Am 31.12.2022 ist es so weit, dann tritt die letzte Stufe der "Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen" (NiSV) in Kraft. Ab diesem Datum müssen Anwender von Geräten, die unter die Regelung der NiSV fallen, den Behörden entsprechende Fachkundenachweise vorlegen oder sich zumindest nachweislich bemüht haben, solche zu erlangen. Was genau als Bemühen gewertet wird, ist Auslegungssache. Dem Ministerium ist bewusst, dass die Nachfrage an den Erwerb der Fachkunde erheblich höher ist als das verfügbare Schulungsangebot am Markt und hat den Zugang zur Fachkunde erleichtert. Wir gehen davon aus, dass eine Anmeldung bei einem Schulungsträger von den Behörden als ausreichende Bemühung geduldet wird. Dem steigenden Angebot an Schulungsmöglichkeiten stehen den Anwendern mittlerweile eine Reihe von unterschiedlichen Wegen offen. Dieser Beitrag soll den Betroffenen helfen, Orientierung in den Möglichkeiten, die NiSV-Fachkundenachweise zu erwerben und für individuelle Anforderungen den geeigneten Schulungspartner zu finden.

Ungeregelte Technologien

Durch die NiSV wurde zum ersten Mal der Zugang zu apparativen kosmetischen Dienstleistungen geregelt. Die NiSV ist zwar dem Strahlenschutzgesetz zugeordnet, allerdings wurden auch Technologien geregelt, die keine Strahlung abgeben. Ultraschall ist solch ein Beispiel. Als Druckwelle ist Ultraschall keine Strahlung, dennoch wurde Ultraschall wegen seines Risikopotentials in die Verordnung aufgenommen. Die Stoßwelle hingegen, die ebenfalls eine Druckwelle ist, blieb ungeregelt. Magnetfelder gehören physikalisch auch nicht zu den Strahlungen, sind dennoch von der NiSV erfasst. Bei den interessierten Kreisen hat sich der Eindruck verfestigt, der Gesetzgeber hat alle gefahren-geneigten Technologien in der NiSV geregelt. Dies trifft jedoch nicht zu. Vergleicht man die deutsche NiSV mit der Schweizer V-NISSG, werden Unterschiede deutlich. In der Schweiz werden auch Technologien erfasst, die in Deutschland ungeregelt blieben. Allen voran seien hier die Kälte-basierenden Technologien wie Kryolipolyse, Kältesauna und Cryopens erwähnt. All diese Verfahren werden auch bei kosmetischen Dienstleistern angewendet, ohne dass es eine Meldepflicht gibt oder ein Fachkundenachweis gefordert wird. Offensichtlich sind diese Technologien vom Gesetzgeber als weniger risikobehaftet angesehen, sonst wären sie auch von der NiSV erfasst worden. 

Bedingungen für Fachkundenachweise

Die NiSV hat in § 4 in Verbindung mit der Anlage 3 die Lerninhalte und Bedingungen für die Fachkundenachweise bundeseinheitlich vorgegeben. Um den Schulungsträgern eine Anleitung für die Durchführung der NiSV Schulungen zu geben, hat das Ministerium am 22. März 2020 die NiSV-Fachkunderichtlinie veröffentlicht. Hierbei kam es durch die föderale Länderhoheit zu Abweichungen am bundeseinheitlichen Handeln. Das Land Sachsen-Anhalt hat als einziges Bundesland die Fachkunderichtlinie nicht ratifiziert. Obwohl die NiSV kein akkreditiertes Verfahren für die Anerkennung von Fachkundenachweisen vorsieht, erhielt die DAkkS den Akkreditierungsauftrag durch das Ministerium. Mit dieser Maßnahme sollte der Vollzug der Länder erleichtert werden. Die Überprüfung, ob die Fachkunde nach der Richtlinie durchgeführt wurde, übernehmen Unternehmen, die sich von der DAkkS akkreditieren lassen müssen. Wegen der Folgen der Pandemie und erste Erfahrungen mit dem regulierten Verfahren hat das Ministerium zwei Jahre später, am 10. März 2022 eine modifizierte Fachkunderichtlinie veröffentlicht. Es entstand die Situation, dass es akkreditierte Personenzertifizierungsstellen (PZS) gibt, die nach der alten Fachkunderichtlinie vom 22. März 2020 vorgehen, und PZS, die Schulungsträger nach der neuen Fachkunderichtlinie vom 10. März 2022 anerkennen. Der Unterschied der Fachkunderichtlinien ist eine Vereinfachung des Aufwandes für die Lernenden, weil mehr E-Learning-Anteile und zusätzlich die Möglichkeit des Lernens in einem virtuellen Klassenzimmer ermöglicht wurden. Auch wurde die Durchführungsverantwortung der Prüfungen durch die Schulen ohne PZS beschrieben. 

Zusammenfassend lässt sich der Nachweis der NiSV Fachkunde über fünf verschiedene Wege erbringen:

Weg 1: Anwender mit Wohnsitz in Sachsen-Anhalt müssen die Anforderungen der Fachkunde nach § 4 in Verbindung mit der Anlage 3 NiSV erfüllen. Dies ist deshalb so, weil das Land Sachsen-Anhalt die NiSV-Fachkunderichtlinie nicht ratifiziert hat.

Weg 2: Werden entsprechende Schulungen im Ausland erworben, muss sich aus den Inhalten ergeben, dass die Anforderungen oder die aufgrund ihrer Zielsetzung im Wesentlichen vergleichbaren Anforderungen der Fachkunde nach § 4 NiSV erfüllt sind.

Weg 3: Der Nachweis kann über eine ISO 17024 Personenzertifizierung einer akkreditierten PZS nach der NiSV-Fachkundenrichtlinie vom 22. März 2020 erbracht werden. Diese sieht keine Möglichkeit des virtuellen Unterrichts vor.

Weg 4: Der Nachweis der Fachkunde kann über eine ISO 17024 Personenzertifizierung einer akkreditierten PZS nach der NiSV–Fachkundenrichtlinie vom 10. März 2022 erbracht werden. Gegenüber der Fachkunderichtlinie vom 22. März 2020 haben Lernende einen höheren Anteil an E-Learning Anteil und zusätzlich die Möglichkeit des virtuellen Unterrichts. Dieser Weg stellt eine Erleichterung gegenüber der ursprünglichen Fachkunderichtlinie dar.

Weg 5: Der Nachweis der Fachkunde kann ohne ISO 17024 Personenzertifizierung erbracht werden, wenn der Schulungsträger versichert, dass der Fachkundenachweis vollumfänglich der NiSV-Fachkunderichtlinie vom 10. März 2022 entspricht. 

Die NiSV schafft keine rechtliche Grundlage dafür, dass die Überwachungsbehörden nur solche Fachkundenachweise anerkennen, die in einem akkreditierten Verfahren erlangt wurden. Der Weg 1 und der Weg 5 sind ähnlich, da hier die Vollzugsbehörden die hoheitlichen Aufgaben der Konformitätsprüfung zur NiSV und NiSV Fachkunderichtlinie übernehmen. Das kann bei den Betroffenen zusätzliche Kosten verursachen, weil der Prüfaufwand der Behörden anfällt. 

Keine Harmonisierung des Fachkundeerwerbs

Anders als bei der Führerscheinprüfung, die bundeseinheitlich in jedem Bundesland identische Fragen und Antworten vorsehen, ist die NiSV Prüfung je nach PZS unterschiedlich. Die Prüfungsfragen der PZS sind deshalb unterschiedlich, weil jede PZS innerhalb des Akkreditierungsverfahren Prüfungsfragen und die richtigen Antworten der Akkreditierungsstelle (DAkkS) innerhalb einer kurzen Frist vorlegen musste. Viele Schulungsträger haben ihre eigenen Schulungsunterlagen erstellt. Keine Stelle hat nach einheitlichen Kriterien und zentral die Inhalte aller NiSV-Fachkundekurse geprüft. Abweichungen in der Terminologie und inhaltlichen Schwerpunkten bei der Prüfungsauswertung sind die unvermeidliche Folge.

Ein konkretes Beispiel, das dem Autor berichtet wurde, soll die Problematik verdeutlichen: In manchen Kursen wird die Unterscheidung beim Ultraschall zwischen Gesicht und Körper vorgenommen und behauptet, 1MHz sei nicht für das Gesicht geeignet, sondern nur Frequenzen oberhalb von 3 MHz. Ein Lernender, der bei der Prüfungsfrage 1 MHz als geeignete US-Frequenz ankreuzt, erhält keinen Punkt. In NiSV-Fachkundekursen anderer Schulen wird eine Unterscheidung zwischen Haut- und Körperbehandlungen vorgenommen. In diesen Kursen wird zwischen hochfrequentem Ultraschall ab 1 MHz und niederfrequentem Ultraschall unter 100 kHz differenziert. Hochfrequenz ab 1 MHz würde als richtige Antwort für Gesichtsbehandlungen gewertet und man hätte bei dieser Prüfung einen Punkt für die richtige Antwort erhalten.

Der Gesetzgeber hat nicht nur darauf verzichtet, die Prüfungsfragen bundesweit zu vereinheitlichen, er hat auch unterlassen, dafür Sorge zu tragen, das Niveau aller Fachkundenachweise zu harmonisieren. Diese Aufgabe obliegt im akkreditierten Verfahren den PZS, die sich untereinander anerkennen müssen, ohne dass sie Kenntnis von den Prüfungsfragen und Lerninhalten anderer PZS haben.

Um es noch einmal mit der Führerscheinprüfung zu vergleichen, würde diese Situation bedeuten, dass ein Fahrschüler in der Fahrschule A bei der schriftlichen Prüfung durchfallen und bei der Fahrschule B bestehen könnte, obwohl er die gleichen Prüfungsfragen gleich beantwortet hat und inhaltlich den Stoff sicher beherrscht. 

Multiple Choice oder Multiple Response

Der Begriff „Multiple Choice" bei Prüfungsfragen ist nicht einheitlich geregelt. Bei manchen Prüfungen ist nur eine richtige Antwort möglich (im angelsächsichen Sprachraum echtes Multiple Choice), andere Prüfungen werden mit dem Multiple Response Verfahren abgehalten (mehr als nur eine richtige Antwort möglich). Das bedeutet, bei fehlenden richtigen Antworten werden Punkte abgezogen. Multiple-Response-Prüfungen sind erheblich schwieriger als Multiple-Choice-Prüfungen und die Durchfallquote ist höher. Eine Prüfung ist jedoch ohne die Kenntnis der möglichen falschen Antworten nicht vergleichbar, weil im Multiple-Choice-Verfahren die richtigen Antworten auch durch Ausschluss der falschen Antworten erraten werden könnten. 

Welche Möglichkeiten haben Schulungsträger

Der Gesetzgeber schließt niemand von der Möglichkeit aus, NiSV-Schulungsträger zu werden. Bedingung ist jedoch, dass nachweisliche Kompetenz der Inhaltsvermittlung und die organisatorischen und strukturellen Voraussetzungen vorhanden sein müssen. Die NiSV schafft keine rechtliche Grundlage dafür, dass die Überwachungsbehörden nur solche Fachkundenachweise anerkennen, die in einem akkreditierten Verfahren erlangt wurden.

Viele Schulungsträger erfüllen bereits die organisatorischen und strukturellen Voraussetzungen, können die fachlichen Inhalte aber nur mit sehr großem Aufwand zusammenstellen. Partnerschaften mit Schulungsträgern oder Dienstleistern, die NiSV-konforme Schulungsunterlagen erstellt haben können helfen die Schulungskapazität für Lernende zu erhöhen.

Über den Deutsche Gesellschaft für EU Konformität DEGEUK e.V.

Im Branchenverband DEGEUK® organisieren sich Dienstleister für körpernahe Behandlungen, Hersteller und Inverkehrbringer von apparativer Kosmetik sowie Fortbildungsstätten. DEGEUK® unterstützt die kleinen und mittelständischen Unternehmen im Bereich der apparativen Kosmetik und ästhetischen Medizin. Für die rechtssichere Ausübung ihrer Tätigkeit vertritt die DEGEUK® ihre Interessen vor Behörden. Darüber hinaus beteiligt sich die DEGEUK® am Diskurs berufspolitischer Themen, stellt Experten in Normungsorganisationen und engagiert sich bei zahlreichen Informationsveranstaltungen, Workshops und Foren. Zentraler Arbeitsschwerpunkt sind die Themen Fortbildung und Einweisung von Anwendern mit apparativer Kosmetik. Die in der DEGEUK® organisierten Unternehmen und Verbände erreichen nahezu alle Anwender apparativer Kosmetik.

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