Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und der Universität Hamburg sind vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit drei ERC Advanced Grants ausgezeichnet worden. Gefördert wird ein Forschungsprojekt zur Verbesserung der Diagnose und Therapie der Lungenerkrankung COPD unter der Leitung von Prof. Dr. Rainer Böger, Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie und Toxikologie. Ebenfalls ausgezeichnet wird ein Projekt aus den Neurowissenschaften, das mögliche Grundlagen von Wahrnehmung und Verhalten untersucht. Es wird geleitet von Prof. Dr. Andreas K. Engel, Direktor des Instituts für Neurophysiologie und Pathophysiologie. Von der Universität Hamburg wird Prof. Dr. Sven-Olaf Moch gefördert, der unter anderem subatomare Strukturen in einem physikalischen Grundlagenprojekt untersucht. Der ERC fördert die Forschungsprojekte in den kommenden fünf Jahren mit jeweils 2,5 Millionen Euro.

„Heute ist wieder ein großartiger Tag für die Wissenschaftsmetropole Hamburg: Mit der Auszeichnung von zwei Projekten des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf und einem der Universität Hamburg zeigt sich, dass hier Forschung auf Spitzenniveau betrieben wird. Mit ihren Projekten tragen die Hamburger Wissenschaftler wichtige Erkenntnisse in der Grundlagenforschung bei und schließen Forschungslücken in der Medizin und der Physik. Herzlichen Glückwunsch für diese herausragende Leistung“, sagt Katharina Fegebank, Wissenschaftssenatorin.

„Wir freuen uns sehr, dass der Europäische Forschungsrat ERC mit diesen Auszeichnungen die herausragende Forschungsarbeit im UKE erneut honoriert hat. Der ERC unterstützt damit ganz maßgeblich unseren wissenschaftlichen Beitrag zur interdisziplinären Zusammenarbeit am Standort und zu einer noch besseren, innovativen Gesundheitsversorgung. Mein Glückwunsch gilt allen Ausgezeichneten zu diesem großartigen Erfolg“, sagt Prof. Dr. Blanche Schwappach-Pignataro, Dekanin der Medizinischen Fakultät und UKE-Vorstandsmitglied.

„Ich gratuliere den drei Wissenschaftlern zu ihren Spitzenleistungen und zu der besonderen Anerkennung. Das ist für uns als Exzellenzuniversität ein großer Erfolg und zeigt die sehr gute Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Die Auszeichnungen stehen stellvertretend für unsere Leistungen in den Schwerpunktfeldern Medizin und Physik und sind dabei von besonderer Bedeutung für die laufenden und neu beantragten Exzellenzcluster“, sagt Universitätspräsident Prof. Dr. Hauke Heekeren.

Prognose bei Lungenerkrankung COPD verbessern

Das von Prof. Böger initiierte Projekt NO PRESSURE („Regulation des L-Arginin–ADMA–Stickstoffmonoxid-Signalwegs in der pulmonalvaskulären Reaktion auf Hypoxie und seine Rolle für das Überleben von Hochrisiko-COPD-Patienten“) hat das Ziel, bei Patient:innen mit einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) frühzeitig das Risiko für ein rasches Fortschreiten der Erkrankung zu identifizieren, um so die Behandlungschancen zu verbessern. Hierzu sollen neue Biomarker im Blut sowie funktionelle diagnostische Tests entwickelt und in Pilotstudien klinisch getestet werden.

Vermutet wird, dass wiederholter Sauerstoffmangel ein Hauptgrund für das Fortschreiten der Erkrankung ist, von der bis zu zehn Prozent der Menschen über 40 Jahre betroffen sind. „Wir wollen mit unseren Forschungen einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, eine verbesserte, individuell ausgerichtete Diagnostik und Therapie zu ermöglichen“, erläutert Prof. Böger.

Neuronale Kopplungen: Wie entstehen Wahrnehmung und Verhalten?

Das von Prof. Engel geleitete Projekt cICMs („Kausale Rolle intrinsischer neuronaler Kopplungen: ein Multiskalen-Ansatz zur Untersuchung kognitiver Netzwerkdynamik”) zielt darauf ab, die dynamische Kopplung von Signalen im Gehirn besser zu verstehen. Solche Kopplungen kommen beispielsweise in Form synchronisierter Rhythmen vor und sind schon seit der Entdeckung des Elektroenzephalogramms (EEG) bekannt. Seit Jahrzehnten wird vermutet, dass in diesen Mustern bedeutsame Informationen kodiert sind und ihnen somit eine kausale Rolle für die Entstehung von Wahrnehmung und Verhalten zukommt. Bis heute konnte dies jedoch noch nicht schlüssig nachgewiesen werden.

Diese Erkenntnislücke will Prof. Engel mit seinen Arbeiten in dem ERC-Projekt schließen. Durch moderne Verfahren zur Neuromodulation, also der gezielten Beeinflussung der Gehirnaktivität, ergeben sich neue Möglichkeiten, um die kausale Rolle der neuronalen Kopplungen nachzuweisen. „Die Ergebnisse des Projekts können hoffentlich wichtige Beiträge zu einem besseren Verständnis der Mechanismen liefern, die der Kognition und der Komplexität des menschlichen Geistes zugrunde liegen“, sagt Prof. Engel. Für ihn ist es die zweite Auszeichnung dieser Art: 2011 hatte Prof. Engel für seine Forschungen bereits einen ERC Advanced Grant erhalten und wurde bis 2016 mit 2,5 Millionen Euro gefördert.

Physiker von der Uni Hamburg ebenfalls mit ERC Advanced Grant ausgezeichnet

Prof. Dr. Sven-Olaf Moch aus dem Fachbereich Physik der Uni Hamburg wird im Rahmen des Projekts „Conformal-EIC“ vom Europäischen Forschungsrat gefördert. In den kommenden Jahren entsteht am Brookhaven National Laboratory in den USA der Electron-Ion-Collider (EIC). „Mit diesem neuartigen Teilchenbeschleuniger soll eine bisher nicht erreichte Präzision in der physikalischen Forschung möglich werden, da zum Beispiel Wechselwirkungen in subatomaren Strukturen genau gemessen werden können“, erläutert der Professor für Theoretische Physik. Auch das Rätsel um den Eigendrehimpuls von Protonen – Spin genannt – soll so gelöst werden. Für diese Forschung müssen den Daten aus den Experimenten präzise Theorievorhersagen gegenübergestellt werden, besonders zu Streuprozessen von Elektronen an Protonen. In dem Projekt „Conformal-EIC”, das voraussichtlich im Oktober 2023 startet, arbeitet Prof. Moch gemeinsam mit Dr. Adam Kardos von der Universität Debrecen und Prof. Dr. Zoltán Trócsányi von der Eötvös Loránd Universität Budapest.

ERC Advanced Grants für Spitzenforschende

ERC Advanced Grants werden vom Europäischen Forschungsrat an etablierte Spitzenforschende mit herausragender wissenschaftlicher Leistungsbilanz vergeben, die neue Forschungsgebiete erschließen möchten. Bei der Bewertung der wissenschaftlichen Leistung werden die letzten zehn Arbeitsjahre der Forschenden begutachtet. Die Förderung erfolgt im Rahmen des Programms „Horizon Europe“.

Über Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)

Das 1889 gegründete Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist eine der modernsten Kliniken Europas und mit rund 14.400 Mitarbeitenden einer der größten Arbeitgeber in Hamburg. Pro Jahr werden im UKE rund 497.000 Patient:innen versorgt, 90.000 davon stationär und 407.000 ambulant. Zu den Forschungsschwerpunkten des UKE gehören die Neurowissenschaften, die Herz-Kreislauf-Forschung, die Versorgungsforschung, die Onkologie sowie Infektionen und Entzündungen. Über die Medizinische Fakultät bildet das UKE rund 3.400 Mediziner:innen, Zahnmediziner:innen und Hebammen aus.

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