„Die Situation ist sehr ernst.“ Mit diesen klaren Worten kommentiert Klaus Hofmann, Präsident der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald, die aktuelle Lage vieler Handwerksbetriebe im Kammergebiet. Der hohe Energiepreis führe neben zahlreichen weiteren Belastungen an existenzielle Grenzen. „Es geht längst nicht mehr nur um Befürchtungen und Was-wäre-wenn-Szenarien. Die Krise ist auch kein abstraktes Wort, sie ist da und klopft gerade bei den energieintensiven Unternehmen des Handwerks unüberhörbar an die Tür. Die Politik darf in diesem Moment nicht abwarten und schauen, wie lange wer durchhält. Wir brauchen Maßnahmen, die jetzt greifen, unbürokratisch und sofort zugänglich sind“, sagt Klaus Hofmann.

Zwar sei das Energiekostendämpfungsprogramm der Bundesregierung nun auch für energieintensive Handwerksbetriebe geöffnet worden – entgegen der ursprünglichen Pläne, es nur für energieintensive Unternehmen aufzulegen, die im internationalen Wettbewerb stehen. „Das ist ein gutes Signal. Allerdings reicht eine Ankündigung für eine künftige Berücksichtigung nicht aus. Es kommt darauf an, dass die Härtefallhilfe schnell greift. Insbesondere die betroffenen Betriebe müssen sie noch in diesem Jahr, besser: sofort, nutzen können“, sagt der Handwerkskammerpräsident. „Darüber hinaus brauchen wir grundsätzlich eine Energiepreisbremse für kleinere und mittlere Unternehmen, um die Kosten abzufedern. Die existenzielle Herausforderung spitzt sich für viele unserer Betriebe im Kammergebiet rapide zu. Das muss in der Politik verstanden und schnellstens in entsprechende Unterstützungs- und Entlastungspakete umgesetzt werden.“

Dass die zusätzliche Belastung durch ungebremste Energiekostensteigerungen gerade auch die treffe, die ohnehin schon einen schwierigen Stand haben, beobachtet Klaus Hofmann mit großer Sorge. So sei beispielhaft das Nahrungsmittelhandwerk seit längerem schwer zu bewältigender Aufgaben ausgesetzt. Ein Blick in die Statistik verdeutlicht einen markanten Rückgang beispielsweise beim Bäckerhandwerk im Kammergebiet. Von 2006 bis zum 30.06.2022 ist die Zahl der Bäckerbetriebe insgesamt um 43,5 Prozent gesunken. Im Rhein-Neckar-Kreis hat sich der Bestand mit minus 49,1 Prozent fast halbiert. Nicht viel besser sieht es in der Stadt Heidelberg mit minus 45 Prozent in diesem Zeitraum aus. In Mannheim ist das Bäckerhandwerk noch am stabilsten, wobei auch hier ein deutlicher Rückgang von 27,6 Prozent seit 2006 zu verkraften ist.

Während andere Gewerke wie beispielsweise Elektrotechniker (+ 4 Prozent), Maurer und Betonbauer (+ 4 %), Installateure und Heizungsbauer (+ 2 %) oder Zimmerer (+ 2 %) im gleichen Zeitraum gesund wuchsen und für die Stabilität des Handwerks selbst in Krisenzeiten sprechen, kämpfte das traditionelle Lebensmittelhandwerk mit der Konkurrenz durch Discounter, währenddessen Preissteigerungen bei Rohstoffen nebst Lieferengpässen beispielsweise beim Getreide durch den Krieg in der Ukraine und Lohnvorgaben die Produktionskosten in die Höhe trieben. Ab dem 1. Oktober steigt der gesetzliche Mindestlohn weiter auf 12 Euro. „Wenn nun auch noch Energiekosten in unkalkulierbaren Höhen hinzukommen, ist dies für viele nicht mehr verkraftbar“, so Präsident Klaus Hofmann. Auch das Fleischerhandwerk im Kammergebiet leidet. Mit Stand zum 31. Juni 2022 ist der Bestand gegenüber 2006 um 30,4 Prozent zurückgegangen. Die Stadtkreise Mannheim und Heidelberg sowie der Neckar-Odenwald-Kreis waren mit jeweils rund minus 35 Prozent am stärksten betroffen. Im Rhein-Neckar-Kreis ging der Bestand an Fleischern um ein Viertel zurück.

„Wir sprechen hier von Handwerken, die Grundbedürfnisse sichern“, sagt Klaus Hofmann. „Es geht nicht um Luxusgüter, sondern um Produkte des täglichen Lebens, um die Grundversorgung. An der Systemrelevanz der Betriebe besteht meines Erachtens kein Zweifel. Und genau so sollten sie von der Politik auch behandelt werden.“ Der Kammerpräsident verweist zudem auf die Wichtigkeit des Handwerks als regionale Wirtschaftsgröße, als Arbeitgeber und Ausbilder. „Wir können es uns weder wirtschaftlich noch gesellschaftlich noch politisch leisten, dass Betriebe, die die Basis der Versorgung vor Ort darstellen, zugrunde gehen“, appelliert Klaus Hofmann. Gerade angesichts der düsteren Prognosen eines „heißen“ Herbstes und von Politikern formulierten Sorgen um den sozialen Frieden gehe es darum, eine gewachsene Wirtschaftsstruktur in ihren Grundfesten zu sichern, wozu gerade auch das Handwerk gehöre. „Wenn darauf hingewiesen wird, dass Brötchen beim Discounter billiger sind, klingt das wie Hohn für jeden Bäckermeister, der sein Brot nach höchsten Qualitätsstandards erzeugt – noch umso mehr, wenn Unterstützungen ungleich verteilt und der kleinen Bäckerei womöglich ganz vorenthalten werden“, sagt der Handwerkskammerpräsident. „Wir alle tun gut daran, die Leistung des Traditionshandwerks hoch zu schätzen und Wertigkeit anzuerkennen. Gute Backkunst ist ein deutsches Kulturgut und nachhaltig, weil aus der Region.“

Wenn die Energiekosten früher etwa vier Prozent vom Nettoumsatz eines durchschnittlichen Bäckerbetriebes ausmachten, dann kämen sie heute auf etwa 30 Prozent – Tendenz steigend. „Schon vor dieser Energieteuerung lagen die Gewinnmargen meist nur im einstelligen Bereich. Bäcker rutschen jetzt also ins Minus. Sie können die Preissteigerungen auch nicht an ihre Kunden weitergeben. Brot muss bezahlbar bleiben“, unterstreicht Klaus Hofmann. Gerade jetzt, wo die Bevölkerung durch die Inflation äußerst preissensibel sei und auf jeden Cent achten müsse, treffe es das Nahrungsmittelhandwerk umso mehr, wenn es weniger verkaufe. „Es handelt sich nicht nur um eine Krise einzelner Handwerkszweige, sondern es droht eine Krise für das gesamte verarbeitende Handwerk“. Selbst der gesündeste Betrieb könne die aktuellen Mehrkosten bei Energie und Rohstoffen nicht dauerhaft verkraften, zumal Miete, Darlehen für Geräte und Personalkosten weiterliefen. „Dem Staat kommt es nicht günstiger, wenn unser Land eine Flut von Betriebsaufgaben und die damit einhergehende steigende Arbeitslosigkeit stemmen muss“, bilanziert der Handwerkskammerpräsident. Das Institut für Wirtschaftsforschung habe mit den neuen Zahlen vom August bereits jetzt eine spürbare Zunahme der Zahl von Firmenpleiten vermeldet. Demnach stieg diese bundesweit um 26 Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres. „Die Zeit ist aktuell für alle schwierig – für jeden einzelnen Bürger und für die Wirtschaft, ob Großindustrie oder Handwerk. Es braucht jetzt Handlungsstrategien, bei denen niemand auf der Strecke bleibt und alle gemeinsam durch diese harte Phase bringen. Daran wird sich die Politik messen lassen müssen“, bilanziert Klaus Hofmann. Und abschließend: „Solidarisches Handeln ist jetzt wichtiger denn je".

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