Gleichwohl ist diese nicht in gleichem Maße für alle Patient:innen zugänglich. Ländliche Gegenden verfügen beispielsweise über eine geringe Arztdichte und aufgrund des demografischen Wandels werden in Kürze knapp 90.000 Ärztinnen und Ärzte aus dem Berufsleben ausscheiden. Um weiterhin eine hochwertige medizinische Versorgung zu ermöglichen, müssen neue Wege beschritten werden, zu denen auch digitale Lösungen gehören.
Ärztinnen und Ärzte sind mit der Digitalisierung vertraut, benötigen aber funktionierende und ausreichend erprobte Tools. Doch Digitalisierung darf nicht zum Selbstzweck werden. Sie muss den ärztlichen Alltag entlasten, statt zusätzlichen Aufwand zu erzeugen. Nur dann trägt sie zu einer Verbesserung der Versorgung bei.
Patient:innen wünschen sich eine zeitnahe Versorgung, gleichzeitig auch kurze Wege. Auch die ältere Generation nutzt zunehmend digitale Medien und ist mit der Digitalisierung vertraut. Trotzdem sollte der Zugang zu digitalen Angeboten sich an einer größtmöglichen Barrierefreiheit orientieren.
Beide, Ärzt:innen sowie Patient:innen benötigen und wünschen weiterhin auch eine Zugangsmöglichkeit zum persönlichen Kontakt, entweder in der Praxis oder im häuslichen Umfeld.
Ein zeitnahes Versorgungsangebot lässt sich mithilfe digitaler Medien etablieren. Dass Telemedizin in der Versorgung hier ein wichtiger Baustein sein kann, wird durch verschiedene laufende Projekte deutlich, wie der Möglichkeit der asynchronen Konsultation, dem Einsatz von Personal mit digitaler Unterstützung vor Ort oder dem Monitoring chronisch Erkrankter wie beim Telemonitoring bei Herzinsuffizienz.
Politische Rahmenbedingungen erforderlich
Um die Telemedizin weiter im Alltag von Ärztinnen und Ärzten zu integrieren, braucht es Rahmenbedingungen für einen einfachen und praktikablen Einsatz im Alltag. Wichtig ist, dass die Förderung telemedizinischer Leistungen im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung als Ziel festgehalten wurde. Dieser Feststellung müssen jetzt Taten folgen.
Wir appellieren daher an die Koalitionsparteien, jetzt zügig die Rahmenbedingungen für eine Integration der Telemedizin zu schaffen.
Wichtige Bausteine sind:
I. Gleichwertige Voraussetzungen schaffen
Telemedizinische Leistungen sollten nicht fix über alle Fachgruppen begrenzt werden. Wie die Pandemie gezeigt hat, sind durchaus auch höhere Quoten möglich und qualitativ vertretbar. Hier bedarf es fachgruppen-individueller Lösungsansätze, die keiner Beschränkung unterliegen.
II. Einfache Nutzbarkeit
Telemedizinische Anwendungen müssen eine hohe Usability aufweisen. Die Nutzung verschiedener Kommunikationskanäle muss bei gleichbleibend hoher Qualität möglich sein. Gerade die digitalaffine Generation muss hier z.B. auf Smartphoneebene abgeholt werden. Telemedizin muss über alle Kanäle (Telefon, Video, Chat) ermöglicht werden und sich der Realität der Nutzer:innen anpassen.
III. Räumliche Flexibilität T
elemedizinische Leistungen bieten viele Möglichkeiten, die Versorgungsstruktur auszuweiten und neue Arbeitsmodelle zu schaffen. Dafür müssen sie flexibel auch in anderen Räumen als ausschließlich in der Praxis oder Nebenbetriebsstätte durchgeführt werden dürfen. So können sie unter anderem Raumprobleme in bestehenden Praxen lösen oder Ärzt:innen das Arbeiten ermöglichen, die aus organisatorischen Gründen nicht in der Klinik oder Praxis tätig sind.
IV. Integrierte Triagierung
Klar unterschieden werden muss zwischen Telemedizin in der Routine und Telemedizin in sogenannten Notfällen. Für letztere ergibt es Sinn, eine vorgeschaltete Einschätzung des Behandlungsbedarfs der Patient:innen durch geeignetes Fachpersonal mit entsprechenden Ersteinschätzungssystemen durchzuführen.
V. Verknüpfung mit Assistenzberufen
Eine telemedizinische Verknüpfung mit ärztlichen Assistenzberufen, beispielsweise fachlich spezialisierten MFA, ist sinnvoll und sollte gefördert werden. So können beispielsweise auch Spezialsprechstunden angeboten werden. Hierfür braucht es eine eigene Vergütungsstruktur.
VI. Telekonsile ermöglichen und vergüten
Telemedizin bietet die Möglichkeit, einfacher und effizienter mit anderen Fachärzt:innen übergreifend zusammenzuarbeiten. Fachärztliche Telekonsile sollten daher weiter ausgebaut und adäquat vergütet werden.
VII.Einbindung behandelnder Ärzte
Telemedizinische Versorgung im ambulanten Bereich benötigt die Einbindung der behandelnden Ärztinnen und Ärzte, da so eine zielgenaue Identifikation geeigneter Patientinnen und Patienten erfolgen kann.
Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung e.V.
Karl-Liebknecht-Straße 1
10178 Berlin
Telefon: +49 (30) 629384-94
Telefax: +49 (30) 629384-96
http://svdgv.de/