Die EU-Kommission will bereits Ende November 2022 einen Vorschlag zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Handelswaren vorstellen. Aus Sicht der Bio-Branche eignet sich der Planet-Score bisher am besten, um Verbraucher*innen umfassend und transparent über die Umweltauswirkungen von Lebensmitteln zu informieren. Erste Hersteller*innen von Bio-Lebensmitteln nutzen bereits den Planet-Score. Der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) e.V. startet dazu nun eine Informationskampagne für Bio-Kund*innen.

Die EU-Kommission plant, bis Ende 2023 konkrete Vorgaben für ein einheitlich geregeltes und transparentes Nachhaltigkeitslabel zu entwickeln. Ziel ist es, die Verbraucher*innen in die Lage zu versetzen, sich besser für nachhaltige Lebensmittel entscheiden zu können. Außerdem möchte die EU-Kommission so zukünftig Greenwashing bei Nachhaltigkeitskennzeichnungen verhindern. Voraussichtlich am 30. November wird die EU-Kommission den Vorschlag für den „Product Environmental Footprint“ (PEF) vorlegen. Der von der EU entwickelte PEF soll die Umweltauswirkungen von Handelswaren messen und könnte der Rahmen für die neue Kennzeichnungspolitik werden.

Nach Ansicht der Bio-Branche ist der PEF nicht geeignet, die Umweltleistung von Agrar- und Lebensmittelprodukten zu bewerten. Bei der Anwendung auf tierischen Produkten führt der PEF zu irreführenden Ergebnissen, denn je intensiver die Haltungsform des Tiers ist, desto besser schneidet sie bei der Bewertung der Produkte als Indikator für den Ertrag ab. So schneiden beispielsweise Eier von Hühnern in Käfighaltung besser ab als Eier aus Freilandhaltung, die wiederum besser abschneiden als Bio-Eier. Bei pflanzlichen Produkten hingegen lässt sich nicht zwischen Produkten einer Produktkategorie unterscheiden. Dementsprechend würde ein Apfel aus nachhaltiger Produktion den gleichen Wert erhalten, wie ein Apfel aus nicht-nachhaltiger Produktion. Den Verbraucher*innen würde durch PEF lediglich klar werden, dass ein Stück Fleisch weniger nachhaltig ist, als beispielsweise ein Apfel: „Mit echter Nachhaltigkeitskennzeichnung von Lebensmitteln hat der PEF nicht viel gemeinsam. Aus Sicht des BNN braucht es ein Label, das der Komplexität von Nachhaltigkeit gerecht wird und zugleich leicht verständlich ist. Beides zu vereinen und dabei kein Greenwashing zu betreiben, das gelingt bislang nur dem Planet-Score“, so Kathrin Jäckel, Geschäftsführerin des Bundesverband Naturkost Naturwaren e.V.

Der Planet-Score ist ein Umwelt-Label, das die ökologische Nachhaltigkeit von Lebensmitteln bewertet. Er geht auf eine Initiative von 16 französischen Verbraucherschutz- und Umweltverbänden zurück. Entwickelt wurde dieser u. a. vom französischen Forschungsinstitut für ökologische Landwirtschaft und Lebensmittel ITAB (Institut de l’agriculture et de l’alimentation biologiques). Der Vorteil des Planet-Scores gegenüber anderen Modellen: Er ist mehrdimensional. Zusätzlich zur Gesamtbewertung werden auch einzelne Unterkategorien der Nachhaltigkeitsbewertung differenziert darstellt. Diese Unterkategorien sind: Pestizide, Biodiversität und Klima und bei tierischen Produkten zusätzlich Tierwohl. Dabei berücksichtigt der Planet-Score auch die planetaren Grenzen. Aufgrund der genannten Aspekte ist der Planet-Score somit in der Lage, die Nachhaltigkeit von Lebensmitteln umfassender und transparenter abzubilden als herkömmliche Lebenszyklusanalysen. Das Prinzip des Planet-Scores besteht nämlich genau darin, die zugrunde liegende, nur beschränkt aussagefähige, einfache Lebenszyklusanalyse (LCA) zu korrigieren und um fehlende Indikatoren zu erweitern (erweiterte Lebenszyklusanalyse). Das macht die Bewertung der Umweltauswirkungen zwar aufwändiger, aber dafür deutlich aussagekräftiger und bildet diese vollständiger ab. So werden z.B. auch Aspekte wie Entwaldung oder Pestizidbelastungen in die Bewertung miteinbezogen.

Der BNN hat sich als erster Verband in der Lebensmittelbranche in Deutschland frühzeitig für den Planet-Score ausgesprochen. „Aus Sicht der Bio-Branche ist der Planet-Score derzeit das geeignetste Label, um Verbraucher*innen umfassend und transparent über die Nachhaltigkeit von Lebensmittel zu informieren“, kommentiert Kathrin Jäckel. „Aus diesem Grund haben erste Mitgliedsunternehmen des BNN ihre Produkte bereits durch den Planet-Score bewerten lassen und begonnen, ihre Produkte damit zu kennzeichnen“, ergänzt die BNN-Geschäftsführerin.

Durch eine Verbraucherkampagne des BNN soll der Planet-Score ab sofort auch in den Bioläden sichtbarer werden. „Mit klassischen Info-Materialien, wie Flyern und Plakaten, unterstützen wir den Bio-Fachhandel mit Informationen zum Planet-Score am Point-of-Sale. Zusätzlich informieren wir mit vielfältigen digitalen Inhalten Verbraucher*innen auf den Social-Media-Kanälen“, so der Leiter der Kommunikation des BNN, Hans F. Kaufmann. „Und natürlich wollen wir mit der Kampagne die Debatte zur Nachhaltigkeitskennzeichnung in Deutschland weiter vorantreiben“, ergänzt Kaufmann.

BNN-Empfehlung an die Politik

Der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) e.V. fordert die Bundesregierung auf, die Debatte um eine Nachhaltigkeitskennzeichnung von Lebensmitteln in Deutschland aktiv zu moderieren und voranzutreiben, damit sich der größte europäische Absatzmarkt für Bio-Lebensmittel mit einer eigenen Haltung auf europäischer Ebene in den Prozess einbringt und ihn aktiv gestaltet.

Das Kampagnen-Material sowie weitere Informationen zum Planet-Score finden Sie in der digitalen Pressemappe: https://uploads.n-bnn.de/BNN_digitale_Pressemappe_Bio_Branche_Planet_Score.zip

 

Über Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) e.V

Der Bundesverband Naturkost Naturwaren e.V. vertritt die Unternehmen der Naturkost- und Naturwarenbranche. Der Verband verabschiedet besondere Qualitätsrichtlinien für den Naturkost-Fachhandel, die über die gesetzlichen Anforderungen für Bio-Produkte hinausgehen. Die BNN-Mitgliedsunternehmen beschäftigen insgesamt rund 18.000 Mitarbeiter*innen, darunter über 1.000 Auszubildende. Der deutsche Naturkostgroßhandel erzielte 2021 einen Umsatz von gut 2,34 Milliarden Euro. Für den Naturkost-Facheinzelhandel in Deutschland lässt sich daraus ein Umsatzvolumen von 4,21 Milliarden Euro mit Bio-Lebensmitteln und Naturwaren hochrechnen.

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