Die Mythologien der Imazighen, der indigenen Bevölkerung Nordafrikas, bilden den Anfangspunkt der Arbeit ›AKAL‹ (25. & 26.11.), die Radouan Mriziga bei PACT auf die Bühne bringt: die altägyptische Gottheit Neith spielt bei der eindrucksvollen Tanzperformance ebenso eine Rolle wie zeitgenössische Kunstformen. Rap trifft auf traditionelle Rituale, zeitgenössische Bewegung auf traditionellen Tanz, mit einnehmender Intensität performt von der Tänzerin, Choreographin und Sängerin Dorothée Munyaneza. 

2019 begann Radouan Mriziga eine choreographische Trilogie, die die Kultur und Geschichte der Imazighen, der indigenen Bevölkerung Nordafrikas, in den Mittelpunkt stellt. Jeder Teil der Trilogie, zu der auch ›Sonne‹ und ›Mond‹ gehören, ist dabei von mythologischen Frauenfiguren inspiriert, die die Kultur der Imazighen verkörpern und schützen. In ›AKAL‹ ist es die altägyptische Göttin Neith, die mit Geburt und Tod assoziiert wird und die Seelen der Toten in die Unterwelt führt. In dem Solo, das von der ruandischen Choreographin, Tänzerin und Sängerin Dorothée Munyaneza dargestellt wird, zelebriert Mriziga die Kraft der Göttin.

In der Choreographie verbinden sich Rituale, traditionelle Tänze und Geschichten, Gesang, Poesie und Rap zu einer intensiven Erfahrung. Dabei stellen sich auch Fragen danach, welche Geschichten in das kollektive, historische Gedächtnis eingehen: in westlichen Gesellschaften wird das geschriebene Wort häufig höher bewertet als mündliche Überlieferungen. Doch, welche Erinnerungen geraten durch diese Wertung in Vergessenheit und werden aus der akademischen Historienbildung ausgeschlossen? Im Fall der Imazighen ist die dominante Geschichtsschreibung über die eigene Kultur aus einer Außenperspektive festgehalten. Dabei geraten jedoch zentrale Bestandteile der kulturellen Identität der nordafrikanischen, indigenen Bevölkerungsgruppe aus dem Blick: ihre Philosophie, ihre handwerklichen Errungenschaften und ihre wissenschaftlichen Entdeckungen, deren Erbe sich im mediterranen Kulturraum niederschlägt, wurden in der westlich geprägten Geschichtsschreibung außer Acht gelassen.

Mriziga holt mit seiner Trilogie die Kultur und das kulturelle Erbe der Imazighen zurück auf die Bühne. »Ich habe mich immer gefragt, an welcher Stelle die Imazighen und die Bevölkerung in Nordafrika einen Platz in der Geschichte der westlichen Zivilisation einnehmen – schließlich nehmen sie in der Entwicklung zivilisatorischer Instrumente eine zentrale Rolle ein, werden aber kaum in ihrer Wichtigkeit wahrgenommen. Ich wollte also eine Arbeit kreieren, die meine Wurzeln adressiert und die Geschichte und das Wissen dieser Gemeinschaft, aus der ich komme,« so Mriziga über die Trilogie. Mit ›AKAL‹ inszeniert er als Abschluss der dreiteiligen Reihe nun einen intimen choreografischen Raum, in dem ein neuer Blick auf eine unterdrückte Vergangenheit von einer inklusiveren Zukunft träumen lässt.

Über Radouan Mriziga
Radouan Mriziga, geboren in Marrakesch, lebt in Brüssel, wo er an der renommierten Hochschule P.A.R.T.S ausgebildet wurde. In seinen Arbeiten erforscht er die Beziehung zwischen Raum, Architektur, dem Körper und dem Geist. Die Beschäftigung mit den Wechselwirkungen von Performance und Architektur prägte eine Reihe seiner Werke: 2014 sein Solo ›55‹, gefolgt von ›3600‹ (2016), ›7‹ (2017) und ›0.‹ (2019). Seine 2019 begonnene Trilogie, die aus den Werken ›Tafukt‹, ›Ayur‹ und ›AKAL‹ besteht, untersucht, wie vergessene und verdrängte Erzählungen wiederentdeckt und geteilt werden können – im Fokus dieser Auseinandersetzung steht die Kultur der nordafrikanischen Imazighen. Von 2017 bis 2021 war Mriziga Artist-in-Residence am Kaaitheater in Brüssel. Von 2021 bis 2024 ist er Artist-in-Residence bei De Singel in Antwerpen.

Termine ­

Fr 25.11. | 20 Uhr
Sa 26.11. | 20 Uhr
Deutschlandpremiere / Koproduktion  
Radouan Mriziga 
›AKAL‹
Tanz / Performance
In englischer Sprache

Tickets: 
VVK 15€ erm. / 10€
AK 20€ erm. / 15€

https://tickets.pact-zollverein.de

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