Mit der Petition wolle man den betroffenen Familien eine Stimme verleihen, erklärt HNO-Präsident Löhler: „Es ist leider häufig der Fall, dass Gesundheitspolitik an den Patienten vorbei gemacht wird. Das gilt insbesondere für die Versorgung von Kindern, die in unserem Gesundheitssystem oft zu kurz kommen. Die überfüllten Arztpraxen bei der jüngsten Infektwelle im Dezember haben dies deutlich zutage gebracht. Die Hilferufe der Eltern, die monatelang auf einen OP-Termin für ihr Kind warten müssen, wurden bisher geflissentlich überhört. Die Petition gibt der Bevölkerung die Möglichkeit, sich in die Diskussion einzubringen und ihren Appell an Politik und Krankenkassen zu richten.“ Anders als es die Krankenkassen behaupteten, treffe die Protestaktion bei den Eltern durchweg auf Verständnis, so Löhler weiter: „Es ist klar, dass niemand begeistert ist, wenn er keinen Termin für eine benötigte Operation bekommt. Wenn man den Eltern erklärt, wie gering die Bezahlung der Krankenkassen für den Eingriff bei ihrem Kind ist, zeigen sich die allermeisten mit dem Protest solidarisch.“ Eine Adenotomie mit Paukendrainage (Polypenentfernung) wird nur noch mit rund 107 Euro vergütet. Für eine Tonsillotomie (Mandelteilentfernung) zahlen die Krankenkassen gerade mal rund 174 Euro. Nach Abzug aller Kosten bleibt dabei kaum ein Honorar für den behandelnden Arzt übrig.
Der OP-Protest richte sich nicht gegen die Kinder, unterstreicht Löhler. Es gehe vielmehr darum, den Rückgang des OP-Angebots für die kleinen Patienten aufzuhalten. So zeige sich an aktuellen Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, dass alle typischen HNO-Kinderoperationen rückläufig sind. So sank die Gesamtzahl der erbrachten Eingriffe (Parazentese, Tonsillotomie und Adenotomie) um 37,4 Prozent – von 2.412 (Quartal 2/2019) auf 1.510 (Quartal 3/2022). Bei dem Vergleich wurden die Pandemiejahre 2020 und 2021 wegen der behördlich eingeschränkten Erbringung von elektiven Eingriffen ausgeklammert. Die Anzahl an operierenden Ärztinnen und Ärzten nahm um knapp ein Viertel ab (minus 23,8 Prozent): Boten im Quartal 2/2019 im Freistaat noch 268 HNO-Operateure die Leistungen an, waren es im Quartal 3/2022 nur noch 204. Löhler: „Die Zahlen belegen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der operierenden Kolleginnen und Kollegen. Viele haben sich wegen der unzureichenden Bezahlung entschieden, die operative Tätigkeit zu beenden. Die Folge sind immer längere Wartezeiten auf eine Mandel- oder Mittelohroperation.“
Unter den aktuellen Rahmenbedingungen, die für das ambulante Operieren in der gesetzlichen Krankenversicherung gelten, sei die von der Politik forcierte Ambulantisierung der Medizin nicht zu machen, erklärt der HNO-Präsident. „Statt die protestierenden Ärztinnen und Ärzte als gierig abzustempeln und mit einer verzerrten Ethikinterpretation an den OP-Tisch zurückzwingen zu wollen, sollten Politik und Krankenkassen auf die Hilferufe hören und tragfähige Lösungen für die ambulante Medizin mitgestalten.“ Ein gangbarer Weg aus der Misere bei den HNO-Kinderoperationen wäre, die Eingriffe aus dem defizitären EBM-System herauszulösen und in den neuen Bereich der sektorengleichen Leistungen einzugliedern. „Für einen solchen Schritt braucht es den politischen Willen und die Gesprächsbereitschaft der verantwortlichen Krankenkassen. Ich bin zuversichtlich, dass eine Einigung im Sinne aller Beteiligten rasch erreicht werden kann“, so Löhler. Die von den HNO-Verbänden gestartete Petition werde bis zu einer Lösung die nötige Aufmerksamkeit auf das Thema lenken.
Die Petition kann über https://chng.it/mm5RXHHK oder den QR-Code mitgezeichnet werden
Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V.
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