Wer diesen Artikel nicht im Stehen liest, hat unmittelbar einen Alltagsbezug zu PUR-Schäumen, denn aus ihnen werden die meisten Polster in Möbeln und Matratzen hergestellt. Aber auch in der Bau- und Automobilindustrie spielen PUR-Schäume eine wichtige Rolle. PUR ist die gängige Abkürzung für Polyurethan, ein chemisches Produkt, das industriell bisher auf Erdölbasis, also unter Einsatz fossiler Rohstoffe, hergestellt wird. Lange vor dem Ukraine-Krieg und der damit verbundenen Erhöhung der Rohstoffpreise hat die Chemische Industrie die Notwendigkeit erkannt, auf eine biobasierte Produktion umzustellen. Das von der Europäischen Union mit insgesamt 14,6 Millionen € geförderte Projekt BIOMAT leistet dazu einen Beitrag. "Die Projetpartner aus acht Nationen richten mehrere Pilotanlagen ein, mit denen der einschlägigen Industrie der Zugang zur Pilotproduktion zu einem wettbewerbsfähigen Preis erleichtert wird. Außerdem bietet das Konsortium die für den Transfer benötigten Dienstleistungen an.", erklärt Prof. PhD Sergiy Grishchuk, der Leiter des Projekts an der Hochschule Kaiserslautern. Eine dieser Pilotanlagen steht seit Juli am Campus Pirmasens. Die ersten PUR-Schäume mit einem biobasierten Anteil von bis zu 70 Prozent wurden damit bereits erfolgreich hergestellt.

Das Messeexponat, für das sich das Team um Grishchuk entschieden hat, ist ein Miniatursofa. Entwickelt und hergestellt hat es Laura Riehm, Doktorandin im Projekt BIOMAT. Sie betreut den Messestand mit und berichtet: "Wir stellen hier auf der Messe auch ein sehr großes Interesse an unserem Master-Studiengang Angewandte Polymerchemie fest. Die Studierenden erhalten dort über die vertieften Kenntnisse zur Polymerchemie hinaus vor allem Kompetenzen in den Zukunftsthemen Biotechnologie, Nachwachsende Rohstoffe und Nachhaltigkeitsanalyse. Durch diesen Themenmix sind unsere Absolvierenden für die Industrie richtig interessant." Mit einer Sechs müssen sich die Studierenden hier übrigens fast nie setzen. Sowohl im Master- als auch im vorgeschalteten BachelorStudiengang Angewandte Chemie sind die Studierenden meistens sehr erfolgreich. Dies ermöglichen vor allem die praxisnahe Lehre und das sehr gute Betreuungsverhältnis an dem familiären Campus.

Auch das EU-Projekt Waste2BioComp, das das Team um Projektleiter Prof. Dr. Gregor Grun vorstellt, dreht sich rund um die nachhaltige, biobasierte Produktion in der Chemischen Industrie. Das Projekt wird mit 5,9 Millionen € gefördert. Der Anteil der Hochschule alleine liegt bei knapp 1 Million Euro. Prof. Dr. rer. nat. Jörg Sebastian ist in dem Projekt für die Nachhaltigkeitsanalyse zuständig. Er erklärt: "Neben der Entwicklung nachhaltiger Produkte und der Nachhaltigkeitsanalyse des gesamten Prozesses binden wir in diesem Projekt die biotechnologischen Kompetenzen an unserem eigenen Campus in Pirmasens stärker ein. Wir erzielen eine deutlich höhere Nachhaltigkeit unserer Produkte, indem wir Polyhydroxyalkanoate, sogenannte PHA, nicht nur chemisch herstellen, sondern auch biotechnologisch mithilfe bestimmter Bakterien." Im Projekt werden die PHA dann genutzt, um gemeinsam mit einem Industriepartner biobasierte Schuhsohlen herzustellen. Darüber hinaus können PHA beispielsweise für die Herstellung von Verpackungsmaterialien oder auch biobasierten medizinischen Masken eingesetzt werden.

Auf der nächsten Fachmesse hat das Team um die Chemie-Professoren übrigens noch mehr zu berichten: Das Projekt r-LightBioCom wurde Anfang August von der EU genehmigt und wird mit knapp 5 Millionen Euro gefördert. Das Projektziel ist es, den Leichtbau nachhaltiger, biobasiert und recycelbar zu gestalten und die Anwendung für verschiedene Branchen interessant zu machen.

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