Das Verhältnis zwischen den Milcherzeugungskosten und dem Auszahlungspreis verbesserte sich um fast 10 Prozent auf 1,25. Die Auszahlungspreise der Molkereien erreichten mit 59,33 Cent eine bisher noch nicht erreichte Höhe (ein Plus von 4,19 Cent bzw. 7,79 Prozent seit Juli 2022 und 23 Prozent gegenüber 2021). Dabei gab es große Unterschiede. In Niedersachsen und Schleswig-Holstein lagen die Milchauszahlungspreise mit 61,23 bzw. 60,62 Cent pro Kilogramm am höchsten. Die stärksten Zuwächse wurden dagegen in Bayern (+5,43 Cent auf 58,20 Cent pro Kilogramm) und in Baden-Württemberg (+4,81 Cent auf 58,07 Cent pro Kilogramm) verzeichnet. Auch in allen anderen Bundesländern lagen die Milchauszahlungspreise auf bisher nicht gekanntem Niveau zwischen 58 und 59 Cent je Kilogramm Milch.
(Zukünftig) Mehrwerte der Kuhmilch über Preiszuschläge vermarkten
Kontinuierliche Kostensteigerungen auf sehr hohem Niveau in Verbindung mit sehr niedrigen Milchauszahlungspreisen waren in den letzten sechs Jahren „normal“. Seit Juli 2022 ist die Situation neu. Milchbäuerinnen und -bauern decken die Kosten für die Herstellung von Milch. Neu ist auch, dass der Milchauszahlungspreis zu einer Verbesserung der Wirtschaftlichkeit bei den Bäuerinnen und Bauern beiträgt und nicht, wie bislang, zu einer selbstzerstörerischen Kosteneinsparung.
Nach Jahrzehnten der Kostenunterdeckung musste sich auf Grund der unfairen Marktregeln das Angebot durch das Höfesterben reduzieren. Gleichzeitig boomte der Weltmarkt. Ganz offensichtlich wird nun der Absatz auf dem für eine inländische Milcherzeugung notwendigen Mindestpreisniveau auf dem Weltmarkt schwierig. Das wiederum führt zu massiven Verwerfungen. Trotzdem ist für den Vorstandsvorsitzenden der MEG Milch Board Frank Lenz das Zurückfallen auf das Niveau der Kostendeckung keine Option.
Dass sich Milchmengensteigerungen ungebremst fortsetzen werden, bezweifelt Lenz. Ganz im Gegenteil: Die Indikatoren sprechen gegen ein strukturelles Milchmengenwachstum durch Stallneubauten oder -erweiterungen. Die Ausstiegszahlen aus der Milchproduktion sind, trotz guter Preise für Milch, nicht geringer. Es sind kaum mehr Genehmigungen zu erlangen, die Finanzierungskosten sind explodiert. Und nicht zuletzt fehlen die Fachkräfte und Hofnachfolger*innen. Solange die Bemühungen der Molkereien, durch Milchalternativen wie beispielsweise auf Basis kuhmilchfreier Fermentation, die Lücke zur vollen Auslastung ihrer Werke nicht schließen können, sind sie auf die Milch von uns Bäuerinnen und Bauern angewiesen. Die Ankündigungen einiger Molkereien, die Auszahlungspreise demnächst drastisch zu senken, tragen sicher nicht zu einer Ausweitung der Produktion bei. „Umso wichtiger ist es für diejenigen, die weiter natürliche Kuhmilch erzeugen wollen, sich zu überlegen, unter welchen Bedingungen das geschehen soll,“ fährt Lenz fort. „Wir müssen uns fragen: ‚Welche Mehrwerte bietet die Kuhmilch, und wie können wir diese Mehrwerte über Preiszuschläge vermarkten?‘ Die Auseinandersetzung mit diesen Fragen bietet die Chance, dass wir Bäuerinnen und Bauern uns nicht um jeden Preis in den Wettbewerb mit den günstigsten Milchalternativen um Marktanteile zwingen lassen müssen.“
Zusätzliche Sicherheit würde ein abgestimmtes Mengenmanagement schaffen. Lenz weiter: „Das können aber nicht die einzelnen Milcherzeuger*innen alleine regeln. Dafür müssen sie sich zu Erzeugergemeinschaften zusammenschließen und ihre Milch vertraglich geregelt verkaufen. Voraussetzung dafür ist die Einsetzung des Art. 148 GMO. Das wäre der erste Schritt, damit aus der aktuellen Situation das neue ‚Normal‘ wird.“
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