Deutlich setzen sich auch im Jahr 2021 problematische Trends der vergangenen Jahre fort: Noch immer muss jede vierte Frau die Kosten für ihren Aufenthalt im Frauenhaus teilweise oder vollständig selbst tragen. Zunehmend sind Schutzsuchende – mittlerweile 60% – auf ein Frauenhaus außerhalb der eigenen Stadt oder des eigenen Landkreises angewiesen, werden dabei jedoch häufig mit enormen bürokratischen Hürden bei der Kostenerstattung oder sogar Aufnahmeverboten konfrontiert. Und nur bei einem Bruchteil aller Bewohner*innen machte die Polizei von der Möglichkeit Gebrauch, den Täter der Wohnung zu verweisen (8%) oder in Gewahrsam zu nehmen (2%).
„Gerade erst hat das GREVIO-Komitee des Europarats Deutschland ein Zeugnis ausgestellt, das wachrütteln sollte: Die uneinheitliche und unsichere Finanzierung von Schutzeinrichtungen hierzulande bewirkt nachweislich, dass wirksamer Schutz extrem stark vom Wohnort abhängt und zahlreiche Grup-pen von gewaltbetroffene Frauen überhaupt keinen Zugang zu passender Unterstützung haben“, erklärt FHK-Geschäftsführerin Heike Herold.
Für Frauen und Kinder, deren Suche nach einem Schutzplatz erfolgreich verläuft, stellen Mitarbeitende im Frauenhaus – so macht die FHK-Statistik sichtbar – zwar ein breites Portfolio an Leistungen bereit. Häufig stehen ihnen für die heterogenen Bedarfe jedoch nicht ansatzweise ausreichend Ressourcen zur Verfügung. Besonders hervorzuheben sind in diesem Kontext mangelnde Mittel für Sprachmittlung sowie für Kinderbetreuung: So lebten in den Schutzeinrichtungen auch 2021 mehr Kinder als Frauen, 41 % davon im schulfähigen Alter, d.h. mit Homeschooling-Bedarf während der Lockdowns.
„Oft sind Einrichtungen so prekär ausgestattet, dass der Umzug in ein Frauenhaus mit Gemeinschaftsräumen – und mitunter sogar der Notwendigkeit, die Schlafzimmer zu teilen – von den Frauen als sozialer Abstieg empfunden wird“, so Herold. „Der mutige Schritt aus der Gewalt sollte genau das Gegenteil bewirken – aber das ist nicht zuletzt eine Frage von Ressourcen und politischem Willen.“
FHK realisiert diese wichtige bundesweite Erhebung seit nunmehr 22 Jahren. Mit 180 Einrichtungen beteiligt sich etwa die Hälfte der deutschen Frauenhäuser. Die aktuelle Frauenhaus-Statistik kann kostenfrei als Übersicht der zentralen Ergebnisse oder in der Langfassung heruntergeladen werden.
Frauenhauskoordinierung e. V. (FHK) wurde auf Initiative der Wohlfahrtsverbände (AWO Bundesverband e. V., Diakonie Deutschland, Der Paritätische Gesamtverband, Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e. V./Deutscher Caritasverband e. V.) gegründet, um sich im Auftrag der Mitglieder für den Abbau von Gewalt gegen Frauen und für die Verbesserung der Hilfen für betroffene Frauen und deren Kinder einzusetzen. FHK koordiniert, vernetzt und unterstützt das Hilfesystem, fördert die fachliche Zusammenarbeit und bündelt Praxiserfahrungen, um sie in politische Entscheidungsprozesse sowie in fachpolitische Diskurse zu transportieren.
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