Der Landesverband Erneuerbare Energien NRW lehnt die von der Bundesregierung geplante Erlösabschöpfung für flexible Biogasanlagen entschieden ab. Das wäre ein erheblicher Rückschritt für die Energiewende.

Als „komplett fehlgeleitet“ kritisiert der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) die aktuellen Pläne der Ampelregierung, dass auch flexible Biogasanlagen rückwirkend zum 1. Dezember von der sogenannten Stromerlösabschöpfung betroffen sein sollen. „Das wäre nicht nur ein krasser Rückschritt für die Energiewende, viele der bundesweit 3.500 Flex-Anlagen müssten wahrscheinlich Insolvenz anmelden“, drängt Dr. Thomas Griese, stellvertretender Vorsitzender des LEE NRW, auf eine Korrektur des schon in erster Lesung vom Bundestag debattierten Gesetzentwurfes.

Denn die Flex-Anlagen, so der Fachjargon, gehören zum Rückgrat der Energiewende. Diese Biokraftwerke liefern immer dann grünen Strom, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. „Diese Flex-Anlagen sind zurzeit die technisch einzige mögliche Antwort mit erneuerbaren Energien bei einer Dunkelflaute Energieengpässe zu verhindern“, so Griese.

Damit Biogaslagen bedarfsgerecht den erzeugten Ökostrom ins Netz einspeisen können, haben ihre Betreiber in der Vergangenheit sechs-, siebenstellige Summen in die Umrüstung ihrer Anlagen investiert und sind dabei auch den Vorgaben der Politik gefolgt.

Zu diesen Biogasbauern zählt auch Reiner von Meer aus Euskirchen. Seit 2004 betreibt der Rheinländer auf seinem Hof eine Biogasanlage, deren Bau Anfang der 2000er Jahre mit staatlichen Fördergeldern unterstützt worden ist. „Bleibt es so bei diesem Gesetzentwurf, muss ich Insolvenz anmelden“, verweist von Meer auf die Konsequenzen und gleichzeitig auf die in den vergangenen Monaten drastisch gestiegenen Rohstoffkosten: „Während der Rohstoff Wind und Sonne kostenlos ist, sind auch wir Biogasbauern von der Teuerungswelle erfasst.“

Nicht nur die drohende Erlösabschöpfung ist für Reiner von Meer ein Ärgernis: „Wenn das Bundeswirtschaftsministerium zuletzt behauptet hat, dass 95 Prozent aller Biogasanlagen überhaupt nicht von der Neuregelung betroffen sind, wird die Öffentlichkeit bewusst getäuscht.“

Auch für Hendrik Becker ist der vorliegende Gesetzentwurf „absolut nicht durchdacht und kontraproduktiv.“ Becker ist Gründer und Gesellschafter der PlanET Biogastechnik GmbH mit Sitz im münsterländischen Gescher, einem der mit rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hierzulande führenden Hersteller von Biogasanlagen: „In den zurückliegenden Jahren war der Markt für neue Biogasanlagen in Deutschland bereits sehr eng. Angesichts des fehlenden Zubaus wurde es immer schwieriger, Entwicklungen und Prototypen wie beispielsweise für noch effizientere Flex-Anlagen hier vor Ort zu testen. Zum Teil mussten wir für die Erprobung bereits nach Frankreich und Nordamerika ausweichen. Dies führt dazu, dass auch die deutschen Arbeitsplätze und der hiesige Standort immer mehr unter Druck geraten, mehr und mehr Stellen ins Ausland zu verlagern.“

Von den Bundesabgeordneten aus NRW fordert der LEE NRW, sich bei der noch vor Weihnachten anstehenden Abstimmung für folgende Änderungen beim Gesetzentwurf stark zu machen:

Alle flexiblen Bioenergieanlagen müssen von der Erlösabschöpfung ausgenommen werden;
Es darf keine Abschöpfung von fiktiven Erlösen geben. D.h. die Abschöpfung oberhalb der Stromerlösobergrenze schöpft nicht tatsächlich erzielte Mehreinnahmen ab, sondern nur fiktive Erlöse. Diese fiktiven Erlöse werden allein auf Basis der Börsenpreise sowie von in der Vergangenheit abgeschlossenen Direktvermarktungsverträgen mit schlechteren Konditionen berechnet, die faktisch gar nicht erzielt worden sind;
Soweit überhaupt eine Erlösabschöpfung in Betracht kommt, muss die Berechnung auf einer anderen Berechnungsgrundlage erfolgen: Entscheidend dafür sollte nicht die maximale installierte Leistung der Anlage sein, sondern die jährliche maximale Durchschnittsleistung (im EEG als Höchstbemessungsleistung bezeichnet). Hier liegt die Besonderheit gegenüber der Wind- und Solarenergie: Gerade flexible Biogasanlagen nutzen ihre maximale Leistung kaum aus – diese Anlagen werden nur während weniger Stunden im Jahr, in denen Wind und Sonne nicht zur Verfügung stehen, mit maximaler Leistung gefahren.

LEE NRW-Vorstand Thomas Griese: „Der Bundestag muss den Gesetzentwurf ändern, damit die flexible Biogaserzeugung nicht unter die Räder kommt, sondern weiter für die Versorgungssicherheit genutzt und ausgebaut werden kann.“

Über den Landesverband Erneuerbare Energien NRW e.V.

Als Dachverband der Erneuerbare-Energien-Branche in Nordrhein-Westfalen bündelt der LEE NRW die Interessen aus allen Bereichen der Energiewende. Zum Verband zählen mittelständische Unternehmen, Verbände und Bürger. Das gemeinsame Ziel: 100% Erneuerbare Energien bis 2045 – in den Bereichen Strom, Wärme und Verkehr. Dafür engagieren sich auch fünf LEE-Regionalverbände als kompetente Ansprechpartner vor Ort. Denn im Energieland Nr. 1 ist die Branche wichtiger Arbeitgeber für 46.000 Beschäftigte, die 2017 ein Umsatzvolumen von 10 Mrd. Euro erwirtschafteten.

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