Die Handwerkskammer begrüßt den neuen Gesetzesentwurf. „Wir fordern seit langem klare Perspektiven, damit sowohl Betriebe, als auch deren Auszubildende oder Mitarbeiter mit Flüchtlingshintergrund nicht ständig mit der Angst leben müssen, dass es plötzlich zur Abschiebung kommt“, sagt Werner Rottler, Präsident der Handwerkskammer Konstanz.
Menschen, die am Stichtag, dem 31. Oktober 2022, seit fünf Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland leben, sollen künftig eine auf 18 Monate befristete Aufenthaltserlaubnis (§ 104c AufenthG-E) erhalten. Wer diese Zeit gut nutzt und unter anderem einer Arbeit oder Ausbildung nachgeht, die deutsche Sprache erlernt und sich um einen Identitätsnachweis kümmert sowie bisher nicht straffällig geworden ist, hat die Chance auf den Erhalt des Bleiberechts (nach §§ 25a, 25b AufenthG).
„Wir kennen jede Menge Fälle, in denen sich Geflüchtete gut integriert haben. Das sind tolle Handwerker, die für den Betrieb eine wichtige Stütze sind, wie uns berichtet wird. Wir sprechen hier von Menschen, die längst bei uns angekommen sind, die Freunde gefunden haben und die sich auch im Fußball- oder Dorfverein einbringen. Diesen nun eine schnellere Möglichkeit zu geben, um sich langfristig bei uns niederlassen zu können, ist ein wichtiges Signal“, sagt Rottler. Er fordert, dass bis zum Inkrafttreten des Gesetzes kein Mensch mit entsprechender Bleibeperspektive nach dem Chancen-Aufenthaltsrechts abgeschoben werden sollte. „Vor allem müssen Betriebe unbedingt rechtzeitig informiert und angehört werden, wenn eine Abschiebung eines Azubis oder Mitarbeiters im Raum steht“, so Rottler.
Nach dem Gesetz sollen die schon erwähnten besonderen Integrationsleistungen von Geduldeten künftig gewürdigt werden, indem ihnen nach sechs Jahren – oder schon nach vier Jahren bei Zusammenleben mit minderjährigen Kindern – ein Bleiberecht eröffnet wird. Die Voraufenthaltszeiten werden damit um jeweils zwei Jahre reduziert. Zudem sollen durch das Chancen-Aufenthaltsrecht bestimmte Regelungen aus dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz entfristet werden, um den Standort Deutschland für Fachkräfte aus Drittstaaten attraktiver zu machen.
Im Gebiet der Handwerkskammer Konstanz sind derzeit allein 290 junge Menschen aus Asylstaaten in einer handwerklichen Ausbildung, davon über 130 aus Syrien. Die meisten Geflüchteten erlernen einen Beruf in der Metall- und Elektrobranche, wo der Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften besonders hoch ist, wie Werner Rottler erläutert. „Natürlich benötigen viele vor allem sprachlich Unterstützung, um dem Unterricht in der Berufsschule folgen zu können. Das ist sowohl für die Betriebe als auch für die Auszubildenden oft eine Herausforderung. Daher begrüßen wir jede Form der Förderung von Integrations- und Berufssprachkurse, wie es auch im neuen Gesetz vorgesehen ist“, fügt Rottler hinzu.
Das Gesetz ist nicht zustimmungsbedürftig, soll voraussichtlich am 16. Dezember 2022 im Bundesrat behandelt werden und am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten.
Das Handwerk ist mit seinen vielen kleinen und mittleren Betrieben das Herz der deutschen Wirtschaft. Zum Bezirk der Handwerkskammer Konstanz, der die Landkreise Konstanz, Schwarzwald-Baar, Tuttlingen, Rottweil und Waldshut umfasst, gehören annähernd 13.000 Handwerksunternehmen mit etwa 70.000 Beschäftigten und über 4.000 Auszubildenden.
Die Handwerkskammer vertritt nicht nur die Interessen ihrer Mitglieder, sondern bietet ihnen auch eine umfassende Beratung an, etwa zur Fachkräftesicherung, Aus- und Weiterbildung, Betriebswirtschaft, Unternehmensführung, Recht, Umweltschutz und Technologie.
Außerdem ist die Handwerkskammer ein großer Bildungsanbieter mit Bildungsakademien in Singen, Rottweil und Waldshut sowie der gemeinsam mit der IHK betriebenen Beruflichen Bildungsstätte in Tuttlingen.
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