Zu der in Deutschland an Fahrt gewinnenden „Fair Share“-Diskussion, bei der große europäische Telekommunikationsunternehmen wie Telekom, Orange, Vodafone und Telefónica („Big Telcos“) die Kostenbeteiligung von Big-Tech-Unternehmen am Netzausbau fordern, hat der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) heute ein Positionspapier veröffentlicht. Aus Sicht des BREKO, der einen Großteil der alternativen Telekommunikations-Netzbetreiber in Deutschland vertritt, muss die Debatte zur fairen Beteiligung von Big-Tech-Unternehmen an den Netzkosten konstruktiv und ergebnisoffen unter Einbeziehung der alternativen Netzbetreiber als Treiber des Glasfaserausbaus in Deutschland und vielen Ländern Europas geführt werden. “Fair Share”-Beiträge können die bestehende Ausbaudynamik weiter stärken und zur Sicherheit und Nachhaltigkeit der Netze beitragen.  Entscheidend ist aber, dass die Umsetzung durch die EU-Kommission so erfolgt, dass der faire Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt gesichert wird.

Im digitalen Ökosystem sind Telekommunikationsunternehmen und Big-Tech Unternehmen symbiotisch miteinander verbunden und aufeinander angewiesen. Hochleistungsfähige Glasfasernetze sorgen für eine stabile Übertragung von Inhalten. Gleichzeitig sorgen hochwertige Inhalte dafür, dass leistungsfähige Anschlüsse von den Verbraucherinnen und Verbrauchern gebucht werden. Wie für jedes Ökosystem ist eine ausgewogene Balance und Lastenverteilung essenziell für dessen Erfolg. Eine Beteiligung „beider Seiten“ an den Netzkosten befürwortet der BREKO deshalb grundsätzlich, aber nicht um jeden Preis.

Wenn die EU-Kommission eine Kostenbeteiligung von Big-Tech-Unternehmen wie Google, Meta oder Netflix in Erwägung zieht, darf die konkrete Ausgestaltung nicht dazu führen, dass nur Big Telcos davon profitieren und es dadurch zu einer Verzerrung des funktionierenden Wettbewerbs im Telekommunikationsmarkt kommt. Diese Gefahr besteht, weil sich die großen Telekommunikationsunternehmen dafür starkmachen, dass die EU-Kommission den Netzbetreibern und Big-Tech Unternehmen „Verhandlungsmandate“ erteilt, um Höhe und konkrete Bedingungen der Zahlungen individuell zu vereinbaren. Eine solche Verhandlungslösung lehnt der BREKO ab, weil sie den ganz überwiegenden Teil der Telekommunikationsunternehmen benachteiligt.

Stattdessen fordert der BREKO eine Lösung, die sicherstellt, dass alle Unternehmen, die in Glasfasernetze investieren, proportional gleichberechtigt beteiligt werden. BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers: „,Fair Share‘ heißt für uns nicht nur eine faire Beteiligung der größten Tech-Konzerne an den Netzkosten. Vielmehr muss die EU-Kommission ein Modell entwickeln, dass die gerechte Verteilung der Beiträge auf alle ausbauenden Unternehmen sicherstellt. Was es nicht geben darf, ist eine Lösung, die einseitig die Big Telcos gegenüber allen anderen Telekommunikationsunternehmen bevorzugt. Statt einer Verhandlungslösung kann beispielsweise eine Lösung über einen Infrastrukturfonds zu einer gerechten Verteilung führen.“

Alternative Netzbetreiber gestalten Zukunft der digitalen Infrastruktur

Hochleistungsfähige und zukunftssichere Glasfasernetze bis in die Gebäude und Wohnungen bieten die Basis für das digitale Leben der Gegenwart und Zukunft. Insbesondere die regionalen, dezentralen Netze alternativer Netzbetreiber spielen eine elementare Rolle für die Resilienz der Netze und Cybersicherheit. Alternative Netzbetreiber realisieren den größten Teil der Glasfaseranschlüsse in Deutschland: Mit einem Anteil von 70 Prozent sind sie laut der kürzlich erschienenen BREKO Marktanalyse die Treiber des Glasfaserausbaus. Auch bei den Investitionen in die digitale Infrastruktur dominieren die alternativen Netzbetreiber: Ihre Investitionen in Höhe von 6,5 Milliarden Euro entsprechen 59 Prozent des gesamten Investitionsvolumens in Deutschland.

Vor diesem Hintergrund ist es von besonderer Relevanz, die alternativen Netzbetreiber als zentrale Akteure des Glasfaserausbaus in Deutschland und vielen Ländern Europas aktiv in die Debatte um eine faire Kostenbeteiligung von Internetkonzernen einzubeziehen und deren Position zu berücksichtigen. Dazu Sven Knapp, Leiter des BREKO-Hauptstadtbüros: „Es ist unabdingbar, die Position der alternativen Netzbetreiber als Treiber des Glasfaserausbaus in dieser Debatte zu berücksichtigen, um weiterhin einen fairen Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt zu gewährleisten. Wir begrüßen daher die Pläne der EU-Kommission, zeitnah eine Konsultation zu diesem Thema zu starten und alle relevanten Akteure in die Diskussion einzubeziehen.“

Um das Marktgleichgewicht zu wahren, sowie faire Konditionen und eine effiziente Umsetzung zu gewährleisten, fordert der BREKO außerdem, nächste Schritte an Bedingungen zu knüpfen. Diese sind:

  1. Offene und transparente Konsultation: Für die weitere Diskussion hinsichtlich der geforderten “Fair-Share” Beiträge sowie der Ausarbeitung möglicher Lösungsansätze zur Beilegung der Dysbalancen im digitalen Ökosystem zwischen Netzbetreibern und Big-Tech-Unternehmen ist eine ergebnisoffene Konsultation und Analyse auf EU-Ebene zwingend erforderlich.
  1. Gleichbehandlung der Akteure: Zur Wahrung eines fairen Wettbewerbs dürfen große Telekommunikationsunternehmen nicht ihre Verhandlungsmacht ausnutzen, um individuelle Vereinbarungen mit Big-Tech Unternehmen zu schließen. Die EU-Kommission hat sich seit der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte dafür eingesetzt, dass alle Marktakteure die gleichen Rechte und Chancen haben – dies muss aus Sicht des BREKO unbedingt gewahrt bleiben. “Fair-Share”-Beiträge dürfen nur dann umgesetzt werden, wenn auch alternative Netzbetreiber zu gleichen Konditionen daran teilhaben können.
  1. Zweckbindung der Verwendung: Wichtig ist, dass „Fair Share“-Zahlungen für Netzkosten im Zusammenhang mit echten Glasfaseranschlüssen bis in die Gebäude und Wohnungen (FTTB/H) eingesetzt werden, da nur diese zukunftssicheren Infrastrukturen zur Erreichung der digital- und umweltpolitischen Ziele der EU und Deutschlands beitragen.
  2. Wahrung der Netzneutralität: Für den BREKO steht fest: Eine „Fair Share“-Regelung darf die Netzneutralität und die Open Internet-Leitlinien der EU nicht beeinträchtigen. Die Netzneutralität ist ein zentrales Grundprinzip des freien Internets, das gewahrt werden muss.

Mehr zu den Forderungen im BREKO-Positionspapier zur Beteiligung von Big-Tech Unternehmen an den Kosten des Netzausbaus („Fair Share“)

Über den BREKO – Bundesverband Breitbandkommunikation e.V.

Als führender Glasfaserverband mit über 440 Mitgliedsunternehmen setzt sich der Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (BREKO) erfolgreich für den Wettbewerb im deutschen Telekommunikationsmarkt ein. Seine Mitglieder setzen klar auf die zukunftssichere Glasfaser und zeichnen für über 70 Prozent des Ausbaus von Glasfaseranschlüssen in Deutschland verantwortlich. Die mehr als 230 im Verband organisierten Telekommunikations-Netzbetreiber versorgen sowohl Ballungsräume als auch ländliche Gebiete mit zukunftssicheren Glasfaseranschlüssen. Dafür haben sie im Jahr 2021 3,2 Mrd. Euro investiert. Weitere Informationen finden Sie unter brekoverband.de.

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