AOK-Chef Dr. Jürgen Peter: „Die Fallzahl-Rückgänge im vergangenen Jahr waren nicht mehr vorrangig durch die Freihaltung von Kapazitäten für schwer erkrankte Corona-Patienten bedingt. Wir gehen davon aus, dass hier die Personalausfälle infolge der Omikron-Pandemiewelle eine wesentliche Rolle spielten. In Teilen könnte aber auch eine strukturelle Bereinigung erfolgt sein. Viele Erkrankungen müssen längst nicht mehr im Krankenhaus behandelt werden, sondern können immer mehr auch ambulant versorgt werden.“
Deutlicher Rückgang bei ambulant-sensitiven Behandlungen
Die stärksten Behandlungseinbrüche gab es erneut bei den sogenannten ambulant-sensitiven Diagnosen, die sowohl im Krankenhaus als auch von entsprechend qualifizierten niedergelassenen Ärzten behandelt werden können. Die größten Rückgänge diesmal bei Rückenschmerzen (minus 36 Prozent) und Bluthochdruck (minus 29 Prozent), gefolgt von der chronischen Lungenerkrankung COPD (minus 27 Prozent), Diabetes (minus 15 Prozent) und Herzinsuffizienz (minus 6 Prozent). Damit setzt sich die Entwicklung im Vergleich zu den ersten beiden Pandemie-Jahren ähnlich deutlich fort. Dr. Peter: „Bei einzelnen Diagnosen dürfte angesichts dieser anhaltenden Entwicklung auch der Abbau von Überversorgung eine Rolle spielen.“
Einbruch bei Darmkrebs-OPs noch stärker als in den beiden Vorjahren
Anlass zur Sorge gibt der weiterhin deutliche Einbruch bei Darmkrebs-Operationen. Diese gingen 2022 um 19 Prozent zurück – und damit noch stärker als im ersten (minus 14) und zweiten Pandemiejahr (minus 11). Ursächlich ist sicherlich der pandemiebedingte starke Rückgang der Darmspiegelungen (Koloskopien), der wichtigsten Untersuchung zur Früherkennung von Darmkrebs. Dr. Peter: „Positiv ist hier trotzdem zu bemerken, dass erfreulicherweise wieder mehr Versicherte diese wichtige Vorsorgeuntersuchung nutzen. So war 2022 in Niedersachsen ein Anstieg von 19 Prozent zu verzeichnen (2021: 7,5 Prozent).“
32 Prozent weniger Mandeloperationen
Bei Mandeloperationen gab es erneut einen starken Einbruch von minus 32 Prozent. Eine Ursache könnte sein, dass die Hygieneregeln während der Pandemie das Auftreten von Mandelentzündungen verringert haben. Andererseits hatte das WIdO bereits in früheren Analysen im Zeitraum von 2012 bis 2018 einen deutlichen Fallzahlrückgang bei den Mandelentfernungen um 43 Prozent festgestellt, so dass auch hier die Rückgänge auf einen Abbau von Überversorgung hindeuten könnten. Bei planbaren Hüftgelenksimplantationen haben sich die OP-Zahlen im Gegensatz zu den beiden Vorjahren mit minus 4 Prozent normalisiert.
Stationäre Notfall-Behandlungen weiter rückläufig
Weiter auffällig sind die Fallzahlen bei Herzinfarkten und Schlaganfällen: 2022 gab es 10 Prozent weniger Herzinfarkt- und 7 Prozent weniger Schlaganfall-Behandlungen als 2019. Damit setzt sich diese Tendenz sogar noch stärker fort als in den ersten beiden Pandemiejahren, liegt aber trotzdem deutlich unter Bundesdurchschnitt (-13 Prozent bei Herzinfarkt bzw. -11 Prozent bei Schlaganfall). Möglicherweise sind insbesondere Menschen mit milderen Symptomen weniger im Krankenhaus behandelt worden. AOK-Chef Peter: „Es gilt weiter der Appell, bei diesen Notfällen unbedingt und ohne Zögern den Rettungsdienst zu alarmieren.“
Anteil der schweren Covid-19-Erkrankungen deutlich gesunken
Das WIdO hat auch die Entwicklungen bei den stationär behandelten Patientinnen und Patienten betrachtet, die wegen Covid-19 im Krankenhaus waren. Im Vergleich der bisherigen Pandemiewellen zeigt sich, dass der Anteil der schweren Erkrankungen hier unter Omikron deutlich abgenommen hat. So sank der Anteil der beatmeten Patientinnen und Patienten in Niedersachsen im Zeitraum Juni bis September 2022 auf 8 Prozent. Während der Delta-Welle Ende 2021 waren es noch 24 Prozent. Dr. Peter: „Corona hat seinen großen Schrecken verloren, was Krankenhausbehandlungen angeht. Hier spielt auch die gute Durchimpfungsrate eine große Rolle. So sind in Niedersachsen 88,4 Prozent der Bevölkerung über 60 Jahre drei Mal geimpft – knapp die Hälfte sogar mit der empfohlenen vierten Impfung.“
Informationen zur Auswertung
Die Auswertung des WIdO zu den Krankenhaus-Fallzahlen basiert auf den Abrechnungsdaten der AOK-Versicherten, die etwa ein Drittel der deutschen Bevölkerung abbilden. Basis für die Covid-19-Analysen waren Daten von Patientinnen und Patienten, die mit bestätigter Covid-19-Diagnose und für diese Erkrankung relevanter Hauptdiagnose im Krankenhaus waren. Insgesamt wurden Daten von rund 220.000 Patientinnen und Patienten ausgewertet, die vom 1. Februar 2020 bis zum 30. September 2022 in Krankenhäusern aufgenommen worden sind.
Über die AOK Niedersachsen
Die AOK ist die größte Krankenversicherung in Niedersachsen (Marktanteil 38 Prozent). Rund 3 Millionen Versicherte können sich auf den Schutz einer starken Gemeinschaft verlassen. Zwischen Nordsee und Harz ist die Gesundheitskasse an über 100 Standorten vertreten. Die AOK beschäftigt landesweit rund 6800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Haushaltsetat beträgt in der Kranken- und Pflegeversicherung rund 14 Milliarden Euro.
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