Erst kürzlich versammelte sich die globale Wirtschaftselite in dem schweizerischen Dorf Davos, um das alljährliche Weltwirtschaftsforum abzuhalten. Ein wichtiges Gesprächsthema war sicherlich die Rezessionsgefahr angesichts steigender Zinsen. Jüngst veröffentliche Daten des US-Geldmengenwachstums stützen diese These. Das könnte die seit Anfang des Jahres fallenden Langfristzinsen weiter zurückgehen lassen. Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars, warum das geringe Geldmengenwachstum in den USA auf rezessive Tendenzen hindeutet.

US-Geldmengenwachstum auf historischem Tiefstand

Das Geldmengenwachstum ist ein wichtiger Indikator dafür, wie „liquide“ eine Volkswirtschaft ist. Wächst beispielsweise die Geldmenge stark, stehen den Markteilnehmern mehr finanzielle Ressourcen zur Verfügung, um Investitionen oder Konsum zu tätigen.  Der größte Geldmengentreiber ist logischerweise die Kreditvergabe, welche hauptsächlich über den Leitzins der Zentralbank gesteuert wird.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen drei verschiedenen Geldmengen. Die sogenannte M1 umfasst den gesamten Bargeldumlauf und tägliche fällige Einlagen. Die zweite Geldmenge M2 beninhaltet neben der M1 zusätzlich Einlagen mit einer vereinbarten Laufzeit von bis zu zwei Jahren. Die letzte und häufig als breitgefasste Geldmenge bezeichnete M3 umfasst die M2 und Repogeschäfte, Geldmarktfondsanteile und Schuldverschreibungen. Die Geldmenge M3 ist der am häufigsten verwendete Indikator, wenn von Geldmengenwachstum gesprochen wird.

Bei Betrachtung von Abbildung 1 wird deutlich, dass die Geldmenge nach einem sichtbaren Anstieg im Jahre 2020 inzwischen unter dem Niveau vor der Covid-19-Pandemie liegt. Zuletzt ist sogar die M1-Geldmenge gegenüber dem Vorjahr um 1,7 Prozent gefallen, was einen historischen Tiefstand darstellt. Die breitgefasstere Geldmenge M3 schrumpfte zwar nicht, stagnierte jedoch zuletzt, was ebenfalls einen Präzedenzfall darstellt. Doch wie ist das geringe Geldmengenwachstum zu interpretieren?

Es bedeutet vor allem, dass die steigenden Zinsen der amerikanischen Zentralbank (Fed) wirken und dem Wirtschaftssystem den „Sprit aus dem Tank nehmen“. Eine ultra-expansive Geld- und Fiskalpolitik, sowie Lieferengpässe ließen die amerikanische Inflation auf zwischenzeitlich 9 Prozent ansteigen. Die Fed musste gegensteuern und Konsum und Investitionen „verteuern“, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Das ist gleichbedeutend mit der Entschleunigung des Geldmengenwachstums.

Die USA könnten damit schon bald in eine rezessive Phase eintreten, auch wenn bislang erwartet wird, dass diese nur leicht ausfallen wird. Eine Abschwächung scheint angesichts der hohen Inflation sogar notwendig, um wieder Preisstabilität herzustellen. Diesen Preis ist die Fed bereit zu zahlen. Das geringe Geldmengenwachstum deutet darauf hin, dass die Wirtschaft die steigenden Zinsen und die damit einhergehende Verteuerung von Liquidität spürt. Das könnte sich schon bald ändern, sollte das Wirtschaftswachstum sichtbar in Mitleidenschaft gezogen werden.

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