Fußball WM in Katar spült Milliarden in die Kassen von Finanzinstituten (FIs) sowie des Bau- und Gastgewerbes und bringt Arbeitsmigrant*innen Ausbeutung, Entrechtung und Tod.

• In Deutschland aktive FIs finanzieren Unternehmen des Bau- und Gastgewerbes in Katar mit mindestens 17 Mrd. Dollar und investieren zudem weitere 6,45 Mrd. Dollar in deren menschenrechtsfeindliche Geschäftsmodelle.

• Deutsche Bank beteiligt sich an Finanzierungen des Bau- und Gastgewerbes in Katar und an der Begebung von Staatsanleihen, in Höhe von ingesamt 15,77 Mrd. Dollar.

• Die Allianz ist größter Investor und beteiligt sich mit über 4 Mrd. Dollar an Unternehmen aus dem Bau- und Gastgewerbe in Katar.

• In Deutschland aktive Banken und Versicherer reagieren kaum oder gar nicht auf Nachfragen der Zivilgesellschaft.

• Seit 2019 spülten FIs weltweit 85,7 Mrd. Dollar in die Kassen der Bau- und Gastgewerbebranche in Katar sowie in Emissionen von katarischen Staatsanleihen.

• Weltweit flossen 178 Mrd. Dollar in Aktien- und Anleihebeteiligungen an ausgewählte, in Katar aktive Unternehmen der Bau- und Gastgewerbebranche.

Noch bevor die WM in Katar beginnt, stehen die wahren Gewinner und Verlierer fest: Einerseits setzen Finanzdienstleister und das von ihnen finanzierte Bau- und Gastgewerbe in Katar Milliarden um. Andererseits bezahlen 2 Millionen Arbeitsmigrant*innen aus Südasien und Afrika dafür einen hohen Preis in Form von ausbeuterischen Arbeitsbedingungen und nicht wenige sogar mit ihrem Leben.

Eine heute veröffentlichte Studie des zivilgesellschaftlichen Netzwerkes Fair Finance International (FFI) deckt auf, wie besonders auch in Deutschland aktive Finanzinstitute halfen, den WMBauboom in Katar zu finanzieren, davon profitierten und zugleich Ausbeutung, Entrechtung und den Tod von Arbeitsmigrant*innen ignorieren bzw. offensichtlich keine Verantwortung dafür übernehmen wollen.

Seit Vergabe der WM an Katar im März 2015 berichteten internationale Medien, NGOs und Gewerkschaften weltweit über die Situation von Arbeitsmigrant*innen in Katar, was illegale Einstellungspraktiken, Zwangsarbeit, fehlende oder unregelmäßige Lohnzahlungen, übermäßige Arbeitszeiten, lebensbedrohliche Arbeitsbedingungen, eingeschränkte Bewegungsfreiheit (KafalaSystem) und entsetzliche Lebensbedingungen einschließt.

„Besonders in Deutschland aktive Finanzinstitute haben Geschäftsmodelle, die zu wenig arbeitsund menschenrechtliche Sorgfalt walten lassen, mit ihren Finanzierungen häufig erst ermöglicht – wohlwissend um die menschenrechtliche Situation in Katar und die für Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen bekannten Zuständen im Bau- und Gastgewerbe“, beklagt Thomas Küchenmeister, geschäftsführender Vorstand der Berliner NGO Facing Finance, die das FFI Bündnis in Deutschland in Form des Fair Finance Guide koordiniert. Küchenmeister verweist u.a. auf die detaillierten Prüfprozesse bei Konsortialkrediten oder Wertpapieremissionen, die dazu hätten führen müssen, den in Katar aktiven Unternehmen Finanzierungen zu verweigern bzw. diese zumindest mit strikten arbeits- und menschenrechtlichen Auflagen zu versehen.

Die fünf befragten, in Deutschland aktiven Institute (Deutsche Bank, DZ Bank, Commerzbank, Allianz und Axa) reagierten auf die im Rahmen des Berichts durchgeführte Umfrage nur unzureichend. Die Umfrage beinhaltete Fragen zu Menschenrechtsrichtlinien im Allgemeinen sowie für die betroffenen Sektoren (Bau- und Gastgewerbe), zu Sorgfaltspflichten und Engagement mit den finanzierten/investierten Unternehmen, und schließlich auch dazu, ob die Finanzinstitute ihren Einfluss genutzt haben, den Opfern Zugang zu Beschwerdemechanismen und Entschädigungen zu ermöglichen.

Die Union Investment (Vermögensverwaltung der DZ Bank) verwies zwar auf einen EngagementProzess mit betroffenen Unternehmen wie Vinci und Accor, legte jedoch keine zusätzlichen Informationen, wie z.B. konkrete Anforderungen und Ziele oder gar Dokumentierungen dieser Prozesse vor. Die DZ BANK selbst wollte die Umfrage nicht beantworten. Die Commerzbank verwies auf ihren generellen Menschenrechtsansatz, erklärte aber, sich nicht zu konkreten Finanzbeziehungen mit Unternehmen äußern zu wollen. Die Deutsche Bank, Axa und Allianz reagierten erst gar nicht auf die Umfrage.

“Wir waren überrascht, wie intransparent und desinteressiert die befragten Finanzinstitute auf die Umfrage reagierten“, kritisiert Kleopatra Partalidou, Projektkoordinatorin des Fair Finance Guide Deutschland. „Transparenz ist jedoch unerlässlich, um die Rechenschaftspflicht zu fördern. Wenn Finanzinstitute in Deutschland Informationen über ihre Engagement-Prozesse unter Berufung auf die Vertraulichkeit nicht zur Verfügung stellen und sich gleichzeitig nicht von menschenrechtsverletzenden Unternehmen trennen, riskieren sie, ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. Egal, wie gut ihre Richtlinien sind“, betont Partalidou.

Laut Medienberichten hat allein die Deutsche Bank im dritten Quartal 2022 einen Milliardengewinn erzielt und diesen im Vergleich zum Vorjahr versechsfacht. Wie hoch der Anteil der Rendite aus den Katargeschäften an den aktuellen Gewinnen (1,1 Milliarden Euro) ist, kann nicht verifiziert werden. Sicher jedoch ist, dass sich die Deutsche Bank an Finanzierungen des Bau- und Gastgewerbes in Katar und an der Begebung von katarischen Staatsanleihen in Höhe von insgesamt 15,77 Mrd. Dollar beteiligt hat.

„Arbeitsmigrant*innen, die den ausbeuterischen und menschenrechtsfeindlichen Methoden der Unternehmen des Bau- und Gastgewerbes in Katar ausgesetzt sind und waren, müssen entschädigt werden und auch Finanzdienstleister sollten sich hier in der Verantwortung fühlen“, mahnt Thomas Küchenmeister mit Verweis auch die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs). „Schließlich haben die Finanzdienstleister diesen Unternehmen und dem Staat Katar geholfen, diese offensichtlich ohne Auflagen finanziert bzw. Staatsanleihen platziert und nicht zuletzt profitieren sie ja selbst auch von den für Arbeitsmigrant*innen schädlichen Bauprojekten in Katar“, betont Thomas Küchenmeister.

 

 

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Fair Finance International (FFI) ist ein internationales Netzwerk mit über 100 zivilgesellschaftlichen Partnern, welches bei Banken und Finanzinstituten für bessere Sozial-, Umwelt- und Menschenrechtsstandards wirbt.

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