Die strukturierte Zweitmeinung ist in der Urologie seit Jahren fest verankert: Initiiert von der Deutschen Hodentumor-Studiengruppe (GTCSG) etablierte die DGU bereits 2006 mit dem „Zweitmeinungsprojekt Hodentumor“ die erste Online-Plattform zur Einholung einer Expertenempfehlung bei Hodentumorerkrankungen. Im Jahr 2017 wurde die Plattform von der DGU und dem aQua-Institut (Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH) neu aufgebaut und ist seitdem als "eKonsil" am Start. Die Techniker Krankenkasse (TK) unterstützte die Weiterentwicklung des digitalen Konsils und vergütete, ebenso wie die Hanseatische Ersatzkasse (HEK), die Zweitmeinung vor Therapiebeginn bei Hodentumoren für ihre Versicherten im Rahmen eines Selektivvertrages. Der nächste große Schritt folgte 2021: Das eKonsil Urologie wurde um die Entitäten Peniskarzinom und metastasiertes Nierenzellkarzinom erweitert. Auch diese Konsile wurden für Versicherte der TK und der HEK honoriert – sowohl für die anfragenden Fachärztinnen und -ärzte sowie Kliniken als auch für die konsilgebenden Spezialistinnen und Spezialisten. Für Patienten anderer Krankenkassen wird die Zweitmeinung bis dato zwar nicht vergütet, kann aber unentgeltlich eingeholt werden.
„Dass urologische Telekonsile künftig für Versicherte aller gesetzlichen Krankenkassen innerhalb der Regelversorgung durchgeführt und abgerechnet werden können, setzt neue finanzielle Anreize für das Einholen einer Expertenmeinung auf dem aktuellsten Leitlinienstand und wird Überlebenschancen und Lebensqualität der Betroffenen verbessern. Gerade bei der Behandlung von eher selten auftretenden Tumoren wie dem Hodentumor und dem Peniskarzinom ist es herausfordernd, bundesweit die neuesten Therapieoptionen vorzuhalten. Das gilt auch bei häufigeren Krebserkrankungen wie dem metastasierten Nierenzellkarzinom, für das fortwährend neue Therapieoptionen entwickelt werden“, erklärt die Mitinitiatorin des eKonsils, Prof. Dr. med. Susanne Krege.
Den Übertritt von Telekonsilien in die Regelversorgung hat der Gesetzgeber Ende 2020 mit dem Inkrafttreten der Telekonsilien-Vereinbarung ermöglicht, welche die Abrechnung von eKonsilen über den EBM erlaubt. Voraussetzung ist u.a. die Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI), mit der die Konsile ausschließlich über sichere elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien eingeholt werden. Nach wenigen erforderlichen Ergänzungen bei der Datenerfassung steht die TI-Anbindung des eKonsils Urologie nun bevor und erfolgt voraussichtlich noch im 1. Quartal 2023.
Ab Januar 2023 listet das eKonsil Urologie (https://urologie.ekonsil.org) zudem für jede Tumorentität aktuelle Studien, die den Nutzern als Therapieoption angezeigt werden. Die als Therapieoption angegeben Studien werden mit der aktuellen Liste der Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie (AUO) verlinkt (https://auo-online.de/studien), sodass auch neu hinzukommende oder auslaufende Studien sofort erfasst werden.
„So aufgestellt, wird die Expertenmeinung bei der Behandlung von Patienten mit Hodentumoren, Peniskarzinomen und metastasiertem Nierenzellkarzinom eine noch breitere Wirkung entfalten“, resümiert DGU-Generalsekretär Prof. Michel. Schon jetzt profitieren Betroffene in großem Umfang: Im eKonsil Hodentumor werden unter der medizinischen Leitung von Prof. Dr. Mark Schrader ca. 770 Fälle pro Jahr vorgestellt. 40 Experten beraten 823 Kollegen über das eKonsil, was ca. 13% der deutschen Urologinnen und Urologen entspricht. Auch die im April 2021 neu aufgenommenen Entitäten Peniskarzinom und metastasiertes Nierenzellkarzinom wurden gut von den Konsilnehmern angenommen. Im eKonsil Peniskarzinom, medizinische Leitung Prof. Dr. Chris Protzel, wurden bis Dezember 2022 beachtliche 74 Fälle beraten; im eKonsil metastasiertes Nierenzellkarzinom, medizinische Leitung Prof. Dr. Michael Siebels, waren es 28 Fälle.
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