Die deutsche 15er-Rugbynationalmannschaft hat als Aufsteiger in der Rugby Europe Championship in der Gruppenphase bislang zwar noch keinen Sieg feiern können, sich aber insgesamt deutlich besser präsentiert, als manche Kritiker es befürchtet hatten. So sieht es auch Harald Hees, Präsident von Rugby Deutschland und selbst ehemaliger 7er- und 15er- Rugbynationalspieler. Rugby Deutschlands Verbandschef sagt im Interview, wie sehr er die Arbeit des Trainerteams und der Mannschaft schätzt, und dass er nun im wichtigen „Halbfinale“ in Polen den ersten Sieg erhofft. (Foto: Jürgen Keßler Sportfotografie)

Herr Hees, wie beurteilen Sie als Präsident und ehemaliger Nationalspieler die bisherigen Auftritte der Schwarzen Adler als Aufsteiger in der höchsten europäischen Spielklasse?

Ich muss sagen, überraschend gut. Ich denke, das Spiel in Georgien hat schon ein paar Kritikern die Augen geöffnet. Das war nicht die ganz große Niederlage, die mancher befürchtet hatte. Gegen Spanien sagt die Statistik, dass wir das Spiel über weite Strecken dominiert haben. Da war sicher mehr drin. Und zuletzt gegen die Niederlande hat womöglich die fehlende Frische dafür gesorgt, dass auch da der mögliche erste Sieg nicht geklappt hat. Aber insgesamt ist spürbar, dass in dieser Mannschaft was passiert. Von den Spielern ist zu hören, wie gut das Trainerteam mit den Jungs arbeitet. Und auch ich habe den Eindruck: Das, was Mark Kuhlmann und sein Team da machen, ist genial. Das ist eine gute Truppe mit Potenzial, die haben ein gemeinsames Ziel. Das macht einen sehr guten Eindruck.

Wie wichtig wäre es für den Verband, dass dem Team der Klassenerhalt in der Championship gelingt?

Zunächst einmal ist es natürlich das Wesen eines jeden Sportlers, sich mit den Besten zu messen. Und eine Nationalmannschaft in der höchstmöglichen europäischen Spielklasse ist natürlich als Anreiz und Motivation für ehrgeizige Nachwuchsspieler wertvoller als in der Zweitklassigkeit, keine Frage. Und dieser Erfolg würde auch einige Kritiker verstummen lassen, die sagen, wir würden nichts versuchen, wir würden uns nicht nach vorn entwickeln. Und nicht zuletzt steigert ein erfolgreiches Nationalteam natürlich auch die Aufmerksamkeit – nicht nur in der Öffentlichkeit – schon jetzt sind die Streaming-Zahlen von unseren Spielen deutlich besser als bei dem einen oder anderen Kontrahenten – sondern auch bei World Rugby, die auch irgendwann gutieren werden, was wir aus unseren zugegebenermaßen bescheidenen Rahmenbedingungen machen.

Mit Ihrer Erfahrung als Ex-Nationalspieler: Was ist von den Jungs im Spiel gegen Polen zu erwarten?

Ich selbst habe früher nie gegen Polen gespielt, aber ich weiß, dass sie traditionell physisch stark sind und dass dieses Team über einen sehr soliden Kicker verfügt. Ich denke aber, dass die Agilität unserer Mannschaft den Ausschlag in diesem Spiel geben könnte. Und natürlich müssen wir diszipliniert spielen und so dem Gegner nicht so viele Möglichkeiten auf relativ leichte Punkte geben. Ich tippe, dass wir dieses Spiel gewinnen. Das wäre für die Jungs auch psychologisch wichtig, sich für eine gute Leistung auch mal zu belohnen. Sie wissen, dass sie nah dran sind, und auch als Psychologen machen unsere Coaches einen Superjob. In Polen kann endlich der erste Sieg gelingen!

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