Der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) e. V. führte am 25. und 26. November seine Jahreshauptversammlung durch. In Hannover waren rund 250 Unternehmer aus dem privaten niedersächsischen Verkehrsgewerbe (Güterkraftverkehr, Entsorgung, Spedition, Logistik, Möbelspedition, Omnibus und Touristik sowie Taxi, Mietwagen und Krankentransporte) vertreten.

Neben satzungsgemäßer Verbandsarbeit im Rahmen der Jahreshauptversammlung informierte der GVN am zweiten Tag in einem spannenden Workshop zum Thema Arbeitsrecht mit dem Richter am Bundesarbeitsgericht (BAG), Ralf Zimmermann. Umrahmt wurde die Veranstaltung durch eine Ausstellung der GVN-Fördermitglieder. Hier konnten sich die Mitglieder über neueste Produkte und Dienstleistungen der Sponsoren informieren.

Jahreshauptversammlung 25.11.2022:

Der erneut zum GVN-Präsidenten wiedergewählte Mathias Krage eröffnete die erste Präsenz-Veranstaltung nach zwei Pandemie-Jahren mit den Worten: „Hatten wir Anfang des Jahres noch geglaubt, dass es nach dem Corona-Tief mit der Wirtschaft wieder etwas aufwärts gehen könnte, hat uns der nächste Dämpfer kalt erwischt: Putins Angriffskrieg auf die Ukraine im Februar 2022 hat die Situation in allen Bereichen und Branchen aus den Fugen geraten lassen. Seit nunmehr neun Monaten bestimmen u. a. eine seit über 50 Jahren nicht dagewesene Inflation und dauerhaft hohe Energiepreise unseren Alltag. Für den Wirtschaftsstandort Deutschland ein Desaster, das an der Kraft aller Unternehmer zerrt.“

„Der Druck auf die deutsche Wirtschaft hat auch weitreichende Folgen für die Unternehmen des Güter- und Personenverkehrs. Abgesehen von hohen Energiepreisen fehlt uns vor allem Personal. Der Personalmangel ist mittlerweile das Wirtschaftsrisiko Nr. 1. Wenn Unternehmer sich gezwungen sehen, sich den Stress mit den Fahrern nicht mehr zu machen und aufgeben, dann ist das eine bedrohliche Tendenz“, so Krage weiter.

Er versprach den Unternehmern, dass der GVN als Unternehmerverband alles daransetzen wird, ihre Interessen bestmöglich zu vertreten. Mit starker Stimme, damit ihre Marktposition gesichert bleibt. Er dankte den GVN-Fördermitgliedern und Sponsoren, die diese Arbeit unterstützen und begleiten.

An die Politik, insbesondere an das neue rot-grüne Bündnis auf Landesebene appellierte Krage abschließend: „Nie war eine starke Wirtschaft wichtiger als jetzt – und dazu brauchen wir die Unterstützung aus der Politik! Die Herausforderungen sind zu groß, als dass es die Politik alleine schafft. Das geht nur gemeinsam mit der Wirtschaft!“

Ein Grußwort an die Teilnehmer sprach der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover, Belit Onay (Bündnis 90/Die Grünen). Präsident Krage gab ihm die Möglichkeit, mit Vorurteilen aufzuräumen, wenn es um die Mobilitätswende in einer autofreien City geht.

GVN-Hauptgeschäftsführer Benjamin Sokolovic stellte in seinem Rechenschaftsbericht aktuelle Probleme der niedersächsischen Unternehmer des Verkehrsgewerbes vor.

Im Bereich Güterverkehr und Spedition sind die zentralen Themen Energieknappheit, hohe Energiepreise, Inflation und gestörte Lieferketten, ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg. Daneben gab es nicht weniger herausfordernde Themen wie AdBlue-Mangel, EU-Mobilitätspaket und die Preisentwicklung, die die Branche geprägt hat. Ein weiteres Problem ergab sich durch die Erhöhungen bei den LNG-Preisen, die sich binnen kürzester Zeit vervierfacht haben. Viele Unternehmen, die gutgläubig der Aufforderung der Politik nachgekommen waren und sich LNG-Lkw angeschafft hatten, sind von der Politik einfach im Stich gelassen worden. Die Unternehmer fragen sich, wer in Zukunft noch in neue Technologien investieren soll, wenn die Politik diesen Vertrauensbruch jetzt nicht kompensiert. Auch der zunehmende Arbeitnehmermangel zwingt Unternehmer immer öfter, Aufträge abzulehnen, Fahrzeuge stehen zu lassen, den Fuhrpark zu verkleinern oder sogar ganz zu schließen. Das wiederum bewirkt, dass der ohnehin schon fehlende Laderaum noch knapper wird. Der GVN warnt: Sollte hier nicht ein Turnaround gelingen, kann die Versorgung in Deutschland nicht sichergestellt werden.

Kritisch-optimistisch war die Fachvereinigung Omnibus und Touristik in das Jahr 2022 gegangen. Die angekündigte Gleichbehandlung im ÖPNV ist auch im fünften Jahr nach ihrer Ankündigung immer noch nicht umgesetzt. Es gibt hier immer noch eine inakzeptable Ungleichbehandlung zwischen kommunalen und privaten Verkehrsunternehmen. Das ist für den GVN nicht hinnehmbar und man wird dafür weiterkämpfen. Eine fehlende Gleichbehandlung verhindert die geplante Verkehrswende. Zumindest mit der Zwischenlösung „Sonderomnibusförderung 2021“, deren Mittel ab 2022 ausgezahlt werden konnten, wurde aufgrund des massiven Drucks der GVN-Fachvereinigung erreicht, dass das private Omnibusgewerbe in Niedersachsen rund 220 neue umweltfreundliche Linienbusse für den ÖPNV beschaffen konnte. Das Fördervolumen betrug über 21 Mio. Euro und löste Investitionen von rund 53 Mio. Euro aus. Im Reiseverkehr sind die Buchungszahlen noch weit vom 2019er Niveau entfernt. Hier hat die Fachvereinigung erfolgreich eine Förderung für die Reisebusunternehmen von insgesamt 8 Mio. Euro erreichen können.

Für die Fachvereinigung Taxi und Mietwagen dominierten 2021/2022 die schweren Verhandlungen über Beförderungsentgelte mit den Krankenkassen sowie die Taxitarife mit insgesamt 53 kommunalen Körperschaften die Arbeit. Beides konnte im Ergebnis erfolgreich abgeschlossen werden. Skandalös war indes, dass sich einige Verkehrsbehörden Bearbeitungszeiten von bis zu 1,5 Jahren leisteten. Das ist nicht nur nicht hinnehmbar, das grenzt an behördliche Arbeitsverweigerung. Gleiches gilt für einige Eichämter. Eine inakzeptable Situation, an deren Verbesserung die Fachvereinigung mit Hochdruck arbeitet. Erfreulich ist, dass mit dem Wirtschaftsministerium eine 6-Millionen-Förderrichtlinie auf den Weg gebracht wurde. Aktuell arbeitet die Fachvereinigung an einer Förderung für E-Fahrzeuge und Ladeinfrastruktur.

Workshop „Arbeitsrecht“ am 26.11.2022:

Am zweiten Tag ging es im Workshop Arbeitsrecht um aktuelle Themen wie die neue Minijob-Grenze, den elektronischen Gelben Schein ab dem 01.01.2023, um die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung, die häufigsten Irrtümer zum neuen Nachweisgesetz, um Fragen zur Inflationsprämie und um das Thema Urlaubsrecht. Updates hierzu erhielten die über 100 Teilnehmer nicht nur von dem aus Niedersachsen stammenden Richter am Bundesarbeitsgericht, Ralf Zimmermann, sondern auch von dem GVN-Hauptgeschäftsführer und Leiter der Rechtsabteilung, Benjamin Sokolovic. Beide gaben – unter reger Beteilung der Unternehmer – einen Rückblick über das Jahr 2022 und einen Ausblick auf das 2023.

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