Nach der Ausschreibung Ende des Jahres 2022 und zahlreich eingegangenen Bewerbungen hat sich die Jury des Ausgezeichneten Weinkonzepts, bestehend aus jährlich wechselnden Winzerinnen und Winzern, Vertreterinnen und Vertretern des Magazins meiningers Sommelier und des VDP zusammengesetzt. Nach intensivem Studieren diverser Weinkarten und Bewerbungsunterlagen musste die Jury eine Entscheidung treffen, die bei der Vielzahl und der Qualität der Bewerbungen gar nicht all zu leicht fiel. Umso mehr freuen wir uns, die Preisträgerinnen und Preisträger mit einem exklusiven Messingschild, welches künftig deren Gäste schon am Eingang erkennen lässt, dass in diesem Haus eine hervorragende Auswahl an deutschen Weinen geboten wird, auszuzeichnen.
Die besten Weinkarten sind also Navigationshilfen in sensorischer Form: Sie laden ein zu einer Reise entlang von Rhein, Mosel, Main, Neckar oder Saale, lenken Entdeckerinnen und Entdecker zu Geheimtipps und ermöglichen zugleich Zeitreisen zu den besten Jahrgängen der letzten Jahrzehnte – eindeutig zu erkennen am Messingschild am Eingang.
– Sie lesen die Laudationes von Sascha Speicher –
Ausgezeichnetes Weinkonzept international
Alex Koblinger, Döllerer Genießerhotel, Golling, Österreich
Es ist schon ein Glücksfall, wenn sich ausgerechnet die Kaderschmiede der österreichischen Sommelierszene mit Leidenschaft und Begeisterung dem deutschen Wein widmet. So wird die Botschaft zielgerichtet in die besten Wein- und Genussadressen der alpenländischen Restaurant- und Hotelwelt weitergetragen. Denn nicht nur der Kochnachwuchs tummelt sich in der Küche von Andreas Döllerer, um die Geheimnisse der Cuisine Alpine zu erlernen. Ebenso zieht Mastersommelier Alex Koblinger die besten jungen Sommeliers wie ein Magnet nach Golling bei Salzburg, um sich hier den letzten Schliff zu holen, und so sucht das Sommelierteam von Döllerer bundesweit seinesgleichen. Die gelisteten Weingüter sind weitgehend deckungsgleich mit den im Importprogramm vertretenen Betrieben, vielleicht der einzige leise Kritikpunkt, den Koblinger jedoch gekonnt dadurch ausgleicht, dass er bei nahezu jedem Betrieb eine große Breite und Tiefe aufbaut, gereifte Weine, besondere Flaschen VDP.GROSSES GEWÄCHS® oder Versteigerungsweine inbegriffen, die dann auch noch im internationalen Maßstab sehr attraktiv bepreist werden. Speziell die Rieslingauswahl setzt auf internationaler Ebene Maßstäbe. Kurzum: Ein perfekter Botschafter für den deutschen Wein im Genussland Österreich.
Ausgezeichnetes Weinkonzept national
Bernhard Holzer, Ritterhof zur Rose, Burrweiler
Die Botschaft ist eindeutig: Die ganze Vielfalt an Weinstilen soll abgebildet werden, mit einem Schwerpunkt auf biologischem und biodynamischem Weinbau, junge, mutige Winzerinnen und Winzer, die auch mal neue Wege einschlagen und damit die Weinlandschaft bereichern, die qualitative Weiterentwicklung der deutschen Rotweine und nicht zuletzt die beeindruckende Renaissance des Flaschengärsektes in Deutschland. All diesen Bewegungen möchten Gastgeberin Karin Winter und Sommelier Bernhard Holzer mit der Weinkarte des Restaurants Ritterhof zur Rose Ausdruck verleihen. Die Auswahl Pfälzer Weißweine ist schon seit Jahren ausgezeichnet, originell gegliedert in Form einer Reise vom äußersten Süden in Schweigen bis in den Norden an die Grenze Rheinhessens. Doch erst seit der österreichische Sommelier und die Inhaberin den Blick auch mutig über die Grenzen der Heimatregion schweifen lassen, wurde aus der herausragenden regionalen Karte eine der besten Auswahlen deutscher Weine in der bundesweiten Gastronomielandschaft. Ein Dutzend der besten deutschen Sektproduzenten sorgt für einen prickelnden Einstieg, wenn sich nicht sogar die einen oder anderen Gäste verleiten lassen, sich den ganzen Abend der pulsierenden Sektvielfalt hinzugeben. Neben der Pfalz sind auch Baden und der Rheingau in einer bemerkenswerten Vielfalt vertreten, die Auswahl wirkt zu keinem Zeitpunkt zufällig oder wahllos. Sie folgt vielmehr den eingangs zitierten Grundsätzen, und das macht die Karte ungemein spannend und abwechslungsreich.
Jens Pietzonka, Weinzentrale, Dresden
Er ist seit Jahren eines der Aushängeschilder der Sommelierszene im Osten der Republik und er ist zweifellos einer der besten und wohl auch treuesten Botschafter der VDP.Prädikatsweingüter. Höchste Zeit also, dass auch Jens Pietzonka den Eingang seiner Weinzentrale mit der edlen Messingplakette schmücken darf. Seine Weinbar wurde an dieser Stelle bereits vor fünf Jahren ausgezeichnet, damals für ihr herausragendes Offenweinkonzept. In der Zwischenzeit hat sich der Wettbewerb bekanntlich verändert. Es geht jetzt sozusagen um das große Ganze: um die Weinkarte mit der besten Auswahl an deutschen Weinen. Und auch bei Jens Pietzonka hat sich einiges getan. Mit Jana Schellenberg, der langjährigen Sommelière der Bülow Residenz, hat die Weinzentrale weinkompetente Verstärkung erhalten. Was die Weinzentrale auszeichnet, ist, dass sie sich konsequenter als andere herausragende Weinbars auf den deutschen Wein fokussiert. Das gilt besonders für die zahlreichen Events mit Winzerinnenn und Winzern oder besondere Themenkarten, bei denen sehr häufig Aspekte rund um den deutschen Wein und die Qualitätspyramide des VDP aufgegriffen und damit den Gästen vor Augen geführt werden. Mehr als 50 deutsche Weingüter sind auf der regulären Karte vertreten, zehn Weinbaugebiete sind zumindest doppelt besetzt. Jens Pietzonka und sein Team legen größten Wert darauf, die Vielfalt der Winzerwelt abzubilden. Lieber verzichtet er darauf, bei einzelnen Produzentinnen und Produzenten stärker in die Tiefe, auch in die Jahrgangstiefe zu gehen. Auf diese Weise bietet er vielen Erzeugerinnen und Erzeugern eine Plattform.
Iiro Lutter, Essenz, Das Achental, Grassau
Ohne den Spitzenköchinnen und Spitzenköche des Landes zu nahe treten zu wollen – Aber zwei Sterne sind in einem neu eröffneten Lokal schneller erkocht als eine erstklassige Weinkarte aufgebaut. Umso erstaunlicher ist, dass es Iiro Lutter innerhalb von gerade einmal anderthalb Jahren gelungen ist. Möglich wird dies nur mit einem ausreichenden Maß an Erfahrung und auf diese kann Iiro Lutter ohne Zweifel verweisen. Spitzenadressen in der Pfalz oder an der Mosel haben ihn tief vertraut gemacht mit den Vorzügen des deutschen Weins und so nehmen insbesondere die Weißweine aus den deutschen Anbaugebieten einen breiten Raum ein. Seine Erfahrung half ihm auch zu wissen, bei welchen Weingütern er anläuten musste, um ungeachtet des Eröffnungszeitpunkts im Juni 2021 zumindest punktuell eine gewisse Jahrgangstiefe offerieren zu können. Riesling in allen Varianten, von trocken bis restsüß, von Gutswein bis VDP.GROSSES GEWÄCHS®, hier bleiben keine Wünsche unerfüllt, doch auch Silvaner oder den Burgundersorten wird eine entsprechende Bühne geboten. Von wenigen Ausnahmen wie Lassak, Seckinger, John oder Wasenhaus abgesehen, die sich zumindest qualitativ und als potenzielle künftige Beitrittskandidaten aufdrängen, dominieren die VDP.Weingüter in bemerkenswertem Maße die Auswahl. So wird kein Gast des Fünf-Sterne-Ressorts im Chiemgau die Heimreise antreten, ohne mit den flüssigen Botschaftern des VDP nähere Bekanntschaft gemacht zu haben.
Maria Vizsnyai und Alina und Philipp Stein, Steins Traube, Mainz
Drei Namen auf der Bronzetafel – das gab es noch nie und das zeugt davon, dass diese Weinkarte als echtes Gemeinschaftsprojekt von Alina und Philipp Stein und ihrer Sommelière Maria Vizsnyai anzusehen ist. Das spricht auch sehr stark dafür, dass Wein und speziell deutscher Wein für alle drei eine Herzensangelegenheit ist. Die schaumweinbegeisterte Sommelière und eine Gastronomiefamilie in der 6. Generation, tief verwurzelt in Mainz und der Region Rheinhessen. Nur in dieser Konstellation konnte vermutlich eine derart komplexe und an Höhepunkten reiche Weinauswahl entstehen. Dazu gehört eine kleine Raritätenkarte, die laut Maria Vizsnyai von der Weingeschichte der letzten 100 Jahre erzählt. Doch auch in der regulären Weinkarte punktet das Trio mit einer exzellenten Jahrgangstiefe. Nur selten sind Zahlen geeignet, die Qualität einer Weinkarte zu verdeutlichen. Hier vielleicht schon: 382 Rieslinge von 29 Winzerinnen und Winzern, davon allein 172 aus Rheinhessen. Jedoch auch 96 von der Nahe und 71 Moselweine, die keinen Zweifel daran lassen, dass in der Traube der Horizont über die rheinhessische Hügellandschaft hinaus reicht. Stattliche 63 deutsche Rotweine, übertroffen nur durch Burgund, weisen auf die steigende Bedeutung des Rotweins hin. Bei den Schaumweinen hinkt Deutschland mit elf Positionen von acht Winzerinnen und Winzern noch deutlich hinter der Champagne her. Doch auch das kann sich angesichts der Dynamik in der deutschen Sektlandschaft noch verändern. Gerne jedoch, ohne die gleichzeitig sehr gute Auswahl an Champagner zu reduzieren.
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