Überfüllte Kliniken, endlose Wartezeiten auf einen Psychotherapie-Platz und ein massiv gestiegener Bedarf an Beratung und Selbsthilfeangeboten: Seit Beginn der Corona-Pandemie sind zahlreiche Menschen in Deutschland unter einem besonderen seelischen Stress stehend. Anfangs waren es Lockdown und die soziale Isolation aufgrund des Virus, danach kamen die grausamen Bilder vom Krieg in der Ukraine, die auch die Deutschen nicht unberührt lassen und bei Generationen für Zukunftsängste gesorgt haben. Die wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffs in Form von Inflation und Teuerung führen bei nicht wenigen Bürgern zu existenzieller Not und Sorge vor Armut und weniger Wohlstand. Und auch die langfristigen Probleme wie der Klimawandel sind nicht gelöst, sondern beunruhigen vor allem die Jüngeren. Eine Sammlung von Herausforderungen lässt viele Teile der Bevölkerung in einen dauerhaften Krisenmodus verfallen. Das spürt auch der Bundesverband Burnout und Depression e.V.: "Wer ständig in einer Unsicherheit über das Morgen lebt, verharrt in einer stetigen Anspannung, die an den psychischen Kräften zehrt und uns in einen gesellschaftlichen Burnout führt", so der Psychosoziale Berater des BBuD, Dennis Riehle.
"Zweifelsohne sind das besondere Zeiten und diese Epoche der Konflikte und Verwundungen ist sehr beispielhaft und außergewöhnlich, weil sich so viele Schwierigkeiten stapeln. Es bleibt da kaum noch ein Augenblick zum Ruhen oder Durchatmen. Zwischen all den fürchterlichen Impressionen aus aller Welt kommen dann noch unsere ganz eigenen Alltagsleiden, vor denen wir kaum fliehen können. Wer aber ständig auf Hochtouren läuft, brennt dann doch irgendwann einmal aus. Und an diesem Punkt stehen wir gerade. Es fehlt uns an Oasen, an denen wir zwischendurch auftanken können. Deshalb geht uns die Energie verloren, die „Akkus“ bleiben leer und unsere mentale Resilienz kann nicht mehr genügend Schutz geben", meint der 37-Jährige, der selbst seit vielen Jahren an Depressionen krankt. "Unsere kollektive Erschöpfung rührt auch vom Umstand her, dass viele von uns bisher nicht in derart bedrohliche Situationen gekommen sind, wie es nun angesichts der zahlreichen Brandherde überall geschehen ist. Und der Umgang mit dem Ungewohnten fällt immer sehr viel schwerer als das Handling mit dem Geübten. Wir hatten nicht die Chance, die Bewältigung solch komplexer und anspruchsvoller Prüfungen zu proben und zu trainieren", erläutert Riehle.
"Deshalb stehen wir jetzt hilflos dar. Und nicht Wenige müssen sich derzeit offen eingestehen, aus dem Tief allein wohl nicht mehr herauszukommen. Deshalb ist Hilfe und Solidarität dieser Tage wichtiger, denn je und sollte im Sinne des viel beschworenen Zusammenhaltens praktiziert werden. Dazu gehören neben den politischen Entscheidungen für mehr Entlastung und Sicherheit der Menschen auch eine verstärkte Prävention vor seelischer Krankheit und verbesserte Versorgung psychisch Betroffener sowie der Ausbau im tertiären Sektor des Gesundheits- und Sozialwesens, beispielhaft seien hier die Selbsthilfe und andere niederschwellige Anlaufstellen zum Austausch und Gespräch genannt", so Dennis Riehle. Manchmal helfe auch etwas Abstand von den Eindrücken der Umwelt und eine Fokussierung und Aufmerksamkeit für das Kleine und Wesentliche im persönlichen Dasein: "Daneben sollten wir uns gerade momentan auf einen gesünderen Lebensstil besinnen, angefangen von Entspannung oder Ernährung über Bewegung und Aktivität bis hin zu Anti-Stress-Training und Angstbewältigung", so der Berater.
Und der Vorsitzende des BBuD, Thomas Grünschläger, ergänzt dazu: "Mit unseren kostenlosen Angeboten von den Anderen-Burnout-Cafés über das Lachtelefon, dem Gesprächstool gegen Einsamkeit via Telefon, den Einsatz für ein Gesundes Leistungsklima bis hin zu unserer Psychosozialen Beratung stellen wir eine Facette an Services für Betroffene und Angehörige bereit, welche ergänzend genutzt werden und dazu dienen können, Bewusstsein für neue Ressourcen zu schaffen und sich in der Gemeinschaft aus Erfahrungen über eigene Bedürfnisse klarzuwerden, die durch die diffizile Gegenwart brutal verschüttet wurden", sagt Grünschläger. "Wir können uns gegenseitig dabei zu unterstützen versuchen, indem wir uns das Eingeständnis darüber erleichtern, dass psychosomatische Erschöpfung eben kein Dauerzustand sein muss und gleichsam effektiv behandelbar ist. Wenn wir als BBuD einen Beitrag dazu leisten können, um das Miteinander in der Gesellschaft in solch dramatischen Wochen zu kräftigen, wollen wir das als Selbsthilfeverband sehr gerne tun".
In Deutschland haben bereits drei Prozent der Bevölkerung zumindest einmal im Leben die Diagnose eines sogenannten „Burnouts“ erhalten. Dieses Syndrom bezeichnet einen Erschöpfungszustand, welcher sich in verschiedenen Phasen von der Überlastung und Überforderung bis zum mentalen Zusammenbruch äußern kann, vor allem Berufsleben und soziale Kontakte betrifft und insbesondere psychosomatische Beschwerden auslöst. Hingegen erlitten mindestens fünf Millionen Deutsche bereits eine ernstzunehmende depressive Episode, die als schwere psychiatrische Erkrankung anzusehen ist und sich in Perspektivlosigkeit, Freudlosigkeit, Traurigkeit über beträchtliche Körpererscheinungen und einen massiven Rückzug aus dem persönlichen Umfeld ausdrückt. Beide Krankheitsbilder sind allerdings der Psychotherapie und medikamentösen Behandlungsansätzen zugänglich. Daneben helfen niederschwellige Maßnahmen wie Entspannungstraining, Lichttherapie, Selbsthilfemaßnahmen, Sozialberatung oder Coaching.
Der Bundesverband Burnout und Depression e.V. ist die bundesweite Selbsthilfeorganisation für Menschen mit stressinduzierten Problembildern wie Burnout oder Depression. Seine Mitglieder sind eigens betroffen und wollen ermutigen, selbst wieder aktiv zu werden und für sich und andere Erkrankte Verantwortung zu übernehmen.
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