Der AOK-Verwaltungsrat der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland kritisiert erneut die wesentlichen Regelungen im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) scharf. Die soziale Selbstverwaltung ist von dem nun vorgelegten Kabinettsentwurf zu einem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz insgesamt enttäuscht und hält die geplanten Regelungsinhalte für ungeeignet. Die AOK fordert von der Bundespolitik, die Finanzstabilität der GKV dringend nachhaltig zu sichern und zugleich eine verlässliche Finanzpolitik für Versicherte und Arbeitgeber zu bieten.

„Der Gesetzesentwurf enthält keinerlei Maßnahmen für eine kurz- oder langfristige Stabilisierung der Finanzen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Beiträge werden erhöht, Rücklagen eingezogen und Schulden gemacht. Es handelt sich um ein kurzatmiges Einjahres-Gesetz, das kein strukturelles Problem löst“, sagt Dietmar Muscheid, alternierender Verwaltungsratsvorsitzender der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland. Dazu gehört insbesondere, dass der Staat auch weiterhin bei der Finanzierung der gesundheitlichen Versorgung von ALG-II-Empfangenden seiner sozialen Kernaufgaben nicht nachkommt. Denn im staatlichen Auftrag organisiert und bezahlt die GKV die gesundheitliche Versorgung der ALG-II-Empfangenden, erhält jedoch pro Jahr zehn Milliarden Euro weniger aus Steuermitteln, als sie aufwendet. Daher ist weiterhin die Frage, wann die im Koalitionsvertrag verabredete auskömmliche Finanzierung der ALG II-Beiträge endlich realisiert wird.

Ein nun vorgesehener kleiner Extra-Bundeszuschuss in Verbindung mit einem Bundesdarlehen und geplante Beitragserhöhungen um 0,3 Prozentpunkte sind de facto keine solide und nachhaltige Finanzierung der gesundheitlichen Versorgung der Versicherten. Dringend ist ein Maßnahmenmix erforderlich: Auf der Einnahmenseite brauchen wir schnellstmöglich eine Einigung darüber, in welcher Form und in welcher Höhe sich der Bund stärker an den Kosten beteiligt, für die er Verantwortung trägt. Auf der Ausgabenseite gibt es ebenfalls viele wirksame Hebel, insbesondere die Mehrwertsteuer für Arzneimittel. Hier müsse die Absenkung auf den ermäßigten Mehrwertsteuersatz angegangen werden. Denn es ist nicht nachvollziehbar, wieso die Solidargemeinschaft nach wie vor den vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf Arzneimittel entrichten muss.

Die Bundesregierung sorgt für kontinuierlich steigende Mehrkosten und damit für eine Defizitprognose des Gesundheitsfonds (bei jetzigem GKV-durchschnittlichem Zusatzbeitragssatz von 1,3 Prozent) von mindestens 17 Milliarden Euro für 2023. So machen die erheblichen Ausgabensteigerungen Sorgen, die durch die Bundesgesetzgebung bereits vor der Pandemie verursacht wurden. Hinzu kommt insbesondere, dass die AOK an Rhein, Saar, Nahe und Mosel durch die Vermögensabgabe nach dem Gesetz zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Pflege im Jahr 2021 auf einen Schlag Rücklagen verliert. Diese Mittel stehen somit weder für den Ausbau der hochwertigen Gesundheitsversorgung noch als Reserve für gesundheitliche Notlagen zur Verfügung. Dabei ist nun in Berlin das erneute zwangsweise Herunterfahren der Reserven der Krankenkassen im Gesetzesentwurf für die zukünftige Kassenfinanzierung festgehalten.

„Diesen Eingriff in die Finanzhoheit der Krankenkassen kritisieren wir scharf. Denn durch den abermaligen Rückgriff auf die verbliebenen Reserven drängt man die Kassen an die viel zu geringe Rücklagenuntergrenze von 0,2 Monatsausgaben. Bereits eine etwas negativere Ausgabenentwicklung oder Sonderfälle wie die Corona-Pandemie führen sofort zur Unterschreitung dieser Mindestrücklage“, erläutert Dr. Bernd Vogler, alternierender Verwaltungsratsvorsitzender der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland. Schließlich übergeht auch dieser Gesetzesentwurf abermals die Entscheidungskompetenzen der von den Sozialpartnern getragenen Sozialen Selbstverwaltung. Der Rücklagenzugriff verstößt gegen verfassungsrechtliche Vorgaben, indem er die organisatorische und finanzielle Selbstständigkeit der Krankenkassen als öffentliche Körperschaften verletzt.

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