Seit Projektstart im Juli 2022 konnten 48 Museen, staatliche, regionale und spezialisierte Archive, nationale kulturhistorische Naturschutzreservate, Bibliotheken, Forschungsinstitute und andere kulturelle Einrichtungen unterstützt werden. Dabei erhält das Museum auf teilweise bewegende Weise Einblick in die Nöte von Museumskolleg:innen.
Die Hilfe durch das Museum Berlin-Karlshorst, welche die gesamte Ukraine erreicht, ist sehr vielfältig. An vielen Orten spielt die digitale Sicherung von Fotos, Dokumenten und Exponaten eine große Rolle, da auf diese Weise im Fall der Zerstörung Kopien vorhanden sind. Oft geht es aber auch darum, Lagerräume zu schaffen, zu erweitern, nach Beschuss zu reparieren und zu schützen. Das Museum beschafft des Weiteren Verpackungsmaterial, Restaurierungs- und Baumaterialien. Zudem dienen Hilfsmaßnahmen dazu, die Feuchtigkeits- und Temperaturregulierung in Depots zu gewährleisten oder den Brandschutz zu verbessern.
Die Museumsmitarbeiter:innen blicken auf viele kleine und große Erfolge. Zum Beispiel konnten zuletzt dem Archiv in Charkiw, dem Gedenkmuseum totalitärer Regime "Territorium des Terrors" in Lwiw und der zivilgesellschaftlichen NGO „After Silence“ geholfen werden. Ekaterina Malygina, die hauptverantwortlich für das Projekt ist, betont dabei: „Wir finden aufgrund unserer Erfahrung und Kontakte schnell einen sehr persönlichen Draht zu den Kolleginnen und Kollegen. Wir realisieren die Hilfen mit Partnern vor Ort, kaufen benötigte Materialien vor Ort und sind dafür Tag und Nach ansprechbar. Die Dankbarkeit ist unendlich groß.“
In Charkiw verlor das dortige Archivgebäude während der Kämpfe fast alle Fenster. Auch die Heizungsanlage und die Elektrik wurden schwer beschädigt, viele der Arbeitsgeräte gingen verloren. Mit Hilfe aus Karlshorst wurden erste Notmaßnahmen zur Sicherung des Gebäudes für die Wintermonate umgesetzt. Alle Fensteröffnungen konnten verschlossen und Brandschutzmaßnahmen getroffen werden. Darüber hinaus erhielt das Archiv in Charkiw technische Geräte für die physische und digitale Sicherung der erhalten gebliebenen Bestände. Nicht nur in Charkiw, auch in anderen Einrichtungen, ist dabei der Bedarf an Generatoren und Luftentfeuchtern sehr groß. Angesichts ständiger Stromausfälle und Störungen der Wasser- und Heizungsversorgung stellt die Aufrechterhaltung der richtigen Feuchtigkeits- und Temperaturbedingungen in Lagerräumen eine große Herausforderung dar.
Parallel zu physischen Schutzmaßnahmen bietet die Digitalisierung innovative Möglichkeiten zur Sicherung von Sammlungen. Das Gedenkmuseum totalitärer Regime "Territorium des Terrors" in Lwiw digitalisiert mit Unterstützung aus Karlshorst und in Zusammenarbeit mit dem ukrainischen Dienstleister „Skeiron“ seine Ausstellung und einen Teil der Bestände. Von besonders wertvollen Exponaten werden 3D-Modelle gesichert. Zudem entsteht ein virtueller Online-Rundgang durch die Ausstellung. Mehrere andere ukrainische Museen können durch die Bemühungen der Partnerorganisation „Raduga“ aktuell ebenfalls virtuelle Versionen von ihren Ausstellungen erstellen. Damit sind sie bald für Interessierte aus der ganzen Welt zugänglich.
Neben den großen nationalen Einrichtungen erhalten auch kleinere zivilgesellschaftliche Initiativen Unterstützung. Die NGO „After Silence“ besteht aus einem kleinen Team, das Interviews mit Zeitzeug:innen des Zweiten Weltkrieges aufzeichnet und deren Privatarchive digitalisiert. Vor dem Hintergrund des massiven russisch-ukrainischen Krieges ist die Bewahrung solcher Berichte über die gemeinsame Geschichte extrem gefährdet und besonders wichtig. Die Interviews werden nun transkribiert und in Kürze online zugänglich sein.
Die Digitalisierung bietet weitere Möglichkeiten zur Sicherung von Sammlungen. Das Museum Berlin-Karlshorst schult ukrainische Kolleg:innen im Umgang mit der Systemsoftware Museum-Digital. Mit Hilfe des Programms können Objekte, Fotos oder Dokumente systematisiert und für die Präsentation im Internet aufbereitet werden. Ukrainische Sammlungen sollen auf diese Weise langfristig online recherchierbar werden. Das Museum hat eine russischsprachige und eine ukrainischsprachige Version erstellt sowie in Zusammenarbeit mit dem deutschen Entwickler von Museum-Digital für die Ukraine eine eigene Version erarbeitet (https://ua.museum-digital.org/). Bereits 30 ukrainische Museen möchten Museum-Digital zukünftig für ihre Arbeit nutzen. Außerdem beteiligt sich das Museum Berlin-Karlshorst am Programm „OBMIN“ (dt. „Austausch“), in dem ukrainische und deutsche Museen ihre Erfahrungen in der Digitalisierung austauschen und zukunftsträchtige gemeinsame Projekte diskutieren.
Das Museum Berlin-Karlshorst kann diese vielfältige Hilfe leisten, weil die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) das Hilfsprojekt fördert, d.h. vollumfänglich finanziert. Zum Jahresende, also in etwa vier Wochen, endet leider das Projekt zur Archivgutsicherung in der Ukraine und damit die Unterstützungsleistung durch das Museum Berlin-Karlshorst im Jahr 2022. Es konnten bislang insgesamt 390.000 Euro ausgezahlt werden. Das Museum konnte mit kleinen Summen vielen Einrichtungen in der Ukraine sehr effektiv helfen.
Das Museum Berlin-Karlshorst ist Teil des durch die BKM gegründeten Netzwerks Kulturgutschutz Ukraine. Wichtige Partner des Museums bei der Koordination der Hilfen sind die Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg, das Hilfsnetzwerk Überlebende der NS-Verfolgung in der Ukraine, der Verein KONTAKTE-KOНTAKTbI, das Netzwerk Erinnerung und das Deutsche Historische Museum. Wesentlich ist ebenfalls der Erfahrungsaustausch und die Zusammenarbeit mit dem Ukraine Art Aid Center und mit ICOM Deutschland. Die Kooperationspartner bei der Digitalisierung von Museen in der Ukraine sind Museum-Digital und die Initiative SUCHO (Saving Ukrainian Cultural Heritage Online).
Museum Berlin-Karlshorst
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