Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde gegen die deutsche Beteiligung am europäischen Wiederaufbaufonds Next Generation EU zurückgewiesen. Das Gericht sieht auch in der Schuldenfinanzierung des Fonds keine Überschreitung der EU-Kompetenzen. Prof.  Dr.  Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ am ZEW Mannheim, erklärt dazu:

„Diese Entscheidung aus Karlsruhe stärkt diejenigen, die in Zukunft vermehrt europäische Aufgaben über Schulden finanzieren wollen. Zwar stellt das Gericht klar, dass eine Schuldenfinanzierung allgemeiner Haushaltsaufgaben nicht zulässig wäre. Faktisch ist der Karlsruher Spruch aber grünes Licht für andere, auf besondere Ausgabenzwecke zugeschnittene, europäische Verschuldungsfenster. Mit diesem Rückenwind aus Karlsruhe wird der Druck aus Brüssel auf die Bundesregierung nun wachsen, den Weg für die Schuldenfinanzierung neuer EU-Programme frei zu machen. In der Sache hat es sich das Gericht bei der Prüfung der für Deutschland sich ergebenden Haftungskonsequenzen zu leicht gemacht. In seiner Begründung schließt die Mehrheit des Zweiten Senats aus, dass es auf Dauer zur deutschen Haftung für ausfallende Beitragszahlungen anderer Mitgliedstaaten kommen könnte. Diese Sichtweise fußt aber auf der optimistischen Annahme, dass es in der Europäische Union bis zur finalen Tilgung des Fonds im Jahr 2058 zu keinen Insolvenzen von Mitgliedstaaten oder harten Austritten aus der Union kommen wird. Zahlreiche Analysen belegen aber, dass etliche EU-Staaten mittelfristig ein gravierendes Schuldentragfähigkeitsproblem haben. Sich trotzdem über Jahrzehnte auf die Fähigkeit zur EU-Beitragszahlung aller heutigen 27 EU-Staaten zu verlassen, kann nicht überzeugen. Weil das Bundesverfassungsgericht als strategischer Partner der Bundesregierung in EU-Finanzverhandlungen jetzt weggefallen ist, ist nun der Deutsche Bundestag in besonderer Weise gefragt, seine Kontrollverantwortung für Deutschlands europäische Haftung wahrzunehmen.“

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Das ZEW in Mannheim forscht im Bereich der angewandten und politikorientierten Wirtschaftswissenschaften und stellt der nationalen und internationalen Forschung bedeutende Datensätze zur Verfügung. Das Institut unterstützt durch fundierte Beratung Politik, Unternehmen und Verwaltung auf nationaler und europäischer Ebene bei der Bewältigung wirtschaftspolitischer Herausforderungen. Zentrale Forschungsfrage des ZEW ist, wie Märkte und Institutionen gestaltet sein müssen, um eine nachhaltige und effiziente wirtschaftliche Entwicklung der wissensbasierten europäischen Volkswirtschaften zu ermöglichen. Das ZEW wurde 1991 gegründet. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Derzeit arbeiten am ZEW Mannheim rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen rund zwei Drittel wissenschaftlich tätig sind.

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