• WWF: Herrenlose Wisente sind nun streng geschützt; sie dürfen nicht eingefangen werden
  • Auswilderung im Rothaargebirge hat internationale Strahlkraft für den Artenschutz
  • Landesregierung muss Verantwortung für Wisent-Herde übernehmen und für professionelles Wildtiermanagement Initiative ergreifen

Der WWF Deutschland hat im Streit um das Wiederansiedlungsprojekt für Wisente im nordrhein-westfälischen Rothaargebirge auf die Verantwortung der Landesregierung in Düsseldorf verwiesen. Die freilebende Wisent-Herde unterstehe, seit sie herrenlos ist, dem strengen Schutz durch EU- und Bundesrecht.
 
„Bei allen Auseinandersetzungen um das Management des Wisentprojekts in der Umgebung des südwestfälischen Bad Berleburg muss klar sein, dass es sich um eine durch die FFH-Richtlinie und das Bundesnaturschutzgesetz geschützte Art handelt. Wie bei anderen als ‚bedrohte Art´ eingestuften Tieren auch, verbiete es sich nun die Herde einzufangen, wie in dem Streit teilweise vorgeschlagen wurde“, sagte Nina Gandl, WWF-Projektleiterin Wisent/Elch. „Es muss jetzt in erster Linie um das Wohl der 25 nordrhein-westfälischen Wisente gehen. Wir fordern Umweltminister Oliver Krischer auf, hier Flagge zu zeigen. Der Wiederauswilderung wird international große Aufmerksamkeit zuteil. Damit verbunden ist die Erwartung, dass ein wohlhabendes Land wie die Bundesrepublik seinen Verpflichtungen aus europarechtlichen Vorgaben des Artenschutzes nachkommt.”
 
Klar sei auch, dass nach dem Ausstieg des Trägervereins Wisent-Welt-Wittgenstein das Wildtiermanagement zum Schutz der Art sowie zur Konfliktreduktion in neuer Form fortgesetzt werden müsse. „Wisente zählen zu den Arten, die langfristig zumindest ein Teilmanagement benötigen. Erforderlich ist ein professionelles Wildtiermanagement, um beispielsweise Fressschäden an Bäumen vorzubeugen oder Schäden zu kompensieren. Außerdem weisen Wisente eine vom Menschen verursachte, sehr geringe genetische Vielfalt auf. Das erfordert einen Austausch von Tieren mit anderen Herden Europas. Wir halten es für dringend erforderlich, dass die Landesregierung NRW die Initiative für ein Herden- und Konfliktmanagement auf hohem Niveau für das Wisentprojekt im Rothaargebirge ergreift.“
 
Hintergrund:
Bei dem Wiederansiedlungsprojekt im Rothaargebirge handelt sich um das erste Projekt mit freilebenden Wisenten in ganz Westeuropa. Von ihm geht enorme Strahlkraft für den europäischen Artenschutz aus. Nachdem 2013 die ersten acht Wisente ausgewildert wurden, wuchs die Herde auf heute 25 Tiere an. Die Wiederansiedlung wurde von Beginn an wissenschaftlich begleitet. Ein Gutachten der Tierärztlichen Hochschule Hannover von Ende 2021 würdigte das große Potential des Projektes für den Arterhalt sowie dessen großen Modell- und Vorbildcharakter. Als erheblich verbesserungswürdig sieht das Gutachten das Management der Herde, der bestehenden Mensch-Wildtier-Konflikte und des Projektes selbst.
 
Wisente sind die größten Landsäuger Europas; große Wisentbullen werden bis zu eine Tonne schwer. In historischer Zeit umfasste ihr Verbreitungsgebiet weite Teile des europäischen Kontinents, auch das Territorium Deutschlands zählte dazu. Doch durch Jagd, Wilderei und Lebensraumverlust wurden sie vor fast 100 Jahren in freier Wildbahn gänzlich ausgerottet. Nur wenige Tiere überlebten in Zoos und Wildgehegen. Dank engagierten Zucht- und Artenschutzprojekten gelangten sie zurück in Europas Wälder. Der weltweite Bestand der Europäischen Bisons lag Ende 2021 bei 9554 Individuen, von denen 7266 Tiere in freier Natur leben.

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