Der Fachkräftemangel im Pflegebereich ist eines der größten Probleme in der deutschen Kliniklandschaft. Verschärft wird die Lage durch die stetig zunehmende Tendenz zur Leiharbeit in der Pflege. Zum 31. Dezember 2021 waren in Deutschland insgesamt rund 25.200 Zeitarbeitnehmer im Bereich Gesundheits- und Krankenpflege, Rettungsdienst und Geburtshilfe tätig, was in etwa 2 Prozent aller Pflegekräften entspricht, bei steigender Tendenz. Beim Verband der Privatkrankenanstalten in Bayern e.V. (VPKA) sieht man diese Entwicklung äußerst kritisch.

In Krankenhäusern, Reha- und Vorsorge-Einrichtungen und Pflegeheimen fehlt es allenthalben an Fachpersonal. Ein Umstand, den der VPKA in diesem Zusammenhang mit Sorge beobachtet, ist die gleichzeitige Abwanderung von Pflegekräfte in die Leiharbeit. Viele Kliniken sehen inzwischen keinen anderen Ausweg, als Lücken in den Dienstplänen durch solche Leasingmitarbeiter zu überbrücken, um die Sperrung von Betten oder die zeitweilige Schließung ganzer Abteilungen zu verhindern.

„Die Leiharbeit in der Pflege lockt mit deutlich mehr Lohn. Zudem haben die Pflegekräfte mehr Einfluss auf die Dienstplangestaltung. Sie können beispielsweise festlegen, dass sie nicht für Nachtschichten oder Wochenenddienste zur Verfügung stehen. Auch aus dem freien Tag geholt zu werden – etwas, das leider in der Pflege extrem häufig vorkommt und den Mitarbeitenden sehr zu schaffen macht – ist tabu“, weiß Dominic Weufen, Pflegedienstleitung an den Kliniken Dr. Erler gGmbH in Nürnberg. Aus menschlicher Sicht sei der Schritt in die Leiharbeit, der aus dem Wunsch nach besseren Arbeitsbedingungen heraus erfolgt, durchaus nachvollziehbar, zeigt er Verständnis. Gleichwohl stelle die Leiharbeit in der Pflege die Träger vor große Probleme und gehe zulasten der Versorgungsqualität.

Er führt aus: „Das Personal, das in die Leiharbeit wechselt, wird ja aus dem festen Mitarbeiterstamm einer Einrichtung abgezogen. Somit verschlechtert sich die Situation dort. Sofern die Stelle nicht umgehend nachbesetzt werden kann, wird die Arbeitsbelastung der verbliebenen Mitarbeiter noch größer.“ Für die Träger der Einrichtungen seien die Dienste der Leiharbeitsfirmen zudem sehr teuer – bei fraglicher Qualität. „Zwar ist schnell eine grundsätzlich qualifizierte Arbeitskraft da, jedoch kennt diese weder das Haus oder die Station, noch die Abläufe, Geräte, Strukturen und das Team. Sie weiß nicht, wo sich welche Arbeitsmaterialien befinden und muss sich mitunter Tätigkeiten in spezialisierten Abteilungen auf die Schnelle aneignen – etwas, das im Normalfall nicht selten Wochen und Monate dauert.“ Die Einarbeitung und auch die Kontrolle der Arbeitsqualität dieser ja völlig fremden Kolleg:innen müsse wiederum durch die Stammmitarbeitenden erfolgen, die ja ohnehin schon überlastet seien. Die Sonderbehandlung bei der Dienstplangestaltung sorge nicht selten für Missstimmung beim Rest des Teams, was sich negativ auf das gesamte Arbeitsklima und auf die Motivation auswirke.

Sanktionen sind keine Lösung

Der Bayerische Staatsminister für Gesundheit und Pflege, Klaus Holetschek, sprach sich beim Europäischen Gesundheitskongress in München im Oktober 2022 für Sanktionen gegen Zeitarbeit in der Pflege aus. „So weit würden wir nicht gehen“, sagt Dominic Weufen. „Das Ganze ist ja ein strukturelles Problem. Nicht die Leiharbeit trägt die Schuld für den Fachkräftemangel, sondern unter anderem die Sparpolitik, die dauerhaft defizitäre Investitionsförderung der letzten Jahre und Jahrzehnte, der Investitionsstau bei der Infrastruktur. Kliniken sind gezwungen, an Ausstattung und Personal zu sparen, wo es nur geht.“ Abhilfe schaffen könnten bedarfsangemessene Finanzierungsbedingungen bei der Personalausstattung, die Refinanzierung einer angemessenen Vergütung der Pflegekräfte, refinanzierte Servicekonzepte zur Entlastung der Fachkräfte von pflegefremden Tätigkeiten, verbesserte Ausfallskonzepte, Springerpools sowie Arbeitsentlastung durch Digitalisierungsmaßnahmen, um nur einige Möglichkeiten zu nennen. Wenn man an diesen Stellschrauben dreht, wird der Pflegeberuf insgesamt wieder attraktiver.“

Über den Verband der Privatkrankenanstalten in Bayern e.V.

Der Verband der Privatkrankenanstalten in Bayern e. V. (VPKA) setzt sich als dynamischer und praxisnaher Verband seit mehr als 70 Jahren bayernweit für die inhaltlichen Belange der privaten Akut- und Rehakliniken ein. Er vertritt als größter Landesverband rund 170 Einrichtungen mit knapp 30.000 Betten. Sein Ziel ist eine qualitativ hochwertige, innovative und wirtschaftliche Patientenversorgung in Krankenhäusern und Rehabilitationskliniken. Neben der Beratung seiner Mitglieder vertritt er die Belange der Privatkrankenanstalten in gesellschaftlichen, sozialpolitischen und tariflichen Angelegenheiten.

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