Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, hat sich zum „Referentenentwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung“ positioniert.

Folgende Faktoren sind für uns entscheidend:

Faktor Sprache

Innerhalb des Kultur- und Mediensektors bestehen unterschiedliche Bedarfe an Fachkräften. Einige Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft sind international aufgestellt und konkurrieren auf dem internationalen Fachkräftemarkt mit Unternehmen beispielsweise aus Kanada oder den USA. In diesen Unternehmen ist Englisch längst Arbeitssprache, sodass ausreichende Deutschkenntnisse für den Arbeitszusammenhang nicht erforderlich sind. Für das Ankommen und die Teilhabe in Deutschland ist der Erwerb von Deutschkenntnissen spätestens mit der Ankunft in Deutschland notwendig. Dies trifft sowohl für diejenigen, die mit der Blauen Karte EU als Fachkräfte nach Deutschland kommen als auch für diejenigen, die mit der Chancenkarte nach Deutschland einreisen, zu.

Für pädagogische Berufe, insbesondere wenn es um die schulische Bildung sowie die außerschulische kulturelle Bildung einschließlich der Erwachsenenbildung geht, sind Sprachkenntnisse auf dem Niveau C1 unabdingbar.

Faktor formale Qualifikation

Eine Besonderheit der Arbeit im Kultur- und Mediensektor besteht darin, dass die Berufserfahrung oftmals eine größere Rolle spielt als die formale Qualifikation. Darüber hinaus gibt es für einige Tätigkeitsbereiche – auch in Deutschland – keine formalen Ausbildungsgänge weder in der Hochschule noch im Rahmen des Dualen Ausbildungssystems. Das „Learning by doing“ und hieraus die entstehende berufliche Erfahrung sind teilweise die wesentlichen Einstellungs- bzw. Beschäftigungskriterien. Dies trifft auf Drittstaaten teilweise in noch stärkerem Maße als auf Deutschland zu. Der Deutsche Kulturrat fordert, dass dieser Besonderheit des Kultur- und Mediensektors im neuen §18 des o.g. geplanten Gesetzes entsprechend Rechnung getragen wird.

Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass der Beirat für Forschungsmigration beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge um den Aspekt der Fachkräfteeinwanderung erweitert wird. Er erwartet, dass in diesem Beirat die teils sehr unterschiedlichen Belange der verschiedenen Branchen berücksichtigt werden und steht für Beratungen zur Verfügung. Gleichfalls sieht der Deutsche Kulturrat die Anforderung, bei der Bundesagentur für Arbeit die Expertise für die spezifischen Belange des Kultur- und Mediensektors auszubauen und bietet hierfür die bei ihm versammelte Fachexpertise an.

Faktor Beschäftigungsdauer

Der Kultur- und Mediensektor zeichnet sich in Teilbereichen durch projektbezogene Arbeit aus. Der Deutsche Kulturrat sieht, dass der Umsetzungsspielraum der „Richtlinie 2021/1883 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2021 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer hoch qualifizierten Beschäftigung und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/50/EG des Rates“ mit Blick auf die Mindestaufenthaltsdauer von sechs Monaten denkbar eng ist. Dennoch appelliert der Deutsche Kulturrat, bei der praktischen Umsetzung den besonderen Gegebenheiten einiger Branchen Rechnung zu tragen. In einigen Branchen des Kultur- und Mediensektors ist ein gestückelter Aufenthalt zur Vorbereitung vor dem eigentlichen Projekt und dann eine Projektdauer von weniger als sechs Monaten durchaus typisch. Es handelt sich jeweils um hoch qualifizierte Tätigkeiten, die oftmals in Teams erbracht werden, in denen Inländer, Fachkräfte aus EU-Mitgliedstaaten und aus Drittstaaten zusammenarbeiten. Diese internationale Kultur- und Medienproduktion sollte durch das geplante „Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung“ nicht erschwert werden.

Faktor Bestandssicherung von Fachkräften aus Drittstaaten

Neben der Neugewinnung von Fachkräften aus Drittstaaten muss es auch um Erleichterungen im Aufenthaltsstatus von Fachkräften aus Drittstaaten gehen, die sich bereits in Deutschland befinden und hier arbeiten. Teilweise müssen eingearbeitete Fachkräfte aus Drittstaaten aus aufenthaltsrechtlichen Gründen Deutschland wieder verlassen. Das widerspricht dem Anliegen, Fachkräfte aus Drittstaaten zu gewinnen und erschwert es Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft oder Kultureinrichtungen Fachkräfte aus Drittstaaten in den Betrieb einzugliedern.

Faktor Niederlassungserlaubnis für herausragende Fachkräfte

Im geltenden Aufenthaltsgesetz besteht eine Sonderregelung zur Niederlassungsfreiheit für hoch qualifizierte Fachkräfte mit akademischer Ausbildung, bei denen die Annahme gerechtfertigt ist, dass die Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland und die Sicherung des Lebensunterhalts ohne staatliche Hilfe gewährleistet ist. Namentlich werden Wissenschaftler mit besonderen fachlichen Kenntnissen oder Lehrpersonen in herausgehobener Funktion oder wissenschaftliche Mitarbeiter in herausgehobener Position benannt. Der Deutsche Kulturrat regt eine Ausweitung auf Künstlerinnen und Künstler in herausgehobener Funktion an.

Faktor Chancenkarte

Der Deutsche Kulturrat schätzt aktuell ein, dass die Chancenkarte im Kultur- und Medienbereich eine eher untergeordnete Rolle spielen wird, da insbesondere ein Bedarf an hoch qualifizierten Fachkräften aus Drittstaaten besteht, die über die Blaue Karte EU adressiert werden. Gleichwohl gibt der Deutsche Kulturrat zu bedenken, dass die bei der Chancenkarte geforderte Tarifbindung von Unternehmen im Kultur- und Mediensektor nicht flächendeckend vorhanden ist.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: "Wie in anderen Wirtschaftsbereichen besteht auch in den verschiedenen Branchen des Kultur- und Mediensektors ein großer Bedarf an Fachkräften, der weder im Innland noch durch Fachkräfte aus anderen EU-Mitgliedstaaten gedeckt werden kann. Wir begrüßen daher den Ansatz der Bundesregierung, mit der Weiterentwicklung des „Gesetzes zur Fachkräfteeinwanderung“ die Rahmenbedingungen zur Gewinnung von Fachkräften aus Drittstaaten deutlich zu verbessern. Der Kulturbereich braucht mehr Fachkräfteeinwanderung."

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