Die Technologie, die einer künstlichen Bauchspeicheldrüse (artifizielles Pankreas) heute am nächsten kommt, sind Systeme zur automatisierten Insulin-Dosierung (AID-Systeme). Solche Systeme bestehen aus einem System zur kontinuierlichen Glukosemessung, einer Insulinpumpe und einem Algorithmus, der die beiden Geräte verbindet. Der Algorithmus gibt auf der Grundlage der gemessenen Gewebezuckerwerte, der aufgenommenen Kohlenhydrat-Mengen und der geplanten Bewegung automatisch die passenden Insulin-Mengen ab. Eine Heilung ist das nicht, denn auch ein Automatismus kann nicht alles berücksichtigen, was im menschlichen Körper passiert. Dennoch können AID-Systeme die Glukosewerte besser stabilisieren als bisher verfügbare Therapien und Menschen mit Diabetes das Management ihrer Stoffwechsel-Störung erleichtern.
Von AID-Systemen können viele Menschen mit Diabetes profitieren
Fragt man Ärztinnen und Ärzte, wie viele Menschen mit Diabetes aus ihrer Sicht von einem AID-System profitieren würden – wie für den D.U.T-Report 2022 geschehen –, ergeben sich für Menschen mit Typ-1-Diabetes hohe Prozentzahlen. Laut Umfrage sind die Ärztinnen und Ärzte der Meinung, dass AID-Systeme für 79,0 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes geeignet seien. Bei den Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes sind es 71,3 Prozent und für 70,7 Prozent der Schwangeren halten sie AID-Systeme für indiziert. Auch für Menschen mit Typ-2-Diabetes werden solche automatisierten Systeme nicht ausgeschlossen: Eine Indikation sehen die Befragten für 31,6 Prozent derjenigen mit einer intensivierten Insulintherapie (ICT) und für 11,1 Prozent mit einer anderen Form der Insulintherapie wie einer basalunterstützten Insulintherapie (BOT), einer supplementären Insulintherapie (SIT) und einer konventionellen Insulintherapie (CT). Ob die Kosten für die AID-Systeme für die einzelnen Patientengruppen von den Krankenkassen übernommen werden, spielte für die Antwort in Bezug auf die grundsätzliche Indikation keine Rolle – es ging nur um die medizinische Bewertung.
AID-Systeme werden in der Realität bisher selten eingesetzt
Die Realität sieht bisher ganz anders aus, wie die Umfrage-Ergebnisse zeigen: Pro Praxis setzen im Durchschnitt 4,5 Prozent der Menschen mit Typ-1-Diabetes ein kommerziell verfügbares AID-System ein und 1,2 Prozent ein selbst gebautes (do it yourself, DIY). Menschen mit Typ-2-Diabetes werden aktuell nahezu nicht mit AID-Systemen versorgt: Im Durchschnitt geben die Ärztinnen und Ärzte einen Prozentsatz 0,1 Prozent für kommerziell verfügbare und für DIY-AID-Systeme an. Gefragt nach den wichtigsten Themenfeldern der Digitalisierung, standen bei der aktuellen Umfrage der Ärztinnen und Ärzte und auch der Menschen mit Diabetes bzw. der Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes die AID-Systeme auf Rang 1. Fragt man Menschen mit Diabetes oder Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes, erwarten diese durch AID-Systeme eine größere Selbstständigkeit im Diabetes-Management.
Fazit: AID-Systeme halten diabetologisch erfahrene Ärztinnen und Ärzte für viele Menschen mit Diabetes für indiziert – häufiger für Menschen mit Typ-1- als mit Typ-2-Diabetes. Aktuell verwenden aber deutlich weniger Menschen ein AID-System, sei es kommerziell verfügbar oder DIY.
AID-Systeme im Alltag der Diabetes-Schwerpunktpraxen
Intensiv mit AID-Systemen befassen sich auch Dr. Andreas Lueg, Hameln, und Dr. Nikolaus Scheper, Marl, in ihrem Beitrag im D.U.T-Report 2022. Für die beiden niedergelassenen Diabetologen ist klar: „Der fortschreitende technische Fortschritt bei den AID-Systemen erfordert schon jetzt eine intensive Fortbildung aller Praxismitarbeitenden.“ Denn AID-Systeme sind nicht selbsterklärend und komplex in der Anwendung. Das bedeutet: „Patientinnen und Patienten, die mit AID-Systemen behandelt werden sollen, müssen intensiv geschult werden.“ Was dies alles für die zukünftige Versorgungslandschaft für Patienten mit AID-Systemen bedeutet, beantworten die beiden Autoren des D.U.T-Reports in ihrem Artikel, den Sie in voller Länge hier lesen können.
Die Umfrage
Zum vierten Mal nach 2018, 2019 und 2020 zeigt eine wissenschaftlich geleitete Umfrage, inwieweit digitale Anwendungen in Deutschland schon in der klinischen Praxis genutzt werden und wie Diabetologen gegenüber der Digitalisierung eingestellt sind. In diesem Jahr haben 305 Ärztinnen und Ärzte teilgenommen, die diabetologisch tätig sind. Durchgeführt wurde die Befragung vom Forschungsinstitut der Diabetes Akademie Bad Mergentheim (FIDAM) in Zusammenarbeit mit dem zukunftsboard digitalisierung der Berlin-Chemie AG und mit Unterstützung des Bundesverbandes Niedergelassener Diabetologen (BVND), des Verbandes der niedergelassenen Diabetologen Niedersachsens (VNDN), des Bundesverbandes Klinischer Diabetes-Einrichtungen (BVKD) und des Wissenschaftlichen Instituts der niedergelassenen Diabetologen (winDiab).
2021 wurden zudem Menschen mit Diabetes bzw. Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes nach ihrer Sicht auf neue Technologien und die digitalen Möglichkeiten der Diabetestherapie gefragt. 2417 Menschen mit Diabetes bzw. Eltern haben an der Umfrage teilgenommen – davon sind 57,8 Prozent Menschen mit Typ-1-Diabetes, 20,7 Prozent Menschen mit Typ-2-Diabetes und 19,0 Prozent Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes. 2,5 Prozent der Befragten gaben an, einen „sonstigen Diabetes-Typ“ zu haben. Zur Befragung eingeladen wurden Menschen mit Diabetes über verschiedene Medien (u.a. Diabetes- Journal), Selbsthilfeverbände, Pressemitteilungen und Social-Media-Aktivitäten.
Die Ergebnisse sowohl der Ärzte-Umfrage als auch der Umfrage unter Menschen mit Diabetes/Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes sowie weiterführende Artikel wurden im D.U.T-Report veröffentlicht; dieser ist abrufbar unter dut-report.de.
Der Digitalisierungs- und Technologiereport Diabetes
In diesem Report beschreiben die Autorinnen und Autoren die wichtigsten Fakten und Entwicklungstrends zu verschiedenen Aspekten der Digitalisierung und Technologisierung in der Diabetologie. Durch die Beiträge wird deutlich, auf wie vielen und wie unterschiedlichen Ebenen Digitalisierung und Technologie mittlerweile in die Diabetestherapie eingreifen. Die Artikel sollen helfen, praxistaugliche Lösungen zu finden, die künftig zu einer modernen und patientenorientierten Diabetologie gehören können. Zudem ist die eingehende Analyse der Umfrage-Ergebnisse ein Teil des D.U.T-Reports.
Der Report erscheint im Kirchheim-Verlag, die Herausgeber sind Prof. Dr. Bernhard Kulzer und Prof. Dr. Lutz Heinemann. Unterstützt wird der D.U.T-Report von der Berlin-Chemie AG mit seinem zukunftsboard digitalisierung (zd), mit dem das Unternehmen zusammen mit führenden Experten den Digitalisierungsprozess in der Diabetologie in Deutschland aktiv vorantreibt.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Pressemitteilung wie auch im D.U.T-Report oftmals die männliche Sprachform verwendet. Dies soll keine Benachteiligung anderer Geschlechter implizieren, sondern im Sinne der sprachlichen Vereinfachung geschlechtsneutral verstanden werden.
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