Die Energiepreise hoch, die Aussichten auf Preissenkungen mies, deutliche Preissteigerungen wahrscheinlich. In diesen Zeiten hilft nur eins: Strom sparen. Am besten, indem man den eigenen Verbrauch nach Möglichkeit senkt. Nicht gemeint ist damit, sich Strom auf anderen Wegen zu beschaffen. Denn ob man seinen Akku im Büro lädt, die Stromleitung des Nachbarn anzapft oder gar den Stromzähler manipuliert – dabei handelt es sich um Stromdiebstahl. Und der ist in jeglicher Form verboten. ARAG Experte Tobias Klingelhöfer erklärt die kleinen, feinen Unterschiede und informiert über die rechtlichen Konsequenzen des Stromklaus.

Was sagt das Gesetz zum Stromdiebstahl? Ist es immer eine Straftat?
Tobias Klingelhöfer:
Das kann ich mit einem klaren „Ja“ beantworten. Auf welche Weise auch immer – wer unerlaubt elektrische Energie entzieht, begeht ein diebstahlähnliches Vergehen oder eine Straftat. Im Strafgesetzbuch (StGB), Paragraf 248c, heißt es wörtlich: „Wer einer elektrischen Anlage oder Einrichtung fremde elektrische Energie mittels eines Leiters entzieht, der zur ordnungsmäßigen Entnahme von Energie aus der Anlage oder Einrichtung nicht bestimmt ist, wird, wenn er die Handlung in der Absicht begeht, die elektrische Energie sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Dabei ist selbst der Versuch schon strafbar.

Doch damit nicht genug. Wer beispielsweise einen Stromzähler manipuliert, kann laut Paragraf 303 StGB auch noch wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe oder einer Gefängnisstrafe von bis zu zwei Jahren verurteilt werden. Und Geschädigte haben natürlich auch noch zivilrechtliche Ansprüche. So kann ein Stromanbieter oder etwa ein geschädigter Nachbar, dem die Leitung angezapft wurde, entsprechende Nachzahlungen verlangen. Es kann also böse enden, wenn man auch nur versucht, sich irgendwo ungefragt Strom zu beschaffen.

Gibt es Unterschiede im Stromdiebstahl?
Tobias Klingelhöfer:
Grundsätzlich gilt: Dort, wo die Stromentnahme nicht ausdrücklich erlaubt ist, ist sie verboten. Sobald aber die Staatsanwaltschaft davon erfährt, wird die Straftat verfolgt. Stromdiebstähle mit geringem Wert, also unter 50 Euro, werden jedoch nur auf Antrag des Opfers verfolgt. Daher macht es durchaus einen Unterschied, ob man z. B. das Handy am Arbeitsplatz oder das eigene Elektroauto an der Wallbox des Arbeitgebers auflädt oder gar eine Manipulation des Stromzählers vornimmt. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollte man in jedem Fall fragen, bevor man fremde Steckdosen benutzt. Das gilt übrigens auch in Arztpraxen oder Restaurants.
Umfangreiche Stromentnahmen – wenn etwa Stromzähler manipuliert, falsch ausgelesen oder fremde Stromleitungen angezapft werden – können schwerwiegende, rechtliche Folgen haben. In einem konkreten Fall wollte ein Cannabis-Bauer den hohen Stromverbrauch für die Plantage in der Wohnung kaschieren, indem er Stromzähler manipulierte und drei Jahre lang umsonst beliebig viel Strom abzapfte. Als er aufflog, durfte der Stromanbieter den Verbrauch schätzen und der Plantagenbesitzer musste 50.000 Euro nachzahlen (Oberlandesgericht Hamm, Az.: 19 U 69/11).

Nicht zuletzt kann es aber auch wirklich gefährlich für Leib und Leben werden, wenn Hobby-Elektriker, die sich nicht wirklich mit der Materie auskennen, willkürlich Stromleitungen ziehen. Das kann im schlimmsten Fall zu Bränden oder Explosionen führen. Und noch ein Hinweis: Es gibt Stromdetektive, die im Auftrag von Versorgungsunternehmen Fälle von Stromklau untersuchen.

Was kann man als Geschädigter tun?
Tobias Klingelhöfer:
Wenn Arbeitgeber eine private Stromentnahme am Arbeitsplatz entdecken, können sie ihre Mitarbeiter theoretisch abmahnen oder ihnen auch fristlos kündigen. Einen Anspruch auf das Aufstellen privater Elektrogeräte oder das Aufladen elektrischer Akkus gibt es nicht. Hier benötigen Mitarbeiter selbst bei geringen Strommengen die Zustimmung ihres Arbeitgebers.

Handelt es sich bei Stromdieben um Mieter, die z. B. ihre E-Fahrzeuge unbefugt an der allgemeinen Steckdose aufladen, kann der Vermieter eine Abmahnung aussprechen oder zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt sein. Dazu muss er vorher aber ein klares Verbot ausgesprochen haben und er muss den Stromdieb anzeigen. Sonst wird der erhöhte Stromverbrauch auf alle Mieter verteilt. Sind einzelne Mieter die Geschädigten, indem z. B. ihre Stromleitung absichtlich angezapft wurde, muss der Vermieter informiert werden, Abhilfe schaffen und Anzeige erstatten.

Wie kann man Stromdiebstahl aufdecken?
Tobias Klingelhöfer:
Wer den Verdacht hegt, beklaut zu werden, sollte sämtliche Geräte im Haushalt, die Strom verbrauchen ausschalten. Läuft der Zähler weiter, bedient sich vermutlich ein Fremder. Eine andere Möglichkeit ist, sofern sich die Sicherungen außerhalb der eigenen vier Wände befinden, diese auszuschalten, wenn man die Wohnung verlässt. Benötigt der Stromdieb Energie, muss er die Sicherungen zuvor wieder einschalten.

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