wirtschaftsknotenpunkten Italiens durch die Schweizer Alpen. Als Marktführer auf der Nord-Süd-Achse leistet das Tochterunternehmen der SBB somit einen wesentlichen Beitrag zur Schweizerischen Verlagerungspolitik. SBB Cargo International erbringt durchgängige Ganzzugsleistungen und transportiert Konsumgüter, Mineralöl, Nahrungsmittel sowie chemische Produkte. Zu seinen Kunden gehören Operateure und Bahnspediteure aus Belgien, den Niederlanden, Deutschland, der Schweiz und Italien. SBB Cargo International beschäftigt über 1000 Mitarbeitende.

Über Hupac Intermodal SA

Hupac ist der führende Netzwerkbetreiber im intermodalen Verkehr Europas. Das Angebot umfasst 160 Züge täglich mit Verbindungen zwischen den grossen europäischen Wirtschaftsräumen und bis nach Russland und China. Die Hupac AG wurde 1967 in Chiasso/Schweiz gegründet. Die Gruppe besteht aus 23 Unternehmen mit Standorten in der Schweiz, in Italien, Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Polen, Russland und China. Hupac beschäftigt 630 Mitarbeitende auf Vollzeitbasis, verfügt über 8.100 Wagenmodule und betreibt effiziente Terminals an wichtigen europäischen Standorten.

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